Die Professionalisierung der AfD scheint weitgehend geglückt

Die Parteitage der AfD waren in den vergangenen Jahren oft von innerparteilichem Streit geprägt. Noch bei der Delegiertenversammlung im letzten Jahr hatten sich Protagonisten verschiedener Strömungen vor den Augen der Medien gefetzt. Davon war an diesem Wochenende in Essen nur noch wenig zu spüren.

Die Rechtsaußen-Partei war einst als Alternative zu den „Altparteien“ angetreten, wie die AfD alle anderen Parteien abschätzig nennt. Mittlerweile funktionieren aber auch bei der AfD Hinterzimmer-Absprachen so gut, dass der erbitterte Streit hinter den Kulissen verborgen bleibt.

Nach einem halben Jahr unter Feuer waren viele Delegierte zumindest in der Öffentlichkeit um Harmonie bemüht. Nicht einmal beim Rechenschaftsbericht des Bundesvorstands machten sie von ihrem Fragerecht Gebrauch – obwohl viele in der Partei unzufrieden sind mit dem verkorksten Europawahlkampf.

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Der Plan eines umtriebigen Netzwerks um den Bundestags-Fraktionsvize Sebastian Münzenmaier und den Brandenburger Landeschef René Springer, die Partei zu professionalisieren, hat weitgehend funktioniert. Bereits vor dem Parteitag zeigte sich das Netzwerk kompromissbereit.

Mit der Parteispitze und Protagonisten aus wichtigen Landesverbänden wurde ein Tableau für den Bundesvorstand ausgehandelt, das sich auf dem Parteitag nahezu vollständig durchsetzte. Mit dem Wissen um die Deals traute sich kaum einer eine Gegenkandidatur zu.

Das Münzenmaier-Netzwerk steht organisatorisch für eine Disziplinierung – auch wenn es inhaltlich nicht weniger radikal ist als der völkische Nationalist Björn Höcke, mit dem man sich dort ebenfalls intensiv abstimmt. Der Thüringer Landeschef und seine Mitstreiter haben sich in den vergangenen Jahren in vielen zentralen Punkten inhaltlich durchgesetzt.

Offene Machtkämpfe in der Partei schrecken Wähler ab

Da sich der Großteil der Partei programmatisch mittlerweile weitgehend einig ist, sind ideologische Grenzziehungen kaum noch notwendig. Die weitere Radikalisierung ist längst vollzogen. Parteivize Stephan Brandner, der in seiner Rede ankündigte, die Bundesregierung nicht mit demokratischen Wahlen ablösen, sondern diese festnehmen lassen zu wollen, wurde mit 91 Prozent im Amt bestätigt.

Den aus dem Osten stammenden Parteichef Tino Chrupalla vor den Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen nicht zu demontieren und Unruhe zu vermeiden, ist für die AfD strategisch sinnvoll. Die Partei hat verstanden, dass offen ausgetragene Machtkämpfe viele Wähler abschrecken.

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