Jedes Jahr brechen Hunderttausende Menschen aus dem Nahen Osten und Afrika nach Europa auf. Die Zahl der Asylanträge auch in Deutschland steigt stetig. Allein im vergangenen Jahr waren es 352.000, gegenüber 2022 ein Plus von mehr als 44 Prozent.
Schaut man sich die langen und zum Teil hochgefährlichen Wege an, die von den Flüchtlingen zurückgelegt werden, erkennt man zwei Hauptadern: die Balkanroute und die Mittelmeerrouten.
Doch es gibt eine weitere Alternativstrecke, über die jedes Jahr Tausende illegale Migranten nach Deutschland kommen – die sogenannte Belarus-Route. In der öffentlichen Debatte spielt der Fluchtweg über das mit dem Kreml-Regime Wladimir Putins eng verbündete Belarus allenfalls eine untergeordnete Rolle.
22.000 illegale Migranten kamen zuletzt über Belarus
Doch FOCUS online kennt die neuesten Aufgriffszahlen – und die geben Anlass zur Sorge.
Wie das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage von Alexander Throm (CDU) mitteilte, stellte die Bundespolizei zwischen dem 1. Januar 2022 und dem 30. April 2024 insgesamt 22.021 unerlaubt eingereiste Personen fest, „die auf der Migrationsroute über Belarus nach Deutschland gekommen sind“.
Demnach wurden in jedem Quartal durchgehend mindestens 1100 illegale Migranten registriert, die über Belarus kamen (bei uns auch als Weißrussland bekannt), mitunter deutlich mehr. Allein im vierten Quartal 2022 waren es 3701, im zweiten Quartal 2023 sogar 5752.
Die Menschen stammten überwiegend aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, Jemen und Indien, aber auch aus afrikanischen Staaten wie Ägypten, Somalia, Eritrea und Äthiopien. Wie viele der festgestellten Personen im Besitz von russischen oder weißrussischen Visa waren, konnte das Ministerium nicht sagen.
April 2024: Sprunghafter Anstieg der Zahlen
Ein Trend ist beunruhigend: Im ersten Quartal dieses Jahres kamen 464 illegale Migranten über die Belarus-Route nach Deutschland. Im April waren es mit 865 schon fast doppelt so viele wie in den drei Monaten zuvor!
Besonders auffällig ist die rasant gestiegene Zahl der Eingereisten aus Afghanistan. Waren es im gesamten ersten Quartal noch 68, registrierte die Bundespolizei allein im April 289 – mehr als viermal so viele.
Ähnliches gilt für Schutzsuchende aus Somalia. In den ersten drei Monaten dieses Jahres kamen 34 Menschen aus dem afrikanischen Land über die Belarus-Route zu uns, im April waren es mit 106 dreimal so viele.
Die größte Gruppe (knapp 6500) während der gesamten Zeit seit Januar 2022 bilden Menschen aus Syrien. Es folgen Afghanistan (5335) und Ägypten (1743).
Erinnerungen an die Zustände im Sommer 2021
Der erneute Anstieg der Flüchtlingszahlen auf der Belarus-Route weckt Erinnerungen an die Zustände im Sommer 2021, ist aber von den Dimensionen nicht vergleichbar. Die belarussische Regierung hatte damals die Einreisebedingungen für Menschen vor allem aus dem Nahen Osten deutlich erleichtert, denen anschließend die Weiterreise in die EU in Aussicht gestellt wurde.
Mit der Instrumentalisierung von Migranten wollte die Regierung von Machthaber Alexander Lukaschenko das Ende der EU-Sanktionen bewirken. Die polnische und die litauische Regierung verschärften daraufhin ihre Grenzkontrollen zu Belarus.
Die FOCUS online vorliegende Bilanz der Bundespolizei belegt unterdessen, dass weiterhin eine Vielzahl von Migranten über Belarus in Richtung Europäische Union gelangen.
CDU-Innenpolitiker Throm will harte Konsequenzen
Alexander Throm, innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, warnt im Gespräch mit FOCUS online: „Die Bundesregierung muss endlich hart gegen den Missbrauch des Asylrechts durch Putin und Lukaschenko zur hybriden Kriegsführung gegen Deutschland vorgehen. Diese wollen Deutschland nur destabilisieren.“
Laut Throm ist ein rigoroser Kurs in dieser Frage unausweichlich. „Es geht um die Verteidigung unsere Demokratie. Hier brauchen wir knallharte Konsequenzen.“
Auch die Migranten seien nicht unschuldig. „Sie lassen sich in vollem Bewusstsein von Putin und Co. als Werkzeug dieser hybriden Kriegsführung benutzen. Deshalb muss gelten: Wer über Russland oder Belarus nach Deutschland und Europa kommt, erhält keinen Flüchtlingsstatus und keine Bleibeperspektive.“
Throm zu FOCUS online: „Gegebenenfalls muss man genau hier versuchen, mit einer Drittstaatsregelung zu beginnen und die Flüchtlinge, die über diese Route kommen, konsequent in einen Drittstaat abschieben.“
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