Strafprozess im Ticker-Protokoll – Für Boateng-Prozess zog Richterin sogar ihren Antrag auf vorzeitigen Ruhestand zurück

Für Boateng-Prozess zog Richterin sogar ihren Antrag auf vorzeitigen Ruhestand zurück

10.49 Uhr: Die Richterin hat eine Ankündigung zu machen. „Wir werden das Verfahren in dieser Instanz zu Ende bringen, ich habe meinen Antrag auf vorzeitigen Ruhestand zurückgezogen. Wir machen das fertig“, sagt Hemmerich.

10.47 Uhr: Der Sachverständige hält eine Aussage vom Landgericht vor, in der die Familienanwältin eine Verfärbung mehr Richtung Augenbraue erkannte. „Ich kann sagen, dass mir das Auge damals stärker verfärbt vorkam als auf dem Foto. Aber nageln sie mich bitte nicht auf die Farben fest.“ Die Verteidigung hat dann keine Fragen mehr – die Zeugin wird entlassen.

10.44 Uhr: Die Richterin hat keine Frage mehr, Staatsanwältin und Nebenklage ebenfalls nicht. Der Sachverständiger fragt noch einmal nach dem exakten Ort des Blutergusses im Gesicht. Er saß zuvor im Rücken der Zeugin und konnte nicht sehen, wo sie zunächst hindeutete. Er fragt sehr detailliert nach dem Farbverlauf, den die Zeugin nicht so genau rekapitulieren kann.

Die Richterin holt Zeugin und den Sachverständigen ans Pult, um das Bild des Auges zu zeigen, das kurz nach dem Vorfall aufgenommen wurde. Die Anwälte von Boateng kommen dazu, die Staatsanwältin bleibt sitzen.

10.41 Uhr: „Ich habe eine Links-Rechts-Schwäche“, sagt die Familienanwältin, als sie beschreibt, welches Auge bei Shirin S. blau war, sich aber an das andere Auge greift. Boatengs Anwalt Walischewski grinst und flüstert seinem Mandanten etwas zu.

10.38 Uhr: Dann habe sie nach Zeugen gefragt und Vanessa W. sei genannt worden. Sie habe noch in der Nacht eine Mail geschrieben, die Bali-Bergmann auch an die Anwältin Lütke, die Shirin S. vertritt, weitergeleitet habe. „Ich habe ihr vorher schon gesagt, dass sie Anzeige erstatten soll, aber ich bin keine Strafanwältin, sondern Familienanwältin“, sagt sie weiter.

10.35 Uhr: Nun skizziert die Richterin das weitere Vorgehen – zunächst soll die Anwältin Wali-Bergmann aussagen, die Shirin S. nach dem Vorfall im Urlaub kontaktierte. Wie das Telefonat ablief, in dem die Nebenklägerin sie kontaktierte, will Hemmerich wissen. „Sie rief an und sagte, ‚Jerome hat mich wieder geschlagen. Er ging mit den Fäusten auf mich los.‘ Außerdem hat sie auch gesagt, dass er sie gebissen hat. Sie hat viel geweint und hat auch gesagt, dass er ein Windlicht nach ihr geworfen hat.“ Sie habe Shirin S. geraten, zur Polizei zu gehen. „Sie sagte, das könne sie nicht machen, weil sie Angst hat und, weil die Kinder dabei sind.“

10.32 Uhr: An das Video, auf dem Shirin S. tanzt, erinnert sich Dingerdissen noch grob, „das müsste am Tag nach dem Vorfall gemacht worden sein. Also Tat, am nächsten Tag Video, am nächsten Tag der Rückflug.“  Eine Vorhaltung, dass der zeitliche Ablauf ein anderer war, kontert er achselzuckend. „Ich habe es anders in Erinnerung.“ Dass eine Aussage von Shirin S. deshalb falsch sei, will Dingerdissen nicht kommentieren oder beurteilen. „Wissen sie, ich bin hier als Zeuge, das macht dann die Frau Hemmerich, die kann das auch ziemlich gut.“ Dann ist seine Vernehmung beendet. „Viel Spaß noch“, sagt der Richter, bevor er den Zeugenstand verlässt.

10.29 Uhr: Nun darf die Verteidigung fragen, Anwalt Walischewski übernimmt das. Er hält die Mail von Vanessa W. vor, die diese auf Bitten von Shirin S. an deren damalige Anwältin sandte und in der keine Rede von einer Kühltasche war. „Keine Erinnerung“, antwortet Dingerdissen knapp. Bei zwei weiteren Vorhaltungen sagt Dingerdissen genau dasselbe.

10.26 Uhr: Eine Vorhaltung der Richterin zum Urteil aus dem ersten Prozess, dass alle Zeugen glaubhaft gewesen seien, bestätigt Dingerdissen. Er habe aufgrund der Aussage von Christian M. auch kein Verfahren wegen Falschaussage angestrengt.

„Ganz ehrlich? Nein“, sagt Richter aus erstem Boateng-Prozess auf Frage zum Protokoll

10.23 Uhr: „Ich habe das Protokoll nicht geschrieben“, sagt Dingerdissen nicht zum ersten Mal, als ihm eine Aussage zur Kühltasche vorgehalten wurde. Ob er sich das gesamte Protokoll noch einmal durchgelesen habe, als das Urteil gesprochen wurde. „Ganz ehrlich? Nein. Da würde ich ja verrückt, wenn ich die alle nochmal durchlesen müsste. Ich schreibe mein Urteil ja nicht aufgrund des Protokolls“, erklärt er.

10.21 Uhr: Angesprochen auf die Aussage mit den „langen Haxen“, die wohl von Christian M. kam, sagt Richterin Hemmerich, dass M. ja wohl bei dem Vorfall mit dem Windlicht dabeigewesen sein müsse. Das hatten die Geschädigte und die Freundin Vanessa W., die als Zeugin auftrat, vergangene Woche noch bestritten.

10.19 Uhr: Ob ein Vereinswechsel anstand, fragt Hemmerich. Dingerdissen nickt und glaubt, dass es „um einen Wechsel zu Paris St.-Germain ging, der aber dann nicht zustande kam“. Boateng nickt zustimmend. „Ich habe aber versucht, das aus dem Prozess herauszuhalten“, sagt der Richter im Zeugenstand weiter.

10.17 Uhr: Dingerdissen erinnert sich tatsächlich noch an den groben Rahmen, aber nicht mehr an alles im Detail, das zeigen seine Aussagen. An die Kühltasche und die Aussagen dazu erinnert er sich aber nicht, sagt er. „Das ist das Problem, dass die Zeugen Erinnerungslücken, die auftreten, irgendwie auffüllen“, sagt er auf die Information, dass Vanessa W. sich vergangene Woche erinnert habe, im ersten Prozess jedoch nicht.

Richter aus erstem Boateng-Prozess ärgert sich, weil er eine Frage nie stellte

10.14 Uhr: Eine Frage habe er nicht gestellt, was ihn danach geärgert habe, sagt Dingerdissen. „Warum habe ich kein Foto von der Kühltasche oder von dem zerbrochenen Windlicht? Es gibt doch Smartphones“, sagt der Richter aus Prozess Nummer eins. Er erinnere sich durchaus, dass es unterschiedliche Aussagen darüber gab, wo das Windlicht stand und ob es getreten oder geworfen worden sei. „Getreten wäre durchaus ungewöhnlich für einen Fußballer“, meint der Richter, „wegen der Verletzungsgefahr.“

10.10 Uhr: Er habe sich lange gegen die Verlegung in den großen Gerichtssaal gewehrt, sie aber dann zugelassen. Als Hemmerich fragt, wie er sich an die Aussage von Christian M., gegen den ein Verfahren wegen uneidlicher Falschaussage und versuchter Strafvereitelung läuft, erinnere, schüttelt Dingerdissen den Kopf. „Den groben Rahmen ja, aber ich habe seitdem weit über 300 Hauptverfahren geleitet“, sagt er. An Boateng erinnere er sich noch und auch an die Einlassung von Christian M., dass dieser mit „seinen langen Haxen das Windlicht vom Tisch gestoßen“ habe.

10.07 Uhr: „Schön, dass sie den Weg zum Gerichtssaal noch gefunden haben“, frotzelt die Richterin, als ihr Kollege hereinkommt, der das erste Verfahren leitete. Wieso es so lange gedauert habe, bis das erste Verfahren startete, fragt Hemmerich zuerst. Dingerdissen erklärt, dass es allgemein einen sehr langen Ablauf gegeben habe, das Verfahren sei lange bei der Staatsanwaltschaft gelegen. „Das war das erste Mal in meinem Berufsleben, dass ich selbst einen Ermittlungauftrag schreiben musste“, erklärt er. Nach einer ersten Ansetzung sei es wegen Corona zunächst wieder abgesetzt worden, dann musste ein anderer Termin gefunden werden.

10.04 Uhr: Richterin Hemmerich ist da und eröffnet den Prozesstag – als ersten Zeugen ruft sie den Richter Dingerdissen auf. „Ist der schon draußen oder müssen wir den holen?“, fragt sie. Er sitze noch nicht draußen, heißt es. Auch der Zeuge Christian M. komme heute erneut nicht – gegen ihn läuft derzeit ein Verfahren, das noch nicht abgeschlossen ist. Allerdings sei es trotzdem sinnvoll, ihn zu hören, sagt die Richterin.

10.02 Uhr: Jerome Boateng ist im Saal eingetroffen. Nun könnte es jeden Moment losgehen. Allerdings meldete Richterin Hemmerich auch bei einem kurzen Auftritt im Gerichtssaal, dass einige Akten durcheinandergedruckt worden waren, in die erst Ordnung gebracht werden müsse.

Freitag, 28. Juni, 09.40 Uhr: Herzlich willkommen zum dritten Prozesstag aus dem Landgericht München I. Heute sollen im Verfahren gegen den Angeklagten Jerome Boateng die Richter der beiden vorangegangenen Prozesse aussagen. Während nach dem ersten Berufung eingelegt wurde, folgte auf Urteil Nummer zwei eine Revision. Aus diesem Grund steht nun, rund sechs Jahre nach dem Geschehen in der Karibik, der dritte Prozess an.

Dritter Prozesstag startet am Gericht in München

Freitag, 28. Juni, 10.10 Uhr: Heute startet Tag 3 im Prozess gegen Ex-Nationalspieler Jérôme Boateng. Er soll seine Ex-Freundin im Urlaub verprügelt haben. FOCUS online berichtet vor Ort aus München – jedoch hat das Gericht einen Live-Ticker untersagt. Lesen Sie hier die Entwicklungen, sobald die Richterin eine Berichterstattung freigibt.

Mit einer Alkohol-Frage endet der Prozesstag

15.14 Uhr: Er habe nur eine Frage, sagt Verteidiger Walischewski. Er fragt zu Long-Covid, das die Zeugin laut eigener Aussage habe. Dieses führe ja auch zu Gedächtnisstörungen, Vanessa W. habe auch zugegeben, an Erinnerungslücken zu leiden, sagt er – die Staatsanwältin fordert bei der Vorhaltung, dass er die Stelle benenne, wo das steht. „Das steht nicht im Protokoll, aber im Urteil“, merkt die Richterin an.

Dann gibt es noch eine Nachfrage: Ob am Tatabend Alkohol getrunken wurde? „Ja, aber wie viel, weiß ich nicht“, sagt Vanessa W. Boateng habe generell keinen Alkohol getrunken. Damit ist die Befragung beendet und der Prozesstag auch. „Wir sehen uns nächsten Freitag in alter Frische“, schließt die Richterin – das bleibt nach dem anstrengenden Tag heute nur zu hoffen.

15.12 Uhr: M. habe die Verletzung am Auge wahrgenommen, „aber sie hat ihn nicht interessiert“, sagt Vanessa W. Dann ist der Sachverständige fertig, die Verteidigung darf Fragen stellen.

15.09 Uhr: Auch zum Biss in den Kopf, den Vanessa W. selbst nicht sah, kann sie kaum Detailfragen beantworten. Ähnlich ist es bei der Verletzung am Auge – sie kann auch wenig mehr beitragen als das, was man auf dem Bild sieht, das als Beweismaterial eingebracht wurde.

15.06 Uhr: Einen Biss in den Kopf habe sie nicht wahrgenommen, sei aber von Shirin S. darauf hingewiesen worden, sagt die Zeugin auf die Frage der Richterin. Damit ist die Staatsanwältin fertig, die Nebenklage hat keine Fragen. Der Sachverständige stellt detaillierte Fragen, aber Vanessa W. kann fast keine beantworten, zum Beispiel, ob Shirin S. die Arme über den Kopf oder vor das Gesicht hielt oder wie oft Boateng mit den Fäusten auf sie eingeschlagen habe. Kein Wunder – der Vorfall liegt knapp sechs Jahre zurück.

15.02 Uhr: Auf die Frage der Staatsanwältin nach mehreren Vorfällen, sagt Vanessa W., dass es diese gab, aber nicht im Urlaub. Sie beschreibt, wie Boateng seiner Freundin Geschenke machte, dieser aber wieder wegnahm. „Er hat ihr mal zum Geburtstag ein Auto geschenkt, das aber auf seinen Namen zugelassen war. Er konnte es ihr also wieder wegnehmen.“

14.58 Uhr: Kuriosum um die Ladung der Zeugin – sie hatte wegen ihres geänderten Nachnamens zunächst keine erhalten und sich dann selbst ans Gericht gewandt. „Wie haben sie von den Terminen erfahren?“, fragt die Richterin. „Weil ich nur ein Schreiben mit sechs Terminen erhalten habe, aber keine Ladung“, sagt sie. Die Richterin will das Schreiben sehen, lehnt aber den Vorschlag von Vanessa W., die dieses auf dem Handy vorzeigen könnte, ab. Der Grund wird nicht klar.

14.54 Uhr: Fotos aus dem Urlaub werden gezeigt, aber Vanessa W. sagt, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob sie die gemacht hat. Eine Verletzung habe sie bei Boateng nicht bemerkt, erinnert sich aber an Boatengs Aussage, er habe eine Verletzung an der Oberlippe erlitten. Nach Hause seien sie alle zusammen geflogen, nur Boateng sei woandershin geflogen.

14.51 Uhr:  Nun werden Vanessa W. ihre Aussage vom ersten Prozess und eine Mail vorgehalten. Damals habe sie eine Kühltasche nicht erwähnt – das sei ihr erst beim Prozess wieder eingefallen, sagt sie.

14.49 Uhr: Bei einem klärenden Gespräch in der Karibik, bei dem Boateng, Shirin S. und sie anwesend waren, habe Boateng zwar gesagt, er sei in Therapie und habe Vanessa Ws Aussage, man schlage einfach keine Frauen, bejaht. „Aber das war keine Entschuldigung“, betont sie.

14.46 Uhr: M. sei vorausgelaufen, sie kam wenig später zu der Szene, sagt Vanessa S. Nachdem M. Boateng wegziehen konnte, seien sie in die ihre Villa, zuvor auch Bungalow genannt, gegangen, habe sich um Shirin S. gekümmert und unter anderem Blut von ihrem Gesicht abgewaschen. Als Boateng dann zurückkam, habe er sich erst entschuldigen wollen, dann aber im erneut aufgeflammten Streit gefordert, Shirin S. solle sein T-Shirt ausziehen. „Damit hat er sie total entblößt, sie hatte ja nur noch Unterwäsche an.“

14.43 Uhr: Wie der zweite Vorfall abgelaufen sei? „Er hat sie erst angespuckt und hat dann angefangen, sie mit den Fäusten zu schlagen, ins Gesicht.“ Shirin S. habe die Arme hochgerissen, um sich zu schützen. „Dann habe ich den Herrn M. geholt, weil ich nicht wusste, was ich gegen so einen großen Mann machen soll.“ Da habe Boateng seine damalige Partnerin bereits auf den Boden gezogen gehabt.

14.40 Uhr: Die Kühltasche, „in der das Kokoswasser war, das Herr Boateng so gerne getrunken hat“, habe dieser von vorne auf Shirin S. geworfen. Auch die Richterin fragt nochmal nach den Kissen und dem Windlicht. Währenddessen flüstert Boateng seinem Verteidiger Walischewski etwas ins Ohr – der Anwalt nickt.

14.36 Uhr: Den weiteren Tatverlauf beschreibt Vanessa W. gleich. Nach dem zweiten Angriff habe sie „Christian M. aus seiner Villa geholt, der aber erst bei seiner Tochter bleiben wollte, dann mitkam und Boateng wegziehen konnte“. Laut der Zeugin habe Boateng das Windlicht „getreten“ – Shirin S. hatte berichtet, er habe es geworfen. Auch berichtet Vanessa S., dass ihre Freundin „am Arm geblutet“ habe, nicht etwa am Finger.

14.33 Uhr: Sie sei sehr gut mit Shirin S. befreundet gewesen, sagt sie. „Den Herrn Boateng kannte ich nur von einzelnen Treffen, wo er dabei war und von Parties.“ Nun beschreibt sie den Tatabend. Bis zum Streit ist es ähnlich, dann sagt Vanessa W. etwas anderes. Demnach soll Boateng erst Kissen geworfen haben, dann das besagte Windlicht. An die Kissen konnte sich Shirin S. nicht mehr erinnern.

14.31 Uhr: Vanessa W., die mittlerweile einen anderen Nachnamen trägt, ist da. Der Einfachheit halber nennen wir sie weiterhin Vanessa W. Die Freundin von Shirin S. ist gelernte Krankenschwester und Stationspflegeleitung und arbeitet auch heute noch in diesem Beruf.

Als Staatsanwältin Boatengs Ex-Freundin befragt, wird die Richterin richtig wütend

14.19 Uhr: Nun gibt es endlich einen Konsens. Die Zeugin Shirin S. ist für heute entlassen, es geht um 14.30 mit der Vernehmung der Zeugin Vanessa W. weiter.

14.16 Uhr: Nun ist die Richterin richtig in Fahrt und schimpft auch auf die Aufmerksamkeit, die das Verfahren durch den Namen Kasia Lenhardt erhält. „Ich hab so etwas noch nie erlebt, ich hab zwar nur noch wenige Wochen, aber ich bin für alles offen. Ich fasse es nicht, wie das Verfahren hier aufgebauscht wird.“

14.14 Uhr: „Da wir mit meinen Fragen bis 14.30 Uhr nicht fertigwerden…“, setzt die Staatsanwältin an und die Richterin unterbricht. „Ich überlege, ob ich weitere Sitzungstage ansetze, damit wir ihre Fragen schaffen. Ich habe das noch nie erlebt, dass jemand eine ganze Akte vorhalten will“, schimpft sie.

14.11 Uhr: Verwirrung um eine Einlassung – sowohl Anwältin als auch Medium eines Interviews seien nicht korrekt von der Staatsanwältin wiedergeben worden, sagt Shirin S. Dann kommt wieder die Richterin. „Wollen sie die ganze Akte durchexerzieren? Wenn sie die ganze Akte vorhalten wollen, dann sitzen wir noch in drei Jahren hier. Und jetzt kommen sie mir nicht mit der Aussagengenese. Ich verstehe es wirklich nicht.“ Der Verteidiger Walischewski pflichtet bei.

14.08 Uhr: Nachdem sie etwas geblättert hat, stellt sie Staatsanwältin die nächste Frage. Wovor Shirin S. nach der Tat Angst gehabt habe. „Na, dass er mich nochmal attackiert, das kenne ich ja schon“, antwortet die Zeugin. Dann will Eckert weitermachen, aber der Verteidiger Walischewski schaltet sich ein, als etwas vorgehalten werden soll. „Das war der Herr Boateng.“ „Nein, war er nicht“, sagt Eckert – dann darf sie weiterfragen.

14.05 Uhr: Ein Streit mit Vanessa W. wegen einer Lästerei einer dritten Person habe dazu geführt, dass sie lange keinen Kontakt hatten, dieser etwas abgebrochen sei, sagt Shirin S. auf die nächste Frage.

14.03 Uhr: Wie ihr derzeitiger Kontakt zu Vanessa W. sei, wird Shirin S. gefragt. „Sporadisch, wir schreiben ab und zu bei WhatsApp“, sagt sie. Der letzte Kontakt vergangene Woche habe vor dem Prozess stattgefunden und sich auch darum gedreht, ob eine der beiden nervös sei. „Wir haben keinen engen Kontakt, sind aber auch nicht zerstritten oder so.“

14.00 Uhr: Eine Nachricht mit heftigen Beleidigungen gegen Boateng, die die Staatsanwältin vorliest, identifiziert Shirin S. als „aus dem Jahr 2015. Wenn ich das so höre, tut es mir sehr leid, dass ich so etwas geschrieben habe.“

Plötzlich gibt es Verwirrung um eine Strafanzeige aus 2021

13.56 Uhr: „Ich hab keine Ahnung, worum es gerade geht“, sagt Walischewski – das spricht weder für ihn noch für die Struktur des Prozesses. Konkret ging es darum, ob Shirin S. die Anzeige zurücknehmen wollte bzw. darüber nachgedacht hat. „Ich wollte nicht für ihn lügen bzw. eine Falschaussage machen“, betont die Zeugin. Die Richterin sagt, sie habe die Frage schon vor Stunden gestellt – das ist teilweise richtig, die Frage hatte da eine andere Richtung.

13.52 Uhr: Nun gibt es Verwirrung um eine Strafanzeige aus 2021. Die Anwältin der Nebenklage, der Shirin S., will erklären, der Verteidiger auch. Als die Richterin dazwischengrätscht und die Vernehmung wieder an die Staatsanwältin geben will, will diese plötzlich die neue Zeugin vernehmen. „Das dauert eben länger, wenn mir dauernd jemand reinredet, das bringt mich aus dem Konzept“, moniert Eckert. „Was glauben sie, wie oft mir jemand dazwischenredet?“, antwortet Richterin Hemmerich darauf. „Anmerkungen wird ja wohl noch machen dürfen, sorry“, sagt Walischewski. Die Antwort von Shirin S. auf die Frage übrigens: „Ich weiß es nicht.“

13.48 Uhr: Boatengs Aussage, dass er nichts auf Shirin S. geworfen habe, kontert Shirin S. „Das Windlicht und die Kühltasche sind genau auf mich geflogen. Er hat sie auf mich geworfen, so habe ich es wahrgenommen.“

Nach der Pause geht die Befragung von Shirin S. weiter

13.46 Uhr: Beim Thema Rückreise kann Shirin S. wenig beitragen. „Ich weiß nicht mal mehr, ob die Kinder mit mir oder mit ihm zurückgeflogen sind. Ach nee, kann ja nicht sein, er ist ja noch woandershin weitergeflogen. Aber wohin – das weiß ich wirklich nicht mehr.“

13.44 Uhr: Ob sie nach dem Vorfall noch einmal sexuellen Kontakt zu Boateng hatte? „Ich kann es nicht ausschließen“, sagt Shirin S. Die Richterin schweigt.

13.40 Uhr: Nun geht es um das Thema Kickboxen, das Boateng vergangene Woche insoweit anführte, dass sich Shirin S. durchaus wehren konnte. „Ich hab da schon so ein Jahr lang intensiv trainiert, das war 2012 und 2013“, sagt Shirin S. Sie sei aber später auch noch einmal angemeldet gewesen, etwa 2017 oder 2018. Die Richterin versteht die Frage nicht, Eckert versucht zu erklären – es ist Chaos im Gerichtssaal, wieder einmal. Als selbst der Verteidiger erklären will, was die Staatsanwältin meint, sagt die Richterin nur einen Satz. „Lassen sie’s!“

13.36 Uhr: Jetzt ist auch die Richterin wieder da, weiter geht’s! Und die Stimmung ist wieder super. „Ich habe noch viele Fragen, ob ich bis 15 Uhr durch bin, weiß ich nicht“, sagt die Staatsanwältin Stefanie Eckert. Die Richterin schlägt vor, die Zeugin Shirin S. bis 14.30 Uhr zu befragen. „Machen wir jetzt ein Break, oder?“, sagt daraufhin die Staatsanwältin, erntet einen fragenden Blick der Richterin und schwenkt dann um. „Okay, dann frage ich weiter.“

13.33 Uhr: Boateng, seine Anwälte, die Staatsanwaltschaft und die Zeugin Shirin S. sind schon wieder da. Nur die Richterin lässt noch auf sich warten.

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