Protest gegen Moskaus Ausweisung Schneiders

„Der ORF nimmt die Entscheidung Russlands zur Kenntnis, kann diese jedoch überhaupt nicht nachvollziehen“, heißt es vonseiten des öffentlich-rechtlichen Medienhauses. Schneider habe seit vielen Jahren „höchst kompetent“ aus Moskau berichtet und stets alle Gesetze eingehalten.

Damit sind nach der Ausweisung von Maria Knips-Witting vor etwas mehr als zwei Wochen keine ORF-Journalisten permanent mehr in dem kriegsführenden Land vertreten. Schneider werde nun – wie auch Knips-Witting – vorerst aus der Auslandsredaktion in Wien „in gewohnter Qualität“ über Russland berichten. Derweil bemüht sich der ORF um neue Akkreditierungen. Das betonte auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann, der von einem „Willkürakt“ Russlands sprach.

Weißmann: „Willkürakt“ gegen ORF in Russland

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann nennt den Entzug der Akkreditierung für die ORF-Korrespondentin Carola Schneider durch Russland einen „Willkürakt“. Für eine funktionierende Demokratie seien unabhängige Medien wichtig. Der ORF werde vorerst seine Berichterstattung über Russland aus Wien fortsetzen.

Redaktionsvertretung: „Nicht nachvollziehbar“

Die ORF-Redaktionsvertretung protestierte ebenfalls scharf. „Mit der Ausweisung der beiden untadeligen und kompetenten ORF-Journalistinnen als Folge diplomatischer Vergeltungsmaßnahmen von russischer Seite wird unabhängige Berichterstattung aus Russland erschwert“, betonte der ORF-Redaktionsrat in einer Aussendung. „Der Schritt des russischen Außenministeriums ist daher keinesfalls nachvollziehbar und vielmehr als weiterer Angriff auf die Medienfreiheit zu sehen, gegen den wir Protest einlegen.“

Außenministerium, SPÖ und Grüne protestieren

Das österreichische Außenministerium bestellte als Reaktion auf die Entscheidung Moskaus am Mittwoch den Geschäftsträger der russischen Botschaft ins Ministerium. Ihm würde der Protest über diesen Schritt unmissverständlich kommuniziert werden, erklärte eine Außenministeriumssprecherin in Wien. „Wir verurteilen diesen ungerechtfertigten und inakzeptablen Schritt. Dieser stellt einen weiteren willkürlichen Angriff auf die freie Presse in Russland dar, der jeglicher Grundlage entbehrt“, erläuterte sie und bezeichnete den Entzug von Schneiders Akkreditierung als „präzedenzlos“.

Kritik kam außerdem von der SPÖ und den Grünen. SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar nannte die Entscheidung einen „schweren Angriff auf die unabhängige Auslandsberichterstattung“. Die Ausweisung sei „ein neuer Beleg, dass das Putin-Regime einen Kampf gegen Pressefreiheit und unabhängige Berichterstattung führt“. Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen, sprach von einem „schweren Schlag gegen den unabhängigen Journalismus“.

Retourkutsche für TASS-Journalisten in Wien

Die Nichtverlängerung bzw. Entziehung der Akkreditierung für ausländische Korrespondenten durch das russische Außenministerium zählt seit Jahren zunehmend zum journalistischen Alltag in Moskau. Anders als in der sowjetischen Vergangenheit wurde den betroffenen Korrespondentinnen und Korrespondenten dabei zumeist konkret gar nichts vorgeworfen und die Maßnahme mit Entscheidungen ihrer Herkunftsländer begründet.

So hatten im konkreten Fall die österreichischen Behörden im April den zwei Korrespondenten der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS in Wien „aufgrund einer negativen Sicherheitseinschätzung“ die Akkreditierung entzogen. Die zugrundeliegende Sicherheitsüberprüfung war laut dem Sicherheitspolizeigesetz möglich geworden, weil sich die russische Journalistin und der russische Journalist für eine oder mehrere Veranstaltungen in Bundesamtsgebäuden oder Veranstaltungen mit obersten Organen und verfassungsmäßiger Einrichtungen akkreditieren wollten. Welche das waren, wollte man im Innenministerium auf APA-Anfrage nicht sagen.

ORF-Korrespondentin muss Russland verlassen

Das russische Außenministerium hat der Leiterin des ORF Moskau, Carola Schneider, die Akkreditierung entzogen und sie aufgefordert, zeitnah das Land zu verlassen.

Moskau deutet Lösung an

Als „Spiegelmaßnahme“ entschied sich Russland Mitte Juni dazu, Knips-Witting ihre journalistische Zulassung zur Berichterstattung aus dem Land zu nehmen. Am Mittwoch folgte als allgemein erwarteter Schritt der Entzug von Schneiders Akkreditierung, die das russische Außenministerium in einer Aussendung als „erzwungene Reaktion auf die Diskriminierung von russischen Medienvertretern in Österreich“ bezeichnete.

Konkret wurde die Entscheidung damit begründet, dass die TASS-Korrespondentin Arina Dawidjan am Montag darüber informiert worden war, dass ihr österreichischer Aufenthaltstitel nicht verlängert würde und sie zwei Wochen zum Verlassen des Landes habe. „Sollte Wien seine Entscheidung in Bezug auf A. Dawidjan revidieren, könnte auch Schneider wieder akkreditiert werden“, verlautbarte das Ministerium in Moskau.

Auch ORF: 81 Medien in Russland blockiert

Derzeit ist laut der offiziellen Liste des russischen Außenministeriums „Der Standard“ mit dem Korrespondenten Joachim Angerer als letztes österreichisches Medium permanent in Russland akkreditiert. Schneider führte das ORF-Büro in Moskau von 2011 bis 2021 und nach einer Bildungsauszeit wieder seit Oktober 2023.

Am Dienstag wurde bekannt, dass Russland zudem die Ausstrahlung der Programme und den Zugriff auf die Internetseiten des ORF blockiert hat. Das erfolgte als Reaktion auf das Ausstrahlungsverbot von drei russischen Medien in der Europäischen Union. Insgesamt 81 europäische Medienunternehmen wurden auf eine schwarze Liste gesetzt. Die Blockade steht in keinem Zusammenhang mit dem Entzug der Akkreditierung für Schneider.

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