marktbericht
Der DAX beendete mit dem siebten Rekordhoch in Folge eine denkwürdigen Woche. Rückenwind kam am Nachmittag von der Wall Street, wo ebenfalls neue Rekorde erzielt wurden.
Der Höhenflug des DAX ging auch zum Wochenschluss weiter, wenn auch mit etwas gedrosseltem Tempo. Im frühen Handel erreichte der deutsche Leitindex bei 17.816,52 Punkten die siebte Bestmarke in Folge. „Es ist die erfolgreichste Serie seit 2015“, sagte Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets.
Im Gefolge konnte der DAX das hohe Niveau über 17.800 Punkten aber nicht halten. Finanzmarktbeobachter Andreas Lipkow konstatierte „erste nachvollziehbare Ermüdungserscheinungen“. Letztlich lag der Schlussstand bei 17.735 Punkten, ein Tagesgewinn von 0,32 Prozent. Der MDAX der mittelgroßen Werte ging bei 26.120 Zählern um 1,15 Prozent deutlich höher aus dem Handel.
Von größerer Abgabeneigung kann somit keine Rede sein, nur vereinzelt gab es Gewinnmitnahmen, etwa im zuletzt so erfolgreichen Versicherungssektor. Insgesamt bleiben die Anleger auf dem aktuell hohen Niveau und trotz eines technisch übergekauften Leitindex ungebrochen engagiert. Denn verpassen will niemand etwas, wenn der Zinszug erst einmal ins Rollen kommt.
Im DAX stachen unter den Einzelwerten die Aktien von Daimler-Truck heraus, die 18 Prozent zulegten. Eine für einen DAX-Wert nicht alltägliche Kursentwicklung, die das Papier natürlich mit großem Abstand an die Indexspitze katapultierte.
Der Nutzfahrzeughersteller ist nach einem Gewinnsprung im vergangenen Quartal überraschend zuversichtlich für 2024, will beim Gesamtumsatz trotz schwächerer Bestellungen 55 bis 57 Milliarden Euro erreichen. Jose Asumendi von JPMorgan sprach in einem ersten Kommentar von einem „sehr starken Ausblick“ nach einem soliden Jahr 2023.
Ein weiteres wichtiges Thema heute waren neue Inflationszahlen aus der Eurozone, die auf den ersten Blick Mut machten: Denn die Inflation ist im Februar weiter gefallen, der Preisauftrieb lag nur noch bei 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Das mag vordergründig den „Tauben“ im EZB-Rat Aufwind geben, die auf baldige Zinssenkungen drängen.
Doch der Rückgang der Rate ist allein auf einen Basiseffekt zurückzuführen, der auf dem starken Preisanstieg im Februar 2023 beruht. Die kurzfristige Preisdynamik habe sogar wieder etwas angezogen, betont Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. „Saisonbereinigt stieg der Kernindex im Februar um 0,4 Prozent gegenüber Januar.“ Angesichts der kräftigen Lohnsteigerungen komme diese Entwicklung nicht überraschend, so der Experte.
In einem für Aktien weiter freundlichen Umfeld haben die US-Technologieindizes ihre Rekordjagd zum Wochenschluss wieder aufgenommen. Auch der marktbreite S&P-500-Index, in dem viele Techwerte enthalten sind, markierte eine neue Bestmarke. Nach wie vor werden die Börsen in den USA von der Aussicht auf eine lockere Geldpolitik und die Hoffnung auf gute Geschäfte im Bereich Künstliche Intelligenz getrieben.
Der technologielastige Auswahlindex Nasdaq 100 hatte im frühen Handel erstmals die Marke von 18.100 Punkten geknackt und stieg auf eine neue Bestmarke von 18.204 Punkten. Zuletzt stand ein Plus von 0,83 Prozent auf 18.194 Punkte auf dem Kurs-Laufband der Nasdaq.
Für den marktbreiten S&P 500 ging es bisher in der Spitze bis auf 5.121 Prozent auf 5107,66 Zähler bergauf. Der Leitindex Dow Jones tut sich mit einem kleinen Plus von derzeit 0,1 Prozent schwerer und hat bisher noch kein neues Rekordhoch markiert.
Die Stimmung in der US-Industrie hat sich im Februar unerwartet eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex ISM fiel von 49,1 Punkten im Vormonat auf 47,8 Punkte, wie das Institute for Supply Management (ISM) am Nachmittag mitteilte. Analysten hatten im Schnitt eine Verbesserung auf 49,5 Zähler erwartet. Der Indikator liegt damit noch deutlicher unter der Schwelle von 50 Punkten, was auf eine schrumpfende Industrie hinweist.
„Der Einkaufsmanagerindex hat mit dem unerwarteten Rückgang klar enttäuscht und so werden die Fragezeichen an der konjunkturellen Dynamik in dem Sektor wieder größer“, kommentierte Ralf Umlauf, Analyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen. „Das Szenario einer Bodenbildung ist noch nicht ad acta zu legen, die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed dürften aber wiederbelebt werden.“
Unter den Einzelwerten stehen die Aktien von Dell Technologies mit einem Kurssprung von 25 Prozent im besonderen Anlegerfokus. Der Computerhersteller legte für das abgelaufene Quartal einen unerwartet hohen Umsatz und Gewinn vor. Dieses Mal hätten die auf Künstliche Intelligenz (KI) bezogenen Aufträge nicht enttäuscht, kommentierte UBS-Analyst David Vogt.
Der Euro hat nach den schwachen ISM-Daten am späten Nachmittag etwas zugelegt und wurde zuletzt bei 1,0825 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0813 (Donnerstag: 1,0826) Dollar fest. Die am Vormittag veröffentlichten Daten zu den Verbraucherpreisen aus der Eurozone bewegten den Euro nicht nachhaltig.
Derzeit wird darüber spekuliert, wann die EZB angesichts der sinkenden Inflation ihre Zinsen senken wird. Ökonomen bleiben vorsichtig. „Gerade im Dienstleistungssektor steigen die Löhne deutlich“, schreibt Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Die Gefahr von Zweitrundeneffekten sei noch nicht gebannt.
„Und gerade deshalb wird die EZB den Rückgang der Inflationsrate nicht zum Feiern nutzen“, meint Gitzel. „Stattdessen dürfte die Lohnentwicklung weiter sorgfältig beobachtet werden und vorerst auch keine Zinssenkung lanciert werden.“ Er rechnet im Juni mit einer ersten Senkung.
VW-Vorzüge fielen nach weiteren Eckdaten des Autobauers für 2023 mit einem Minus von deutlich über vier Prozent ans DAX-Ende. Denn der Volkswagen-Konzern geht von einem Rückgang der Profitabilität von etwas lukrativeren Geschäften in diesem Jahr aus.
Konzernchef Oliver Blume rechnet damit, dass die Umsatzerlöse um bis zu fünf Prozent über dem Vorjahreswert liegen dürften, wie der DAX-Konzern am Nachmittag mitteilte. 2023 kletterte der Umsatz dank eines Schlussspurts unerwartet kräftig um 15,5 Prozent auf 322,3 Milliarden Euro – auch dank des bereits bekannten Absatzzuwachses um knapp 12 Prozent auf 9,24 Millionen Fahrzeuge. Eine Prognose zum Fahrzeugabsatz blieben die Wolfsburger schuldig.
Das operative Ergebnis legte um gut zwei Prozent auf 22,6 Milliarden Euro zu. Unter anderem belasteten höhere Produktkosten sowie Bewertungseffekte von Rohstoffabsicherungen. In diesem Jahr muss VW viel in neue Technik, in den chinesischen Markt und in Batterien investieren. Die Investitionsquote dürfte 13,5 bis 14,5 Prozent des Umsatzes und damit einen Höchststand erreichen. Angaben zum Nettogewinn für 2023 machte VW zunächst nicht.
Die Aktionäre sollen eine um je 30 Cent angehobene Dividende erhalten. Statt 8,70 Euro je Stamm- und 8,76 Euro je Vorzugsaktie wie im Vorjahr sollen neun beziehungsweise 9,06 Euro an die Anteilseigner fließen, deren größte die Holding Porsche SE der Familien Porsche und Piech, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar sind. Die Ausschüttungsquote lag bei 28 Prozent und damit etwas unter der Zielmarke des Konzerns von mindestens 30 Prozent. Am 13. März legt das Unternehmen detaillierte Finanzzahlen vor.
Unterdessen rangiert die Aktie der DHL Group zum Wochenschluss unter den DAX-Verlierern. Enttäuschende Resultate eines wichtigen Wettbewerbers lasten auf den Kursen. Der Schweizer Logistiker Kühne + Nagel musste nach dem Corona-Boom einen unerwartet deutlichen Umsatzeinbruch verkraften – das lässt auch die Anleger des deutschen Marktführers nicht kalt. Papiere von Kühne + Nagel sacken in Zürich um rund zwölf Prozent ab.
Der Kurseinbruch der Bayer-Aktie seit Jahresbeginn dürfte im März zu deren Ausscheiden aus dem Stoxx Europe 50 führen. Grund ist laut Analyst Pankaj Gupta von der Bank JPMorgan, dass der Agrarchemie- und Pharmakonzern zwei Monate die Verbleibekriterien gerissen hat. Der zur Deutschen Börse gehörende Indexanbieter Stoxx Ltd. wird seine nächste Liste Anfang März veröffentlichen.
Bayer hält am Dienstag (5.3.) seinen mit Spannung erwarteten Kapitalmarkttag ab. Dann wird der seit Juni amtierende Vorstandsvorsitzende Bill Anderson seine Pläne für die Zukunft des Agrarchemie- und Pharmakonzern vorstellen. In den vergangenen Monaten dürfte Bayer viele Szenarien durchgespielt haben, auch das einer Aufspaltung. Die Geschäftszahlen und der Ausblick für 2024, die ebenfalls am Dienstag auf der Agenda stehen, dürften in den Hintergrund rücken.
Nach dem Vortags-Kursrutsch um zeitweise mehr als 20 Prozent witterten Aixtron-Anleger wieder Chancen. Dies deckte sich mit der Einschätzung des Analysehauses Warburg, das zu Wochenschluss eine Kaufempfehlung aussprach. Die wieder aufkeimende Überzeugung treibt den Kurs des Anlagenbauers, der ein starkes Standbein in der Chipbranche hat, über sechs Prozent ins Plus.
Die Krise des Flugzeugbauers Boeing durchkreuzt die Geschäftspläne des Billigfliegers Ryanair. Der Hersteller werde bis Ende Juni voraussichtlich nur 40 von ursprünglich geplanten 57 Mittelstreckenjets aus der 737-Max-Reihe liefern, teilte Ryanair mit. Ryanair-Chef Michael O’Leary kappt daher die Passagierprognose für das nächste Geschäftsjahr, rechnet für die zwölf Monate bis März 2025 jetzt mit weniger als 200 Millionen Fluggästen. Bisher hatte er 205 Millionen angepeilt.
Die staatliche arabische Fluggesellschaft Etihad könnte Insidern zufolge in diesem Jahr an die Börse gehen. Der Staatsfonds des Emirats Abu Dhabi habe mit Banken über einen solchen Schritt gesprochen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg heute und berief sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen. Etihad wäre damit voraussichtlich die erste der drei großen Fluglinien vom Persischen Golf, deren Anteile an der Börse gehandelt werden. In Deutschland wurde Etihad als Großaktionärin der 2017 pleite gegangenen Air Berlin besonders bekannt.
Etihad ist neben Emirates und Qatar Airways die kleinste der drei großen Golf-Fluglinien. Im Ringen um Marktanteile hatte sich das Unternehmen unter seinem damaligen Chef James Hogan vor über zehn Jahren bei kriselnden Fluggesellschaften wie Air Berlin und Alitalia eingekauft. Sie sollten Passagiere zum Drehkreuz Abu Dhabi bringen. Doch Etihad verbrannte dabei Milliardensummen. Im August 2017 drehte die Etihad-Führung Air Berlin den Geldhahn zu und besiegelte das Ende der bis dahin zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft.
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