Steuerberater schlagen Alarm. Durchschnittlich fast fünf Mandanten einer Kanzlei haben in den vergangenen zwölf Monaten ihr Unternehmen aufgegeben oder – seltener – ins Ausland verlagert. Die Gründe für die Geschäftsaufgaben der Mandanten sind vielfältig. Oft fehlen Nachfolger, doch auch mangelnde Rentabilität und der Personalmangel werden als Gründe genannt, um den Laden dichtzumachen.
Fast ein Drittel der Unternehmen, die ins Ausland gehen, verweisen auf Schwierigkeiten, sich an neue rechtliche und regulatorische Anforderungen anzupassen. Das geht aus dem neuen Branchenmonitor des IT-Dienstleisters der Steuerberater, Datev, hervor.
Exklusive Datev-Umfrage: Hohe Kosten für Maut oder Energie
Die Umfrage unter Steuerberaterkanzleien wirft ein Schlaglicht auf die Schwierigkeiten, mit denen vor allem mittelständische Unternehmen in Deutschland zu kämpfen haben. Datev befragt in der Studie die Steuerberater, die als vertraute Berater im engen Kontakt mit ihren Mandanten stehen, über die Gründe der Unternehmensaufgaben. Mehr als 500 Kanzleien und Berater mit im Schnitt 293 Unternehmensmandaten haben sich daran in den ersten Oktoberwochen beteiligt.
Datev Mittelstandsindex: Entwicklung nach Branchen
Oktober 2024, Veränderung zum Vorjahresmonat in Prozent
„Mangelnde Planungssicherheit durch politische Entscheidungen, die jeder Vernunft widersprechen. Dafür möchten die Mandanten keine Lebenszeit investieren“, begründete ein Steuerberater, warum manche seiner Klienten ihre Unternehmen schlossen. „Viele Mandanten fühlen sich von der Bürokratie überfordert, sodass sie innerlich komplett resignieren“, sagte ein anderer.
Datev Mittelstandsindex: Umsatz
Moniert werden auch fehlende Planungssicherheit und hohe Kosten. „Maut und Kfz-Kosten bei Transportunternehmen, Energiekosten im produzierenden Gewerbe“, machte ein Steuerberater für Unternehmensschließungen verantwortlich. „Völlige Arbeitsüberlastung infolge von Personalmangel beziehungsweise unzuverlässiges Personal“, nannte ein anderer. Unternehmen, die ins Ausland gehen, klagten gegenüber ihren Steuerberatern über immer neue bürokratische Auflagen und die hohen Steuern und Abgaben hierzulande.
Datev Mittelstandsindex: Lohn
Die Unternehmensaufgaben kommen zu einer Zeit, in der die wirtschaftliche Lage der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) angespannt ist. Der Datev-Mittelstandsindex, den die F.A.Z. exklusiv vorab veröffentlicht, zeigt, dass der Umsatz der KMU im Oktober abermals gesunken ist und 4,1 Prozent geringer ist als vor einem Jahr. Besonders betroffen vom Umsatzrückgang sind die kleinsten und kleine Unternehmen.
Datev Mittelstandsindex: Beschäftigung
Doch gibt es erstmals seit Langem einen kleinen Lichtblick. Die größeren der KMU erwirtschafteten im Oktober 1,2 Prozent mehr Umsatz als vor einem Jahr. Mit Ausnahme des verarbeitenden Gewerbes wirkt das in viele Branchen positiv hinein. Robert Mayr, der Vorstandsvorsitzende der Datev eG., sprach von einer sich stabilisierenden Umsatzentwicklung bei den mittelgroßen Unternehmen. „Der Mittelstand operiert aber nach wie vor unter hohem wirtschaftlichen Druck“, sagte Mayr. Er verwies auch auf die Befragung zu den Unternehmensschließungen. Die Politik habe Hausaufgaben zu machen.
Ein Kostentreiber für die kleinen und mittleren Unternehmen bleiben die Lohnkosten, die im Oktober um 5,2 Prozent gegenüber den Vorjahresmonat gestiegen sind. Die Kombination von sinkendem Umsatz und steigenden Löhnen schlägt sich allmählich in der Beschäftigung nieder. Der Beschäftigungsindex fiel in der saisonbereinigten Rechnung um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr und damit das zwei Mal nacheinander.
Die steigenden Arbeitskosten nennen die Steuerberater in dem Branchenmonitor als drittgrößtes Risiko für ihre unternehmerisch tätigen Mandanten. Davor liegen nur noch – mit einigem Abstand – die Überregulierung und der Fachkräftemangel.
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