Kommentar zum Koalitionsstreit: Die letzte Frage, die ein Kanzler stellen will

Putin wird sich manchmal kneifen müssen, um sicher zu sein, dass er das alles nicht nur träumt. Aus seiner Sicht entwickeln sich im Westen traumhafte politische Verhältnisse. In Amerika scheint die Rückkehr Trumps an die Macht mit jeder Woche wahrscheinlicher zu werden. Der französische Präsident, der mit der Entsendung von eigenen Truppen in die Ukraine gedroht hatte, entmannt sich gerade selbst. Der britische Premierminister und seine Partei gehen einer Wahlniederlage entgegen.

Und das Regierungsbündnis in Berlin bleibt nur noch zusammen, weil die drei von Schwindsucht geplagten Koalitionäre den Untergang in einer vorgezogenen Wahl fürchten. Das hindert sie aber nicht daran, von einem Streit in den nächsten zu taumeln und dabei auch mit Bruch zu drohen, wie es jetzt Kubicki im Disput über den Haushalt für nächstes Jahr tut.

Putin hat die Ampel aus dem Paradies vertrieben

Da geht es nicht nur um viel Geld, sondern auch um zentrale, aber unvereinbare politische Glaubenssätze der drei Parteien. Als es Deutschland auch dank der billigen Energie aus Russland wirtschaftlich noch gut ging und die Steuerquellen des Staates sprudelten, konnten alle drei Parteien auch programmatisch aus dem Vollen schöpfen. Putins Krieg hat die Ampel aus diesem Paradies vertrieben.

Mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, ohne anderswo zu kürzen – das ginge nur über eine Ausweitung der Verschuldung, zu der SPD und Grüne greifen würden, um insbesondere die Sozialleistungen nicht antasten zu müssen. Mit der FDP ist eine Flucht in den Kredit, welche die Spielräume des Staates weiter reduzieren und die Belastung der nachfolgenden Generationen vergrößern würde, aber nicht zu machen.

Als kleinste Partei muss die FDP große Töne spucken, um ernst genommen zu werden. Kubicki ist dafür der Richtige. Kompromissloses Auftreten verkleinert aber auch den Raum für Kompromisse. Auf die Quadratur des Kreises, die die Ampel nun bis zur Monatsmitte vorstellen will, darf man gespannt sein. Denn eines ist klar: Die letzte Frage, die ein Kanzler stellen will, ist die nach dem Vertrauen.

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