Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen sind hoch umstritten. Hunderte Abgeordnete wollen sie neu regeln – und so legalisieren. Gelingt das angesichts der Lage nach dem Ampel-Aus noch vor der Wahl?
Der Gruppenantrag zur Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen erfährt immer mehr Unterstützung. Nach Angaben der Grünen-Politikerin Ulle Schauws haben ihn inzwischen 327 Bundestagsabgeordnete als Erstunterzeichner unterschrieben. Anfangs waren es 240.
Schauws sprach von einem „starken Zeichen“. Es liege nun in den Händen des Bundestags, „sich für ein zeitgemäßes Abtreibungsrecht in dieser Legislaturperiode zu entscheiden“. Die Grünen-Politikerin gehört zu den Initiatorinnen des Antrags, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche zu legalisieren.
Die Gruppe hat angekündigt, ihren Antrag in der laufenden Woche ins Parlament einbringen zu wollen. Es gibt aber für diesen Donnerstag und Freitag noch keine Tagesordnung. Sie wird im Laufe des Tages erwartet.
Keine festen Mehrheiten mehr
Schwangerschaftsabbrüche sollen dem Antrag zufolge nicht mehr im Strafrechtsparagrafen 218, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt werden und bis zur zwölften Woche nach der Empfängnis nicht mehr strafbar sein. Anders als die Gruppe zunächst geplant hatte, soll die Beratungspflicht für Frauen beibehalten werden. Es entfällt aber die Wartezeit von drei Tagen zwischen Beratung und Abbruch. Die Kosten sollen die Krankenkassen übernehmen.
In Deutschland werden Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten nicht bestraft, wenn das vorgeschriebene Verfahren mit einer Beratung eingehalten wird. Sie sind aber rechtswidrig und werden daher auch von den Krankenkassen nicht erstattet.
Im Bundestag sitzen 733 Abgeordnete. Nach dem Bruch der Ampelkoalition gibt es allerdings keine festen Mehrheiten mehr. Für einen Erfolg des Gesetzentwurfs bräuchte es Zustimmung oder zumindest Enthaltungen aus der FDP-Fraktion.
FDP-Generalsekretär Buschmann lehnt Reform ab
Der neue FDP-Generalsekretär Marco Buschmann hat eine Reform der Abtreibungsregelung vor den Neuwahlen abgelehnt. Die Frage sei eine der „ethisch und rechtlich komplexesten Fragen überhaupt“, sagte Buschmann am Montagabend bei einer Veranstaltung der Katholischen Akademie in Berlin. Man werde ihr nicht gerecht, wenn man sie zwischen „Tür und Angel“ abhandle.
Buschmann betonte, der derzeit geltende Kompromiss habe die Gesellschaft befriedet. Der Paragraf 218 stehe im Strafrecht. Die Strafbarkeit sei aber sehr theoretisch, wenn man sich an die Vorgabe halte. Die Bedingungen für einen Abbruch seien „nicht so streng gefasst“, so Buschmann weiter. Er glaube auch nicht, dass eine einfache Streichung aus dem Strafgesetz vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben werde. Bis zum Bruch der Ampelkoalition vor einem Monat war Buschmann noch Bundesjustizminister.
Union will keine Gesetze mehr beschließen
Die Fraktion aus CDU und CSU hat erneut ihre Zurückhaltung bei noch zu beschließenden Vorhaben vor der Bundestagswahl am 23. Februar bekräftigt. Es gebe von der Seite der Union überhaupt kein Interesse, mit der Bundesregierung in aufwendige Gesetzgebungsverfahren einzutreten, machte Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) deutlich.
Er halte eine Befassung mit dem Strafrechtsparagrafen 218 für absolut unangemessen, da die Zeit bis zur Wahl keine seriöse Beratung solcher grundlegenden Fragen mehr ermögliche.
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