1000 Tage Ukraine-Krieg: Nach Trump-Wahlsieg erste Signale für Gespräche
Dienstag, 19. November, 06.47 Uhr: Der Wahlsieg von Donald Trump und die damit verbundene Aussicht auf einen Wechsel in der Ukraine-Politik des Weißen Hauses hat zuletzt Einiges in Bewegung gebracht. Tausend Tage nach dem Beginn des Ukraine-Krieges sind Signale hinsichtlich einer Aufnahme von Verhandlungen zur Beendigung des Konfliktes wahrnehmbar. Trump hat bei jeder Gelegenheit klargemacht, dass er nicht die Absicht hat, noch viel mehr Geld in die Ukraine zu investieren. Dass die USA als wichtigster Geldgeber absehbar ausfallen, könnte die Ukraine an den Verhandlungstisch zwingen.
Nachdem er mit dem künftigen US-Präsidenten telefoniert hatte, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Ende vergangener Woche, es sei „sicher, dass der Krieg mit der Politik des Teams, das jetzt das Weiße Haus führen wird, früher enden wird“. Einen Tag danach sagte Selenskyj, er strebe eine Beendigung des Krieges im kommenden Jahr „mit diplomatischen Mitteln“ an. Parallel dazu versuchte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), den Gesprächskanal mit dem Kreml wieder aufzunehmen und telefonierte erstmals seit fast zwei Jahren mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.
„Game changer“: Ukrainischer Außenminister lobt US-Entscheidung zu Raketen
22.43 Uhr: Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha sieht in der US-Erlaubnis zum Einsatz von Raketen gegen Ziele im russischen Hinterland einen möglichen „game changer“. Dies könne die Dinge grundlegend verändern, sagte Sybiha am Montag in New York. „Je länger die ukrainischen Angriffe reichen, desto kürzer wird der Krieg sein.“
Sein Land habe „vollumfänglich das Recht, militärische Ziele auf dem Territorium Russlands anzugreifen“, sagte der Außenminister, der an einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats teilnehmen wollte, die für den 1000. Tag seit Beginn des Ukraine-Krieges angesetzt worden war.
Trump-Umfeld tobt nach Bidens Raketen-Wende
22.00 Uhr: Die mutmaßliche Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat im Lager des designierten US-Präsidenten Donald Trump teils heftige Reaktionen ausgelöst. Richard Grenell, der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, warf US-Präsident Joe Biden vor, den Krieg zu eskalieren. „Es ist, als ob er einen ganz neuen Krieg beginnen würde“, so Grenell. Er galt als aussichtsreicher Anwärter für den Posten des US-Außenministers in Trumps neuer Regierung – Trumps Wahl fiel jedoch auf Senator Marco Rubio.
Der Sohn Trumps, Donald Trump Jr., schrieb auf der Plattform X: „Der militärisch-industrielle Komplex scheint sicherstellen zu wollen, dass der Dritte Weltkrieg beginnt, bevor mein Vater die Chance hat, Frieden zu schaffen und Leben zu retten.“ Andere Republikaner wie der Abgeordnete Roger Wicker warfen Biden hingegen vor, die Entscheidung zu lange verzögert zu haben. Die Republikanische Partei ist bei der Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gespalten.
Der sonst nicht um deutliche Meinungsäußerungen verlegene Trump selbst blieb hingegen nach den Berichten über Bidens Zusage auffällig still. Trump behauptete im Wahlkampf, er könne den Krieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Trumps designierter Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sprach in einem TV-Interview von einem „Schritt auf der Eskalationsleiter“. Kurz vor der Wahl hatte er noch angedeutet, dass eine US-Erlaubnis den Druck erhöhen würde, Kremlchef Wladimir Putin an den Verhandlungstisch zu bekommen.
Moskau warnt Westen vor Waffenfreigabe für Kiew
19.42 Uhr: Das russische Außenministerium hat die westlichen Staaten vor einer Freigabe weitreichender Waffen an die Ukraine gewarnt. Sollte die Ukraine diese Waffen gegen Russland einsetzen, bedeute das eine direkte Verstrickung der USA und ihrer Verbündeten in den Krieg, schrieb die Sprecherin der Behörde, Maria Sacharowa bei Telegram. „Russlands Antwort wird in so einem Fall adäquat und spürbar sein.“ Nähere Details zu einer möglichen Reaktion gab sie nicht preis.
Kremlchef Wladimir Putin hatte Ende Oktober behauptet, ukrainische Soldaten könnten die vom Westen gelieferten Raketen gar nicht bedienen. Daher sei deren Einsatz nur möglich, wenn westliche Experten sie bedienten. Das bedeute, dass die USA und ihre Verbündeten dann direkt Krieg gegen Russland führten, so Putin.
Scholz bleibt bei Nein zu Taurus
18.44 Uhr: Nach Berichten über eine US-Erlaubnis für die Ukraine zum Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von deutschen Taurus-Raketen erneut abgelehnt. „Ich habe sehr klare Gründe, warum ich die Lieferung von Marschflugkörpern Taurus (…) nicht für richtig halte“, sagte Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro. Deutschland müsste sich an der Zielsteuerung beteiligen. „Das ist aber etwas, was ich nicht verantworten kann und auch nicht will.“
Mützenich: Taurus-Ablehnung ist Frage von Integrität
16.35 Uhr: SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat Forderungen nach deutschen Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine zurückgewiesen und sie als unseriöses Wahlkampfmanöver eingeordnet. „Ich bedauere, dass zuerst Herr Merz und jetzt auch noch Herr Habeck die Lieferung von weitreichenden deutschen Raketen an die Ukraine in den beginnenden Wahlkampf ziehen wollen. Ich halte das für fahrlässig und falsch“, sagte Mützenich der „Kreiszeitung Böblinger Bote“. Er sei froh, dass Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von Taurus ausschließe. „Es wäre gut, wenn andere genauso viel Besonnenheit und Integrität an den Tag legen würden.“
Ex-Briten-Minister stinksauer auf Scholz: „Putin hat ihn genau dahin manipuliert, wo er ihn haben wollte“
15.54 Uhr: Der britische Ex-Verteidigungsminister Ben Wallace hat in einem Post auf X (ehemals Twitter) Bundeskanzler Olaf Scholz heftig für dessen Telefonat mit Wladimir Putin kritisiert.
Wallace schreibt: „Scholz‘ Anruf beim Kreml war so ineffizient, dass Putin innerhalb von wenigen Stunden eine illegale Attacke auf die ukrainische Energieinfrastruktur gestartet hat. Mit einer Aktion hat Scholz die Einigkeit des Westens untergraben, Schwäche gezeigt und Russland ermutigt. Es ist, als würde Putin ihn auslachen“.
Der Ex-Minister schreibt weiter: „Putin hat Scholz genau dahin manipuliert, wo er ihn haben wollte: Kein Taurus, aber jede Menge Demütigung“. Sein knallhartes Fazit: „Scholz wäre besser geeignet, einen Unterausschuss in einem Gemeinderat zu leiten als eine Bundesregierung“.
Wallace war bis zum 31. August 2023 britischer Verteidigungsminister.
Scholz lehnt Taurus-Lieferung an Ukraine weiter ab
14.43 Uhr: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hält an seinem Nein zur Lieferung weitreichender Marschflugkörper vom Typ Taurus an die Ukraine auch nach der Kursänderung der US-Regierung fest. „Ja, die Bundesregierung war darüber informiert und nein, es hat keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Bundeskanzlers, Taurus nicht zu liefern“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin.
US-Medienberichten zufolge hat der scheidende US-Präsident Joe Biden der Ukraine erstmals erlaubt, taktische Raketen des Typs ATACMS mit einer Reichweite von mehreren Hundert Kilometern gegen Ziele in Russland einzusetzen. Dies soll vor allem bei der Abwehr der Gegenoffensive russischer und möglicherweise nordkoreanischer Truppen gegen den ukrainischen Brückenkopf im Gebiet Kursk helfen.
Eine Sprecherin des deutschen Verteidigungsministeriums sagte, bei von Deutschland gelieferten Waffen „handelt sich dann um ukrainische Waffen, die die natürlich auch im Rahmen des Völkerrechts entsprechend einsetzen darf“. Sie sagte: „Und alle von uns gelieferten Waffen fallen nicht in die Kategorie der weitreichenden Waffen.“
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