Strafprozess im Ticker – Für Boateng verschiebt Richterin Ruhestand: „Führe Verfahren bis zum bitteren Ende“

  • FOCUS online berichtet aus dem Gerichtssaal in München
  • Die Protagonisten: Richterin Susanne Hemmerich, Verteidiger und Boateng-Anwalt Dr. Leonard Walischewski, Staatsanwältin Stefanie Ecker
  • Als Staatsanwältin Boatengs Ex-Freundin befragt, wird die Richterin richtig wütend (14.16 Uhr)
  • Als Boateng-Ex von schwerer Drohung berichtet, bricht ihre Stimme (10.53 Uhr)

Richterin: „Ich führe das Verfahren bis zum bitteren Ende“

13.47 Uhr: Zum Schluss kündigt sie dem Sachverständigen an, dass er möglicherweise länger gebraucht werde, als geplant – der Mann nickt. „Bitte bleiben Sie mir alle gesund“, sagt die Richterin und bittet alle darum, „nochmal darüber nachzudenken, ob wir da vorzeitig zu einer Einigung kommen können. Das wird für alle nicht einfacher. Gehen sie mal in sich, ich stehe für Telefonate jederzeit zur Verfügung.“ Dann beschließt sie sie Sitzung – es geht am Freitag, den 05. Juli weiter.

13.44 Uhr: Die Frage, ob der benannte Münchner Polizeimeister, gegen den offenbar eine Dienstaufsichtsbeschwerde lief oder noch läuft, vernommen werden kann, muss noch geklärt werden – ansonsten wird dieser ebenfalls geladen. Danach werden die Adressen der Zeugen abgeglichen.

13.40 Uhr: Der 26. Juli ist fixiert, dann wird der 12. August festgelegt, jeweils um 10 Uhr. In der kommenden Woche komme Shirin S. wie angekündigt. Eine Woche darauf, am 12. Juli sollen dann weitere Zeugen, die heute eingebracht wurden, vernommen werden. Dabei geht es um verschiedene Zeugen für verschiedene Ereignisse, die die Verteidigung heute einbrachte.

13.37 Uhr: „Ich führe das Verfahren bis zum bitteren Ende. Aber dafür müssen wir weitere Termine machen“, sagt Richterin Hemmerich und betont, sie habe eindringlich davor gewarnt. Ihr erneuter Versuch, den 26. Juli als Termin zu machen, wird erst abgelehnt, aber Hemmerich bohrt nach. „Wir werden es irgendwie bewerkstelligen“, sagt die Anwältin der Nebenklage, die dann einen Kollegen schicken möchte.

Mehr Zeugen, mehr Beweise, mehr Prozesstage: Im Fall Boateng droht Gerichts-Marathon

13.33 Uhr: Ob die Familienrechtsanwältin Wali-Bergmann alleine kommen könne, fragt Hemmerich. Das möchte Lüdke eher nicht. „Ich kann aber nicht drei Wochen unterbrechen, ich habe ja sogar meinen vorzeitigen Ruhestand zurückgezogen“, sagt die Richterin und bietet an, „alles in den 12. Juli zu packen. Ich muss aber rein vorsichtshalber mehrere Termine ansetzen. Und dann sind in Berlin wo die meisten Zeugen herkommen, auch Schulferien, da kann ich nichts machen.“

13.29 Uhr: Jetzt geht es darum, wie weitergemacht wird. Die Richterin schlägt vor, lediglich Shirin S. zu vernehmen, „da deren Vernehmung noch nicht mal bei der Staatsanwältin durchgekommen ist.“ Nun geht es um weitere Termine, doch die Nebenklage-Anwältin ist ab dem 22. Juli drei Wochen im Urlaub. Schwierig.

13.27 Uhr: Nun fragt die Nebenklage nach dem Zeugen Christian M., der laut Urteil im Verlaufe der Aussage immer unruhiger wirkte und öfter Hilfe suchend zu Boateng geblickt hatte. „Das war der Eindruck der Kammer, andere Kammern sehen es vielleicht anders“, sagt Forstner. Dann gibt es keine Fragen mehr an Forstner, der nun entlassen wird. „Ich wünsche allseits ein schönes Wochenende“, sagt er und verlässt dann den Saal.

13.24 Uhr: Nun fragt Walischewski nach dem Thema Kickboxen. „Es kam halt zur Sprache, dass Shirin S. das mal ausgeübt hatte, aber zur Zeit des Vorfalls nicht mehr, so grob“, sagt Forstner. Das will der Anwalt nutzen, um Shirin S. Lüge zu unterstellen, weil sie damals sagte, sie hätte nicht mehr kickgeboxt, aber vergangene Woche etwas Anderes behauptete.

13.21 Uhr: Nachdem der entsprechende Vermerk gefunden wurde, fragt Walischewski, warum Forstner ein Gutachten, das die Berücksichtigung der Familienrechtssituation empfahl, nicht einbezog. „Wir hatten es nicht im Detail“, sagt er – zudem schienen sie für ihn einfach nicht relevant.

13.17 Uhr: Familiengerichtsprozesse seien „von der Verteidigung immer wieder versucht worden, einzubringen“, sagt Forstner. Dagegen habe sich seine Kammer aber „erfolgreich, ähm erfolglos, gewehrt“. Verteidiger Walischewski fragt nach den Gründen und wird dann gebeten, den Bescheid Forstners aus dem Prozess vorzuhalten. Nach dem muss aber erstmal gesucht werden.

13.14 Uhr: Nun geht es wieder um das Windlicht. Umgefallen, umgetreten oder geworfen – diese Frage wabert auch heute durch das Gericht. Forstner hatte es im Urteil als Unfall und umgefallen deklariert – das wurde in diesem Prozess bisher so eher selten ausgesagt. Zur Beschaffenheit der Kühltasche könne er wenig sagen. „Da hat das Oberlandesgericht gesagt, dass wir mehr Erkenntnisse hätten haben müssen – wir hatten sie nicht“, sagt er. Die Tasche sei aber eher weich gewesen „mit ein paar Dosen oder Flaschen drin“.

13.11 Uhr: Ob in seinem Verfahren zur Sprache kam, warum der Vorfall aus dem Juli erst im Oktober 2018 angezeigt wurde, will Hemmerich wissen. „Das kam zur Sprache, aber eine Begründung gab es nicht“, antwortet Forstner. Auch, dass ein Familiengerichtsprozess die Ursache dafür gewesen sein könnte, sei ihm nicht bekannt, „die gab es ja ständig“.

13.08 Uhr: Christian M. gab an, er sei nach dem Vorfall mit dem Windlicht, „den wir ja als Unfall eingeordnet haben“, wie Forstner sagt, weggegangen. Die weiteren Vorkommnisse beschreibt der Richter anhand der Aussagen von Vanessa W. und Shirin S. – sie decken sich mit deren Aussagen in der vergangenen Woche.

Boateng-Freund als Zeuge „raus aus dem Prozess“ – gegen ihn läuft ein Verfahren

13.05 Uhr: Vor allem die Aussage des Christian M., „der ja jetzt aus dem Verfahren raus ist“, interessiere sie, sagt Hemmerich. Die erste Kontroverse gibt es um die Anwesenheit des Christian M. bei dem Skip-Bo-Spiel – während er sagte, er sei dabei gewesen, hätten Vanessa W. und Shirin S. übereinstimmend ausgesagt, dass er nicht dabei gewesen sei.

13.02 Uhr: „Der Herr Boateng hat sich zur Sache nicht eingelassen“, berichtet Forstner und sagt, dass schon damals versucht wurde, eine Einigung herbeizuführen. „Einem Deal könne er nicht zustimmen, da er nichts gemacht habe sagte Boateng im Rechtsgespräch“, berichtet der Richter im Zeugenstand weiter.

12.59 Uhr: Eine Minute vor der Zeit ist auch Hemmerich zurück. Nun wird der Zeuge Forstner, eigentlich Richter und für das zweite Boateng-Verfahren zuständig, aufgerufen. „Normalerweise sitzen Sie hier vorne“, merkt auch die Richterin an.

12.58 Uhr: Jetzt fehlt nur noch die Richterin, dann kann es weitergehen. Das andere Trio kam gerade in den Saal.

12.56 Uhr: Boateng-Anwalt Walischewski und Staatsanwältin Eckert sind bereits wieder im Gerichtssaal und sprechen. Auch die Nebenklagevetreter sind da. Es fehlen noch die Verteidigerin Hamm, der Sachverständige, Richterin Hemmerich und natürlich Boateng.

Richter aus erstem Boateng-Prozess ärgert sich, weil er eine Frage nie stellte

11.22 Uhr: Die Richterin verfügt nun ein Selbstleseverfahren zu den Akten bezüglich der neu eingebrachten Beweise und unterbricht die Sitzung bis 13 Uhr „in der Hoffnung, dass die Bauarbeiten dann beendet sind“. Was genau den Lärm verursacht, ist aber noch immer unklar.

11.20 Uhr: „Ich wollte kein Schwurgerichtsverfahren machen und das haben sie, Frau Staatsanwältin, angestoßen“, sagt die Richterin. Die Staatsanwältin verteidigt sich, aber die Richterin lässt das nicht gelten. Einig werden sich die beiden wohl nicht mehr.

Dann hört man plötzlich ein Klopfen aus der Decke, mutmaßlich von den Lautsprechern – die Richterin fordert „ruhe da oben im Zuschauerraum, sonst lasse ich den Wachtmeister aufmarschieren“. Da oben ist aber gar nichts, der Lärm geht jedoch weiter.

11.17 Uhr: „Das fällt uns jetzt alles auf die Füße“, sagt die Richterin und moniert, dass nun Prozesse aus 2019 und der noch nicht beendete Lehnhardt-Prozess aus 2019 eingeführt wurden. Darin schwingen auch Vorwürfe an Staatsanwältin Eckert mit, die diese aber zurückweist und sagt, dass für sie nach wie vor die Unschuldsvermutung gelte. „Das Gefühl hatte ich in der vergangenen Woche nicht“, kontert die Richterin.

Richterin im Boateng-Prozess kündigt an: „Ich werde den Prozess zu Ende bringen“

11.13 Uhr: Es ist eine wahre Flut an neuen Beweisen, die der Anwalt einbringen will, um verschiedenste Vorwürfe und Anschuldigungen, die entweder medial beschrieben oder in Prozessen erhoben wurden, zu entkräften. Es geht teilweise auch um Sachverhalte, die noch gar nicht zur Sprache kamen oder auch mit dem Verfahren hier wenig zu tun haben. „Ich wollte das alles aus dem Verfahren raushalten und auf den Vorfall von 2018 beschränken“, sagt Richterin Hemmerich und kündigt weitere Prozesstage an. „Ich werde alle Zeugen vernehmen, aber ich werde den Prozess zu einem Ende bringen, weil ich mich dem Recht verpflichtet fühle.“

11.08 Uhr: Eine Nachricht von Silvera wird verlesen, in der Shirin S. sagte, sie wisse, dass Boateng neben Kasia und ihr auch Silvera geschlagen habe, diese das aber in der Antwort verneint und sagt, dass Boateng nie Hand an Frauen legen würde.

11.07 Uhr: Aus den Akten ergebe sich, dass Lehnhardt vor ihrem Tod vieles angezeigt habe, aber keine Körperverletzung. Auch weitere Vorwürfe, die allerdings nie gerichtlich verhandelt wurden, wie das Unterschieben von Kokain oder der Diebstahl von zwei Handys werde, ließen sich laut Walischewski widerlegen.

11.04 Uhr: Das Vorgehen des Gerichts habe eine Verdachtsberichterstattung erst ermöglicht, liest der Anwalt weiter vor. Das Verfahren hätte längst eingestellt werden müssen, fordert Walischewski. Es könne belegt werden, dass sich vieles im Fall Kasia Lehnhardt anders zugetragen habe, als oft berichtet.

Die Worte Fakten, objektiv, Tatsachen und beweisen kommen in seinen Ausführungen extrem oft vor. Es bleibt abzuwarten, ob er diese auch mit Material belegen kann.

11.01 Uhr: Boateng könne zudem beweisen, dass er Lehnhardt nicht zur Unterzeichnung eines Non-Disclosure-Agreements genötigt und nicht einmal ein Exemplar besessen habe. Boatengs Aussagen in einer Vernehmung zu dem Fall aus dem April 2024 sollen ebenfalls eingeführt werden. „Das soll ergeben, dass Boateng seit Jahren zu Unrecht medial verurteilt wurde und dass die Justiz dazu beigetragen habe, das Verfahren zu verschleppen“, liest Walischewski weiter vor.

10.59 Uhr: Aussagen von Kasia Lehnhardt, dass Boateng sie gar nicht verletzt habe, sollen ebenfalls als Beweis eingeführt werden. Die Zeugenaussage von Lehnhardt aus dem Jahr 2020 solle zudem eingebracht werden. Eine Zeugin Laura M., eine mutmaßliche Affäre Boatengs, solle außerdem vernommen werden.

10.56 Uhr: Auch seine Kollegin, die Anwältin Monika Hamm, solle vernommen werden – Grund ist ein Angebot, das Boateng machte und das Shirin S. den Umzug nach München ermöglicht hätte. Das hätte diese aber „als Witz“ abgelehnt und stattdessen auf 60.000 Euro wegen fehlendem Umgang geklagt. Auch eine Sprachnachricht von Shirin S. an Rebecca Silvera soll als Beweis eingeführt werden.

10.52 Uhr: Nun liest Boateng-Anwalt Walischewski einen Beweisantrag vor. „Die Verteidigung verfügt noch über weitere Beweismittel“, sagt er unter anderem. Ein Polizeimeister aus München soll vernommen werden, der bestätigen könne, dass Shirin S. durch eine Anzeige „Druck einem laufenden Sorgerechtsverfahren“ ausüben habe wollen. Zudem bringt der Anwalt auch Dinge aus dem Verfahren um eine Verletzung von Kasia Lehnhardt vor, die widerlegt werden sollen.

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Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema

Die neuen Entwicklungen bedeuten, dass das Verfahren gegen Boateng aufgrund formeller Fehler neu beginnt. Es geht nicht um neue Beweise, sondern um Fehler im bisherigen Verfahren, wie einen Befangenheitsantrag des Richters. Die Strafe für Boateng könnte …

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Daniel Müksch

Hat als Autor unter anderem für FOCUS, Playboy und Bunte gearbeitet und war Sportredakteur beim Münchner Merkur und der tz

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