Trumps Wahlsieg spaltet die Börsenwelt – auch am Frankfurter Aktienmarkt. So profitierten die Papiere einiger DAX-Konzerne von der Aussicht auf den neuen US-Präsidenten, andere stürzten dagegen ab.
Die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten in den USA spaltet nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Anlegerinnen und Anleger an der Börse. Während die Papiere einiger DAX-Konzerne in der vergangenen Woche wegen der möglichen Veränderungen der US-Wirtschaftspolitik Kursverluste hinnehmen mussten, konnten andere an Wert gewinnen. Viele Analysten und andere Marktteilnehmer sprechen vom sogenannten Trump-Effekt, die Strategen der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) gar vom „Gamechanger Trump“.
Beim Blick auf die Kursentwicklung der Aktien von DAX-Unternehmen nach der US-Wahl wird schnell deutlich: Es gibt mehr Verlierer als Gewinner. „Es ist doch sehr auffällig, dass weit mehr DAX-Aktien ins Minus rutschten als ins Plus“, sagt Andreas Hackethal, Professor für Finanzen an der Goethe-Universität Frankfurt. Das sei ein starkes Signal, dass die meisten deutschen Firmen eher unter Trumps Politik leiden als profitieren werden.
Autobauer unter Druck
Mit Abstand größter DAX-Verlierer in der Woche vom 6. November bis zum 13. November war Bayer. Das hat aber wohl andere Gründe. So berichtete der Agrarchemie- und Pharmakonzern am Dienstag von einem Milliardenverlust im dritten Quartal und senkte seine Prognose für das Gesamtjahr. Der Aktienkurs des DAX-Konzerns brach daraufhin um rund 15 Prozent ein – auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Auf Wochensicht fällt das Minus ähnlich hoch aus.
Eine größere Rolle dürfte die bevorstehende zweite Amtszeit Trumps bei den Kursverlusten der Autobauer gespielt haben. Sowohl BMW und Mercedes-Benz als auch Volkswagen und Porsche gehörten zu den zehn schwächsten DAX-Werten nach der Wahl. „Die Sorgen um Strafzölle von zehn bis 20 Prozent auf europäische Autos in den USA sind bestimmt ein Grund für die schwache Kursentwicklung deutscher Autobauer“, meint Hackethal gegenüber tagesschau.de. Trumps angekündigte Maßnahme könnte die Krise der Hersteller verschärfen, die schon jetzt unter einer schwachen Nachfrage und der schwierigen Umstellung auf Elektroautos leiden.
„Das Engagement der europäischen Autohersteller in den USA schwankt zwischen zehn Prozent und 30 Prozent in Bezug auf den Fahrzeugabsatz im Jahr 2023“, berichtet Morningstar-Analystin Rella Suskin. Sie sieht vor allem Porsche unter Druck, weil die VW-Tochter rund ein Drittel des Umsatzes in den USA erwirtschafte, aber anders als ihre Konkurrenten über keine Produktionskapazitäten vor Ort verfüge.
Exportorientierte Unternehmen als Verlierer
Tendenziell dürfte der unter Trump erwartete Protektionismus der USA vor allem exportorientierte Unternehmen treffen. „Die USA sind der größte und wichtigste Abnehmer von Produkten ‚Made in Germany'“, erklärt Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Trump will die heimische Wirtschaft stärker unterstützen und schützen – auf Kosten anderer Länder. Ausländische Wettbewerber könnten somit benachteiligt werden, damit US-Anbieter besser abschneiden als die Konkurrenz.
„Für die Exportnation Deutschland ist das fatal“, sagt Christina E. Bannier, Professorin für Banking & Finance an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Gespräch mit tagesschau.de. Besonders negativ wirke derzeit, dass noch nicht absehbar ist, wie hoch die Zölle sein werden und welche Folgen sich weltweit daraus ergeben. „Das heißt, ob ein regelrechtes Zoll-Hochrüsten in Gang kommt, sodass eben nicht nur für den deutschen Export in die USA Zölle zu berücksichtigen sind, sondern auch für den Export in andere Länder.“ Besonders fokussiert auf den Export sind im DAX neben den Autobauern unter anderem BASF, Merck oder auch Siemens – deren Aktien allesamt im Minus lagen.
Zusätzlich zu den Strafzöllen, die nicht nur für Autos gelten sollen, zählen Exportverbote für Halbleiter und Technologie zu den möglichen Maßnahmen Trumps. Darüber hinaus stehen Steuersenkungen für amerikanische Firmen, Deregulierung und eine lockerere Handhabung bei Fusionen und Übernahmen im Raum. Für viele US-Unternehmen dürfte der wirtschaftsfreundliche Republikaner daher durchaus Vorteile mit sich bringen. Experte Hackethal nennt dahingehend etwa Banken und Tech-Firmen. Das zeigte sich zuletzt auch an der Entwicklung der US-Börsen.
Steuersenkungen helfen auch deutschen Konzernen
So katapultierte der Trump-Sieg die Aktienkurse von US-Banken in die Höhe. Goldman-Sachs-Papiere zogen dank der Aussicht auf eine lockerere Finanzmarktregulierung um mehr als zwölf Prozent und JPMorgan-Aktien um fast zehn Prozent an. Auch für Tesla-Investoren war der Wahlsieg ein Festtag – die Titel schossen kurzfristig um mehr als 13 Prozent nach oben. Zudem beflügelte Trumps Erfolg die US-Stahlindustrie und die US-Chipbranche. Aktien von Nvidia, Qualcomm & Co. gehörten zu den großen Gewinnern, Intel gewann über sieben Prozent. Im Rahmen seines „America First“-Gedanken erwarten Fachleute, dass er US-Firmen besonders bei der Stahl- und Halbleiterherstellung Vorrang einräumen wird.
Im Sog der US-Technologiebörse Nasdaq konnten auch die deutschen Tech-Konzerne Infineon und SAP zulegen. „Trump fördert die US-Techfirmen, und das wirkt sich möglicherweise positiv auf die Nachfrage nach Halbleitern von Infineon aus“, erklärt Hackethal. Finanzprofessorin Bannier rechnet außerdem mit schnellen Effekten durch sinkende Steuern – eines der Hauptziele von Trump: „Das wird sich positiv auswirken auf alle Gewinne von Unternehmen, die Geschäft in oder mit den USA machen – auch für deutsche Unternehmen mit starkem US-Geschäft wie SAP.“
Weitere deutsche Firmen könnten infolge der Steuersenkungen von einem starken Wachstum in den USA profitieren – vor allem, wenn sie in Übersee produzieren, da sie dann von Zöllen ausgenommen bleiben. Dazu zählt dank ihrer US-Tochter die Deutsche Telekom, Fresenius Medical Care, Hochtief und auch Heidelberg Materials. Seit 1977 ist der Baustoffkonzern mit seinem zugekauften Ableger Lehigh Cement in den USA aktiv, danach folgten weitere Übernahmen in Kanada. Nordamerika ist für die Heidelberger also ein zentraler Markt, auf dem sie Werke haben. Kein Wunder, dass die Aktie nach der US-Wahl um fast 13 Prozent nach oben kletterte.
Rheinmetall der größte Gewinner
An der DAX-Spitze thronte in den Tagen nach der Wahl aber eindeutig der Rüstungskonzern Rheinmetall – mit einem satten Plus von knapp 20 Prozent. „Rheinmetall profitiert von den Erwartungen an erhöhte Rüstungsausgaben, insbesondere wenn die US-Politik Deutschland zu höheren Verteidigungsausgaben veranlasst – entweder durch direkten Druck oder indirekt, weil Europa mit weniger US Schutz rechnen und daher schneller aufrüsten muss“, erklärt Hackethal.
Auch nach Einschätzung des Rheinmetall-Chefs wird sich die Wahl positiv auswirken. Trump werde Druck machen, damit die Europäer eigenständiger werden und mehr in ihre Verteidigung investieren, sagte Armin Papperger kürzlich bei der Präsentation von Geschäftszahlen in Düsseldorf. „Da Trump Europa in ein neues sicherheitspolitisches Zeitalter versetzt, ist klar, dass Rüstungskonzerne in Europa von seiner Wahl profitieren werden“, meint auch Bannier.
Erneuerbare Energien im Hintertreffen
Doch auch andere Konzerne im DAX verzeichneten Kursgewinne oder zumindest keine Verluste. Einige von ihnen sind sehr binnenorientiert und müssen daher keine Zölle fürchten. So haben zum Beispiel Vonovia und Zalando kein nennenswertes Geschäft in den USA, sodass sich die Papiere nur wenig bewegten. Auch die Commerzbank und E.ON haben das nicht, die Aktien notierten auf Wochensicht aber dennoch fünf beziehungsweise über vier Prozent im Minus.
Für den Energieversorger könnte sich der Wahlausgang in den USA nämlich negativ auswirken, da Trump als Befürworter der fossilen Energiequellen bekannt ist. E.ON hatte jedoch zuletzt die Investitionen auf 2,9 Milliarden Euro gesteigert – vor allem im Bereich der Erneuerbaren Energien wenden die Essener hohe Summen auf. Konzernchef Leonhard Birnbaum hatte im Sommer betont, dass E.ON als größter Verteilnetzbetreiber Europas eine Schlüsselrolle in der Energiewende spiele und plane, die Infrastruktur auszubauen und die Dekarbonisierung voranzutreiben.
Bei Konkurrenten RWE fielen die Kursverluste zwar geringer aus. Doch auch Deutschlands größter Stromerzeuger fürchtet Einschränkungen durch den Trump-Sieg. „Nach dem Wahlausgang in den USA sind die Risiken für Offshore-Windprojekte größer geworden“, teilte RWE jüngst mit. Dies betreffe auch das Offshore-Windprojekt vor der Ostküste der USA, das sich aufgrund ausstehender Genehmigungen zeitlich verschieben könne. Trotzdem betonte der Konzern, er werde Erneuerbare Energien weiter fördern.
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