London reduziert Waffenverkäufe an Israel

Es gebe ein großes Risiko, dass die Waffen dazu genutzt werden könnten, „einen schweren Verstoß gegen internationales Menschenrecht zu erleichtern“, sagte am Montag der britische Außenminister David Lammy im Parlament in London. Angesichts des Ausmaßes des Konflikts sei es die Pflicht der Regierung, Großbritanniens Exportlizenzen zu überprüfen, sagte Lammy.

Er betonte, dass es sich nicht um eine Feststellung von Unschuld oder Schuld handle und dass die Situation weiterhin beobachtet werde. „Wir haben nicht darüber geurteilt und können auch nicht darüber urteilen, ob Israel gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen hat“, sagte er. Großbritannien sei „kein internationales Gericht“. Lammy bekräftigte Israels Recht auf Selbstverteidigung und betonte, dass das teilweise Exportverbot keine „wesentlichen Auswirkungen auf die Sicherheit Israels“ haben werde. „Das ist kein pauschales Verbot. Das ist kein Waffenembargo.“

Großbritannien verkauft nicht direkt Waffen an Israel, sondern gewährt Exportlizenzen für Rüstungsunternehmen. Medienberichten zufolge sind auch Kampfjet- und Drohnenteile von der Entscheidung betroffen. Laut dem britischen „Guardian“ sind zwar keine Teile für das F-35-Joint-Fighter-Strike-Programm umfasst, es sei denn, von Großbritannien gelieferte Teile sind speziell für einen Jet bestimmt, der ausschließlich von Israel verwendet wird.

Demos und Streik legen Land lahm

Die britische Entscheidung ist eine schlechte Nachricht für Israel, allerdings gehört Großbritannien nicht zu den wichtigsten Exporteure Israels. Viel mehr Druck lastet auf Israels Regierung durch die eigene Bevölkerung. Ein großer Streik legte am Montag weite Teile des öffentlichen Lebens lahm, um die Regierung Netanjahus zu einem Abkommen zur Freilassung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der Hamas zu drängen.

In vielen Städten blieben Behörden geschlossen, zahlreiche Bus- und Straßenbahnen fielen aus oder fuhren nur eingeschränkt. Auch der Betrieb von Israels wichtigstem und größtem Flughafen Ben Gurion war vorübergehend beeinträchtigt.

Demos und Streiks legen Israel lahm

Die Ermordung von sechs Geiseln im Gazastreifen sorgt für Trauer, Empörung und Wut auf den israelischen Premier Netanjahu. In Israel hat ein großer Streik weite Teile des öffentlichen Lebens lahmgelegt, um die Regierung von Ministerpräsident Netanjahu zu einem Abkommen zur Freilassung der verbliebenen Geiseln aus der Gewalt der Hamas zu drängen.

Arbeitsgericht gibt Regierung recht

Vor dem Arbeitsgericht verzeichnete die Regierung aber dann einen Erfolg: Der rechtsextreme Finanzminister Besalel Smotritsch hatte das Verbot des Streiks, zu dem Israels größte Gewerkschaft Histadrut aufgerufen hatte, beantragt. Das Arbeitsgericht gab der Regierung recht und erklärte den Streik für nicht rechtmäßig. Es handle sich um einen politischen Streik, so das Argument. Die Richterin hatte laut einem israelischen Reporter bei der Verhandlung Tränen in den Augen, da sich im Saal auch Angehörige von Geiseln befanden.

Trotz deren Aufrufen, beide Seiten sollten einen Kompromiss finden, einigten sich Regierung und Gewerkschaft nicht. Diese hatte zuvor angeboten, den Streik eintägig abzuhalten und am Abend zu beenden.

Parallel gingen die Demos auch am Montag weiter. Bei den größten Massenprotesten seit Beginn des Gaza-Krieges hatten Medienberichten zufolge Hunderttausende Sonntagabend ein sofortiges Abkommen mit der islamistischen Hamas gefordert. In Jerusalem und Tel Aviv zogen mindestens eine halbe Million Menschen auf die Straße. Zuvor hatte das Militär die Leichen von sechs Geiseln in einem Tunnel im südlichen Gazastreifen gefunden.

Demonstration in Jerusalem

Reuters/Ronen Zvulun
Auch am Montag gingen die Proteste gegen die Regierung weiter

Montagmittag gingen wieder Tausende Menschen in Tel Aviv auf die Straße, um den Druck auf die Regierung möglichst weiter zu erhöhen. Auch zahlreiche Straßenkreuzungen im ganzen Land wurden besetzt. Bei den Demos gab es neben der seit Monaten bekannten scharfen Kritik an Netanjahu, dem die Kritiker vorwerfen, die Geiseln ganz bewusst zum eigenen Machterhalt dem Tod auszuliefern, auch deutliche Worte gegen Oppositionsführer Jair Lapid. Als dieser auftrat, warfen ihm die Demonstranten vor, ebenfalls nicht genug für die Befreiung der Geiseln zu tun.

Der rechtsextreme Innenminister Itamar Ben-Gvir machte am Montag öffentlich vor eigenen Unterstützern klar, dass er in der Regierung alles dafür tue, dass es keinen Deal mit der Hamas geben werde. Die Folgen für die Geiseln erwähnte er mit keinem Wort.

Biden kritisiert Netanjahu

Am Montag zweifelte US-Präsident Joe Biden an Netanjahus Ernsthaftigkeit. Auf die Frage, ob der israelische Ministerpräsident genug tue, um ein solches Abkommen zu erreichen, antwortete der US-Präsident in Washington mit Nein. Indirekte Verhandlungen über die Vermittler Katar und Ägypten sowie die USA in dem seit fast elf Monaten andauernden Krieg mit der Hamas kommen nicht voran.

Der Vater der getöteten Geisel Karmel Gat brachte im Interview mit dem öffentlich-rechtlichen Radiosender Reschet Bet die Kritik an Netanjahu folgendermaßen auf den Punkt: Die grundsätzliche Frage, die sich stelle, sei: Ist Netanjahu bereit, seinen Job zugunsten des Lebens der Geiseln zu opfern? Er wisse es nicht, aber dass sich die israelische Öffentlichkeit bei der Antwort nicht sicher sei, zeige die ganze Dimension des Problems auf. Netanjahu „führt uns nicht, er herrscht über uns“.

Netanjahu bittet um Vergebung

Netanjahu reagierte am Abend in einer im Fernsehen übertragenen Pressekonferenz. „Ich bitte Sie um Vergebung, dass ich sie nicht lebend zurückgebracht habe“, sagte Netanjahu. „Wir waren nah dran, aber es ist uns nicht gelungen.“

Die Hamas drohte für den Fall, dass Israel weiterhin militärischen Druck ausübt. Netanjahus „Hartnäckigkeit“ bedeute, „dass sie in Särgen zu ihren Familien zurückkehren werden“, erklärte der Sprecher des bewaffneten Arms der Hamas, der Al-Kassam-Brigaden, Abu Obeida.

Letzter Vermittlungsversuch?

Nach Informationen der „Washington Post“ wollen die Vermittler den Konfliktparteien in den kommenden Wochen ein letztes Mal einen Vorschlag für ein Abkommen vorlegen. Sollten beide Seiten auch diesen wieder nicht akzeptieren, könnte es das Ende der Verhandlungen bedeuten, wurde ein ranghoher Beamter der Biden-Regierung zitiert.

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