Bodeneinsatz im Libanon steht bevor: Israelische Armee warnt Einwohner

In einer Videobotschaft an die iranische Bevölkerung hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Montag betont, es gebe im Nahen Osten keinen Ort, den sein Land nicht erreichen könne.

„Fragt Mohammed Deif. Fragt Nasrallah„, sagte er in Bezug auf die gezielt getöteten Führer von Hamas und Hisbollah. Es gebe keinen Ort, an den Israel nicht gehen würde, „um unser Volk und unser Land zu beschützen“.

Bodenoffensive steht kurz bevor

Israel hat in Folge die USA nach Angaben des Außenministeriums in Washington über „begrenzte“ Bodeneinsätze gegen die Hisbollah im Libanon informiert. „Sie haben uns zu diesem Zeitpunkt gesagt, dass es sich um begrenzte Operationen handelt, die auf die Infrastruktur der Hisbollah nahe der Grenze zielen“, sagte Ministeriumssprecher Matthew Miller am Montag in Washington. Es war nicht unmittelbar klar, ob die Bodeneinsätze bereits im Gange oder erst noch geplant waren.

Miller lehnte es ab, weitere Angaben zu den Gesprächen mit Israel zu machen und sagte, es bleibe Israel überlassen, „über seine militärischen Operationen“ zu informieren. Fast zeitgleich mit den Angaben des US-Außenamtssprechers veröffentlichte die israelische Armee eine Mitteilung, wonach sie in drei Grenzorten im Norden Israels eine „militärische Sperrzone“ errichtet hat. Betroffen seien die Gebiete um Metula, Misgav Am und Kfar Giladi. „Das Betreten dieser Zone ist verboten“, hieß es in der Mitteilung der Armee.

„Unverantwortliche Gerüchte“ kursieren

Israels Armeesprecher Daniel Hagari warnte auf der Plattform X davor, „unverantwortliche Gerüchte“ zu verbreiten. Es gebe zahlreiche Berichte und Gerüchte über Aktivitäten der Armee an der libanesischen Grenze. Aus Sicherheitsgründen werde darum gebeten, keine Berichte über Truppenbewegungen zu verbreiten und sich an offizielle Mitteilungen zu halten, so Hagari. Nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen vom späten Montagabend befanden sich zumindest vorerst keine israelischen Panzer nahe der gemeinsamen Grenze. Israelische Panzer hätten sich bisher nicht der sogenannten Blauen Linie – der Grenze – genähert, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Sicherheitskreisen im Libanon.

Zugleich hieß es, es gebe schwere Angriffe des israelischen Militärs in der Nähe des Litani-Flusses, der etwa 30 Kilometer nördlich der Grenze liegt. Israelische Kampfflugzeuge seien im Südlibanon zu hören gewesen.

Israelische Armee warnt Einwohner im Süden von Beirut

Ein Sprecher der israelischen Armee hat über soziale Medien Einwohner der südlichen Vororte von Beirut zum Verlassen ihrer Häuser und Wohnungen aufgefordert. Wer in Gebäuden lebe, die auf einer in diesen Posts verbreiteten Karte eingezeichnet waren, befinde sich in der Nähe von Einrichtungen der Hisbollah, hieß es am Montagabend weiter. Das israelische Militär werde gewaltsam gegen diese Einrichtungen vorgehen.

Aus Sicherheitsgründen seien die Bewohner im Umkreis von 500 Metern aufgerufen, ihre Häuser sofort zu verlassen, so die Warnung. Ähnlich war das israelische Militär in der Vergangenheit bereits im Gazastreifen vor Luftangriffen auf Hamas-Einrichtungen vorgegangen, um zivile Opfer möglichst zu vermeiden.

Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant hatte zuvor von einer unmittelbar bevorstehenden neuen Phase des Krieges an der Grenze zum Libanon gesprochen und damit Spekulationen über eine bevorstehende israelische Invasion genährt. „Die nächste Phase im Krieg gegen die Hisbollah beginnt bald“, hieß es am Montag in einer Mitteilung seines Büros. Gallant sprach zudem vor Soldaten von dem Kriegsziel, den aus dem Grenzgebiet geflohenen Israelis die Rückkehr zu ermöglichen. Am Montag trat auch das Sicherheitskabinett von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu zusammen.

Netanjahu sendet auch Friedensworte

Die Regierung in Teheran bringe die iranische Bevölkerung täglich „näher an den Abgrund“, sagte der israelische Premier zuvor in seiner Videobotschaft. 

Zugleich fand Netanjahu versöhnliche Worte an die Iraner, verbunden mit der Hoffnung auf einen Machtwechsel in Teheran: „Wenn der Iran endlich frei ist – und der Moment ist näher, als die Leute glauben -, wird alles anders sein“, versicherte er. „Zwei alte Völker, das jüdische und das persische, werden endlich im Frieden sein.“

Führung im Iran würde Region ins Unglück stürzen

Für den Iran werde eine neue Blüte anbrechen. „Klingt das nicht besser als endlose Armut, Unterdrückung und Krieg?“, fragte Netanjahu und forderte: „Lasst nicht zu, dass eine kleine Gruppe fanatischer Gotteskrieger eure Hoffnungen und Träume zertrümmert.“ 

Der iranischen Führung, die die Region täglich tiefer in Krieg und Dunkelheit stürze, sei nicht an der Zukunft der Menschen im Iran gelegen, so Netanjahu. Die Iraner und die ganze Welt hätten Besseres verdient. „Mögen wir gemeinsam eine Zukunft von Wohlstand und Frieden erleben.“

Sondersitzung der EU-Außenminister

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell berief für Montagabend eine Sondersitzung der EU-Außenminister ein, um die Reaktion der Europäischen Union auf die jüngste Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz zu erörtern. Die informellen Beratungen sollten per Videokonferenz abgehalten werden.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sagte im Vorfeld der Gespräche in einem Interview mit dem ORF, dass eine gemeinsame Haltung gefunden werden müsse. Es handle sich um eine „brandgefährliche Eskalation“, die „unmittelbar vor unserer Haustüre“ stattfinde. „Und ich glaube, es muss allen klar sein, dass es eine Illusion ist zu glauben, man könne im Nahen Osten mit dem Feuer spielen und es entsteht kein Flächenbrand und man kann es unter Kontrolle halten.“

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