Es läuft gerade nicht gut für den Mann, dem Donald Trump die Verantwortung über knapp 2,8 Millionen Angehörige des US-Militärs und ein Jahresbudget von rund 850 Milliarden Dollar geben will.
Pete Hegseth, Ex-Soldat in Afghanistan wie im Irak, zum dritten Mal verheirateter Fundamental-Christ und Moderator mit flotter Zunge beim TV-Sender „Fox News“, kommt nach seiner Nominierung zum Verteidigungsminister durch den designierten 47. US-Präsidenten jeden Tag mehr unter Feuer. Seine Anhörung im Senat im Januar könnte holprig werden.
Abseits von Zweifeln an der Kompetenz des 44-jährigen Trump-Fans beschäftigen unschöne Episoden aus der Vergangenheit des Absolventen der Elite-Universität Princeton die US-Medien.
Musste Führungspositionen aufgeben
Aktuellstes Beispiel: Nach Recherchen von Jane Mayer, Star-Reporterin beim Magazin „New Yorker“, drehen sich die jüngsten Vorwürfe um Alkoholprobleme, sexuelle Übergriffigkeit und finanzielle Verfehlungen. Sie sollen dazu geführt haben, dass Hegseth Führungspositionen bei zwei gemeinnützigen Interessenvertretungen für Militär-Veteranen – „Veterans for Freedom (VFF)“ und „Concerned Veterans for America (CVA)” – aufgeben musste.
Ein Grund: Bei VFF hatte Hegseth offenbar über 430 000 Dollar Schulden angehäuft; unter anderem für Partys. Drei Großspender ließen die Ungereimtheiten untersuchen, bis Hegseth die Finanzprobleme eingestand.
Vorwürfe wegen sexueller Belästigung
Mayer schöpft zudem aus einem siebenseitigen Whistleblower-Bericht, der sich auf Hegseths Zeit bei CVA konzentriert, wo er von 2013 bis 2016 Präsident war. Mitarbeiter beschreiben Hegseth darin als wiederholt so schwer betrunken bei dienstlichen Anlässen, dass man ihn mehrfach „wegschleppen musste”. Bei einem Vorfall habe man Hegseth, der sein Team in einen Stripclub in Louisiana gelotst hatte, aktiv daran hindern müssen, die Bühne zu betreten, um mit nackten Frauen zu tanzen.
Der Whistleblower-Bericht behauptet, dass Hegseth, der zu diesem Zeitpunkt zum zweiten Mal verheiratet war, weibliche Kolleginnen sexuell belästigt habe und sie in „Partygirls“ und „Nicht-Partygirls“ katalogisierte.
Bei anderer Gelegenheit soll Hegseth, dessen Islam-Feindlichkeit bekannt ist, an einer Hotelbar in Ohio 2015 im trunkenen Zustand „Tötet alle Muslime!“ gerufen haben. Hegseths Anwälte wiesen die Anschuldigungen pauschal ab: „Wir werden keine abwegigen Behauptungen kommentieren, die von einem kleinlichen, eifersüchtigen und verärgerten ehemaligen Mitarbeiter von Herrn Hegseth durch den ‚New Yorker‘ gewaschen wurden.”
Polizeibericht über Vergewaltigung
Zuvor war durch einen veröffentlichten Polizeibericht bekannt geworden, dass Hegseth, der vor allem durch sein telegenes Aussehen Trumps Aufmerksamkeit erfuhr, 2017 auf einer Konferenz republikanischer Frauen in Monterey, Kalifornien, eine verheiratete Frau vergewaltigt haben soll. Obwohl keine Anklage erhoben wurde und Hegseth behauptete, der Sex in einem Nobel-Hotel sei einvernehmlich gewesen, zahlte er der Frau ein nicht näher beziffertes Schweigegeld.
In diesem Zusammenhang erfährt ein Bericht der „New York Times“ erhöhte Aufmerksamkeit. Das Blatt war an eine E-Mail von Hegseths Mutter Penelope aus dem Jahr 2018 gelangt. Darin beschreibt sie ihren Zögling als „Frauenvergewaltiger“. Wörtlich: „Im Namen aller Frauen (und ich weiß, dass es viele sind), die Du in irgendeiner Weise missbraucht hast, sage ich (…) suche Dir Hilfe und sehe Dich ehrlich an.”
Sie habe „keinen Respekt für Männer, die Frauen betrügen, anlügen, abwerten und sie für ihre Macht und ihr Ego benutzen. Du bist dieser Mann (und das schon seit Jahren) und als deine Mutter schmerzt es mich und es ist mir peinlich, das zu sagen, aber es ist die traurige, traurige Wahrheit. Dein Missbrauch von Frauen im Laufe der Jahre (Unehrlichkeit, Herumschlafen, Verrat, Erniedrigung, Herabwürdigung) muss angeprangert werden.“ Frau Hegseth erklärte später, sie habe die Anschuldigungen im Affekt verfasst und distanziere sich davon.
Die Enthüllungen nähren im Kongress von Washington Zweifel, ob Pete Hegseth charakterlich geeignet ist, um das mächtigste Militär der Welt zu führen.
„Es geht um Leben und Tod“
Richard Blumenthal, ein hochrangiger Demokrat im Streitkräfteausschuss des Senats, sagt, Hegseth habe sich disqualifiziert. „So sehr wir auch Verständnis für Menschen mit anhaltenden Alkoholproblemen haben mögen, sollten sie nicht an der Spitze unserer nationalen Sicherheitsstruktur stehen. Das ist gefährlich. Der Verteidigungsminister ist in alle Fragen der nationalen Sicherheit involviert. Er ist in den Einsatz von Atomwaffen involviert. Er ist derjenige, der den Einsatz von Truppen im Kampf genehmigt. Er genehmigt Drohnenangriffe, bei denen es zu zivilen Opfern kommen kann. Buchstäblich geht es um Leben und Tod, und diese Art von Angelegenheiten jemandem anzuvertrauen, der aus irgendeinem Grund handlungsunfähig sein könnte, ist ein Risiko, das wir nicht eingehen können.“
Ob Donald Trump, der bereits bei der Personalie Matt Gaetz für das Justizministerium eine Niederlage einstecken musste, die Unterstützung für Hegseth beibehält, ist offen. Insider wollen erfahren haben, dass bereits nach Alternativ-Kandidaten gesucht wird. Obwohl sich namhafte republikanische Senatoren gerade demonstrativ für Hegseth einsetzen.
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