Freie Wähler in Sachsen: „Wir denken nicht parteipolitisch“

Herr Berger, Sie sind Oberbürgermeister von Grimma und haben für die Freien Wähler ein Direktmandat im sächsischen Landtag gewonnen. Hat Sie das überrascht?

Ich habe hier mit meinem Team in Grimma die Jahrhunderthochwasser im Jahr 2002 und 2013 gut gemeistert und habe da als Oberbürgermeister schon eine gewisse Akzeptanz bei den Leuten, insofern war das nicht ganz unerwartet.

Nehmen Sie das Mandat an?

Das ist eine schwierige Frage. Ich wollte eigentlich den Freien Wählern helfen, um als Fraktion in den sächsischen Landtag zu kommen und da wieder mal bürgerlich-konservative Politik zu machen. Wir machen uns große Sorgen. Der CDU in Sachsen fehlen einfach Kanten und klare Visionen. Diese letzten Jahre hier des Schwarz-Rot-Grün haben uns nicht gutgetan. Da war der Anspruch: Wir gehen rein, bilden eine Fraktion und bilden mit der CDU im Zweifel gemeinsam eine Regierung, so ähnlich wie in Bayern. Jetzt bin ich allein, und das macht die Entscheidung schwieriger.

Sie sind allein, weil die Freien Wähler nur 2,3 Prozent der Zweitstimmen erreicht haben. Würde ein anderer Freier Wähler nachrücken, wenn Sie das Mandat nicht annehmen?

Ein Nachrücker hätte nicht die Legitimation eines Direktkandidaten.

Das ist das moralische Dilemma, der hätte nicht die mir sehr wichtige direkte Unterstützung der Bevölkerung, und darauf kommt es an.

Bis wann wollen Sie entscheiden?

Es gibt noch kein endgültiges Ergebnis, deswegen kann ich noch gar nicht entscheiden, man hat sich da ja auch irgendwie verrechnet, was verheerend ist für Sachsen, weil die Leute nun glauben: Da haben sie so lange gerechnet, bis etwas rauskommt, was ihnen nützt.

Sie sprechen an, dass der Landeswahlleiter die Sitzverteilung wegen eines Softwarefehlers korrigieren musste. Dadurch hat die AfD nun keine Sperrminorität mehr und nur 40 statt 41 Sitze. Könnten Sie sich vorstellen, mit der AfD zu stimmen?

Wir werden Entscheidungen mit den Freien Wählern gemeinsam immer davon abhängig machen, was das konkret bedeutet in dem Moment für dieses Land. Wir denken nicht parteipolitisch. Die anderen denken darüber nach, was es für die Partei bedeutet. Wir denken darüber nach, was es für das Land bedeutet. Es bleibt dabei: Eine gute Idee ist eine gute Idee.

Die sächsischen Freien Wähler schließen anders als die Bundespartei eine Kooperation mit der AfD nicht aus. Gibt es Positionen der AfD im sächsischen Landtag aus der Vergangenheit, denen Sie zugestimmt hätten?

Das kann ich aus der Erinnerung heraus jetzt nicht sagen, ich wüsste keinen Fall, wo ich begeistert gewesen wäre, aber ich weiß nicht, was die Zukunft bringt.

Ist die AfD schon auf Sie zugekommen?

Natürlich haben viele Leute hier angerufen, aber da kann ich zu den Einzelheiten nichts sagen.

Das BSW hat Aussichten, zur nächsten Regierung zu gehören. Wie finden Sie das?

Das BSW ist nichts anderes als ein Polit-Avatar mit Leuten, die bei den Linken nichts geworden sind, geführt von einer Frau Wagenknecht, die ich jetzt nicht weiter bewerten will. Das BSW ist extrem gepusht worden von den ganzen links-grünen Medien, deren Annahme war: besser ein Linkspopulist als ein Rechtspopulist. So ist das BSW groß geworden. Wenn die CDU jetzt zusammengeht mit dem BSW und der SPD, dann verliert sie noch mehr ihr konservativ-bürgerliches Profil, und dann wird spätestens in fünf Jahren die AfD stärkste Kraft sein.

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