Auf dem Friedhof wurden weiträumig Metallgitter aufgestellt, Dutzende Einsatzfahrzeuge mit Uniformierten bezogen schon in der Früh Stellung, Uniformierte überprüften Dokumente und persönliche Gegenstände von Passanten und Passantinnen, wie russische Medien meldeten. Auch das mobile Internet sei heruntergefahren worden. An der Kirche hing den Berichten zufolge eine Aufforderung, nicht zu filmen oder zu fotografieren.
Trotz des Großaufgebots der Sicherheitskräfte versammelten sich schon Stunden vor der Beerdigung Hunderte Menschen. An der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone „Lindere meine Trauer“ im südöstlichen Bezirk Marjino drängten sich Hunderte an Metallgittern, um sich von dem Oppositionsführer zu verabschieden
Bereits am Donnerstag hatte die Polizei vor dem Friedhof Stellung bezogen und zahlreiche Absperrgitter zum Friedhofsgelände gebracht. In den vergangenen Wochen wurden russlandweit Hunderte Menschen festgenommen, die an Denkmälern Blumen für den bekannten Oppositionspolitiker niederlegen wollten.
Suche nach Leichenwagen
Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch beklagte am Donnerstag auf X (Twitter), dass die Behörden die Vorbereitungen für die Trauerfeier weiter behinderten. So sei es noch immer nicht gelungen, einen Leichenwagen zu organisieren, um Nawalnys Körper in die Kirche zu bringen, schrieb sie am Donnerstagnachmittag. Auch Freitagfrüh, wenige Stunden vor dem Begräbnis, gab es keine Informationen von Nawalny-Vertrauten, dass ein Leichenwagen bereitstehe. Auch die Leiche sei am Freitagvormittag noch nicht übergeben worden.
Drohanrufe an Bestattungsunternehmen
Die Moskauer Bestattungsunternehmen hätten Drohanrufe von Unbekannten erhalten, die sie davor warnten, den Leichnam zu transportieren. Trotz aller Widerstände werde die Verabschiedung von Nawalny definitiv stattfinden, bekräftigte Jarmysch am Donnerstag.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Nawalnys Angehörige, Unterstützer und Unterstützerinnen über Druck und Erpressungsversuche vonseiten der russischen Behörden berichten. Für besonderes Entsetzen sorgte etwa, dass die Behörden Nawalnys Leiche zunächst rund eine Woche unter Verschluss hielten und seine Mutter Ljudmila Nawalnaja gemeinsam mit einem Anwalt in der Polarregion nach dem Körper suchen musste.
Keine offene Aufbahrung möglich
Dann wollte der Machtapparat sie dazu zwingen, die Beisetzung ihres Sohnes heimlich abzuhalten, wie Nawalnaja mehrfach sagte. Dagegen jedoch sträubte sie sich und forderte öffentlich, dass die Russen die Möglichkeit haben sollten, sich von Nawalny zu verabschieden.
Schließlich erklärte Nawalnys Team, einen Ort für die Trauerfeier organisieren zu wollen. Die Suche gestaltete sich erwartungsgemäß schwierig. Einen Saal, in dem Nawalnys Körper – wie nach russisch-orthodoxer Tradition üblich – für alle Trauernden zugänglich vor dem Trauergottesdienst aufgebahrt wird, fanden sie nicht. Kurz vor der Präsidentenwahl am 17. März sind dem Kreml jegliche größeren kritischen Veranstaltungen ein Dorn im Auge.
Julija Nawalnaja: Nawalny jahrelang gefoltert
Nawalny starb offiziellen Angaben zufolge am 16. Februar im Alter von 47 Jahren in einem Straflager nördlich des Polarkreises. Der scharfe Kritiker von Kreml-Chef Wladimir Putin war durch einen Giftanschlag im Jahr 2020 und ständige Einzelhaft im Lager körperlich sehr geschwächt.
Seine Unterstützer und auch viele internationale Beobachter sind sich deshalb einig, dass von einer „natürlichen“ Todesursache, wie es auf dem Totenschein heißen soll, keine Rede sein kann. Er sei jahrelang im Straflager gefoltert worden, so etwa seine Frau Julija Nawalnaja.
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