Powells Doppel-Coup ist eine klare Botschaft an Donald Trump

Die US-Zentralbank Fed hat mit ihrem Schnitt um 50 Basispunkte ihren Leitzins so stark gesenkt wie selten zuvor. Früher folgte darauf meist eine Rezession – doch diesmal gibt es Grund zur Beruhigung. Zugleich sandte der Fed-Chef vor den Wahlen ein klares Signal an die Politik.

Mit ihrem großen Zinsschritt um einen halben Prozentpunkt nach unten hat die amerikanische Notenbank Federal Reserve viele überrascht. Mit der Maßnahme hat die Fed nicht nur die erste Zinssenkung seit fünf Jahren vollzogen. Der große Schritt ruft auch Erinnerung an vergangene Dekaden wach, in denen auf eine derart kräftige Zinswende nach unten in den meisten Fällen ein ebenfalls kräftiger Abschwung der Wirtschaft folgte.

Von den sechs großen Zinssenkungszyklen der vergangenen vier Dekaden endeten vier mit einer Rezession – auch wenn dabei zum Teil externe Schocks wie die Corona-Pandemie eine Rolle gespielt haben, auf die eine Notenbank keinen Einfluss hat.

Auch diesmal ist die Sorge davor, dass die Fed zu spät dran sein könnte, nicht ganz unbegründet. Vor allem der US-Arbeitsmarkt schwächelt seit längerer Zeit. Von ihm wiederum hängt aber ab, wie sich die Binnenkonjunktur entwickelt, denn zwei Drittel der US-Wertschöpfung hängen am Verbraucher. Der nun gefasste große Schritt hat deshalb gleich mehrere Vorteile.

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Zum einen hat die Fed auf diese Weise die Chance, wieder „vor die Kurve“ zu kommen, also agieren zu können, statt eine Geldpolitik im Rückspiegel zu betreiben, wie ihr das seit dem Sommer vorgeworfen worden ist.

Zum anderen ist Fed-Chef Jerome Powell das Kunststück gelungen, eine große Zinssenkung zu verkünden und trotzdem glaubhaft zu vermitteln, dass die US-Wirtschaft stabil ist. Die Fed hat auf diese Weise kurz vor der bevorstehenden US-Präsidentschaftswahl Anfang November die Börsen stabilisiert und damit an Beinfreiheit gewonnen. Weitere Zinssenkungen sind zwar eingepreist, aber nach Lage der Dinge nicht mehr so akut nötig.

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Und auch politisch hat der Fed-Chef einen wichtigen Punkt gemacht, indem er den früheren US-Präsidenten Donald Trump, der im November erneut ins Weiße Haus einziehen will, klar in die Schranken gewiesen hat. Trump hatte der Fed wegen der kräftigen Senkung politische Parteinahme zugunsten der Demokraten vorgeworfen und auch während seiner Amtszeit immer wieder Druck auf die Fed ausgeübt.

Powell – der einst von Trump in das Amt berufen wurde – hat nun kühl darauf verwiesen, dass Länder mit unabhängigen Zentralbanken eine niedrigere Inflationsrate aufweisen. Das ist, wenn man so will, das ultimative Signal an die Politik, die Finger aus dem Spiel zu lassen, wenn es um das heikle Thema Geldpolitik geht – ganz unabhängig davon, wer im November das Rennen um das Weiße Haus gewinnt. Denn alles andere käme eine Volkswirtschaft teuer zu stehen.

Anja Ettel ist Korrespondentin für Wirtschaft und Finanzen in Frankfurt. Sie berichtet über die Pharma- und Chemieindustrie, Biotechnologie, Konjunktur und Geldpolitik. Sie ist außerdem Co-Host des WELT-Podcasts „Alles auf Aktien“.

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