Das vergleichsweise „normale“, wechselhafte Wetter der vergangenen Wochen könnte darüber hinwegtäuschen, dass der Frühling alles andere als durchschnittlich war. Er brachte schon sommerliche und noch winterliche Tage, Schnee und Spätfröste, Hitze und Unwetter. Einer beispiellosen Rekordflut bei den Höchsttemperaturen mit dem frühesten Tag mit mindestens 30 Grad seit Messbeginn stehen enorme Schneemassen im Hochgebirge gegenüber.
Der Mai brachte einmal mehr überdurchschnittliche Temperaturen, die positive Abweichung sei aber geringer gewesen als in den Monaten davor, sagte Alexander Orlik von GeoSphere Austria. Das Flächenmittel der Lufttemperatur lag im Mai 2024 in den Niederungen um 2,4 Grad über dem Durchschnitt von 1961 bis 1990, auf den Bergen um rund zwei Grad.
Mai nur etwas zu warm, aber nass
Damit lag dieser Mai je nach Region zwischen Platz 25 und 30 in der 258-jährigen Messgeschichte, also immer unter den wärmsten 15 Prozent. Aufgrund des sehr unbeständigen Wettercharakters fehlten aber richtig warme Hochdrucklagen, und so gab es keinen einzigen Hitzetag, also 30 Grad oder mehr. Das ist durchaus bemerkenswert, denn einen hitzefreien Mai gibt es in Zeiten der Klimakrise statistisch gesehen nur noch alle fünf Jahre.
Die Sonnenscheindauer lag im Bereich des langjährigen Mittels oder etwas darunter, wobei es nördlich der Alpen überdurchschnittlich sonnig war, vor allem in Oberösterreich, im Süden dagegen zu trüb. Zahlreiche Regenschauer und Gewitter brachten viel Niederschlag. Österreichweit war es um über 30 Prozent zu nass, in manchen Regionen regnete es sogar mehr als doppelt so viel wie in einem durchschnittlichen Mai, speziell in Teilen der Steiermark und des Burgenlandes.
Die Tatsache, dass der Mai schon der zwölfte zu warme Monat in Folge ist, stellt das nächste Klimaextrem dar, denn das gab es seit 1767 in Österreich noch nie. In Teilen Europas wies der zu Ende gehende Monat, wie inzwischen beinahe gewohnt, wieder zahlreiche Rekorde auf, insbesondere in Skandinavien. Von Dänemark über Norwegen und Schweden bis nach Finnland wurden an mehr als 100 Stationen neue Mai-Höchstwerte gemessen, in Norwegen bis zu 31 Grad und Nachttemperaturen von fast 20 Grad, was in diesen Breiten sogar im Hochsommer nur selten vorkommt.
Unwetter und zwei Tornados
Geringe Druckunterschiede und relativ feuchte Luft über Mitteleuropa in Kombination mit der schon starken Sonne schufen im Mai oft perfekte Bedingungen für die Bildung von kräftigen Regenschauern und Gewittern, lokale Unwetter waren die Folge. Am 6. Mai wurden in Wien U-Bahn-Stationen und Unterführungen überflutet, und in Kremsmünster gab es Sturmböen um 100 km/h. Am 17. führte ein Hagelunwetter im Nordburgenland zu schweren Schäden in den Weingärten.
Auch am 21. Mai gingen verbreitet Gewitter mit kleinräumigen Überflutungen nieder. In Pischelsdorf in der Steiermark regnete es knapp über 100 Liter auf den Quadratmeter. In der Steiermark waren mehr als 1.000 Feuerwehrleute im Einsatz. Besonders ungewöhnlich waren an diesem Tag zwei Tornados, einer in Graz-Eggenberg, der andere in Schattendorf im Burgenland. Obwohl es sich um Tornados der schwächsten Kategorien handelte (F0 oder F1 auf der fünfteiligen Fujita-Skala), beschädigten Windspitzen um die 120 km/h Dächer und entwurzelten Bäume.
Kleiner Tornado zog über Graz
Im Westen von Graz hat sich am 21. Mai ein Tornado gebildet.
Frühling der Rekorde
Die klimatologische Bilanz des Frühlings ist deutlich ungewöhnlicher als die des Mai, denn es war der wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Bis auf eine kurze winterliche Phase in der zweiten April-Hälfte lagen die Temperaturen fast durchgehend über dem Mittel, im Durchschnitt um 3,3 Grad höher als im Bezugszeitraum 1961 bis 1990. Damit war der Frühling heuer um 0,2 Grad wärmer als der bisherige wärmste im Jahr 2007. Auf Platz drei liegt 2018 mit einer Abweichung von drei Grad vor 1811 und 1794 mit 2,8 Grad.
Hauptverantwortlich dafür waren der März und die erste April-Hälfte mit unzähligen Rekorden. Schon im März gab es einzelne Sommertage, und die Marillen blühten drei Wochen früher als normal, so früh wie noch nie seit Beginn der Beobachtungen. Der Ostermontag war der heißeste der Messgeschichte. Am 7. April wurden in Bruck an der Mur 30 Grad gemessen, so früh im Jahr wie nie und nur eine Woche später meldeten sogar 16 Orte in Österreich einen Hitzetag und rund 90 einen Stationsrekord.
Da konnte auch ein ungewöhnlich heftiges Wintercomeback Mitte April den Rekord nicht mehr verhindern. Am 16. April gab es mit einer Kaltfront einen denkwürdigen Temperatursturz, lokal um über 30 Grad, und in weiterer Folge noch einmal Schnee bis in viele Täler. In Villach etwa, nachdem es dort nur zwei Tage zuvor 31 Grad gehabt hatte. In den Nächten wurde es noch einmal frostig. Die Folge: Millionenschäden im Obst- und Weinbau, vor allem in der Steiermark.
Im Hochgebirge ungewöhnlich schneereich
Auch die gefallenen Regen- und Schneemengen waren in diesem Frühling meist überdurchschnittlich, im Bergland und im Süden des Landes sogar deutlich, lokal regnete oder schneite es hier um 50 Prozent mehr als im Mittel, in Oberkärnten sogar 90 Prozent. Da auch Spätherbst und Winter sehr feucht waren, liegen im Hochgebirge oberhalb von 2.500 Metern zurzeit noch enorme Schneemengen, ähnlich viel wie nach dem Lawinenwinter 1998/99.
Das in Kombination mit der immer noch bestehenden Lawinengefahr verzögert die Schneeräumung auf den höchsten Alpen-Pässen. So musste die für den 21. Mai geplante Giro-d’Italia-Etappe über das Stilfserjoch verlegt werden, da der Pass immer noch schneebedeckt war; auf dem Timmelsjoch türmen sich die Schneemassen stellenweise acht Meter hoch. Die Gletscher starten also gut geschützt in den Sommer. Ob es ein gutes Gletscherjahr wird oder ein katastrophales wie so oft in den letzten Jahren, hängt aber von den Hitzewellen des Sommers und möglichen Schneefällen im Hochgebirge ab.
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