Georg Dornauer über politische Zukunft: „Ich bin kein 32-Stunden-Typ“

Georg Dornauer muss noch vor Weihnachten die Funktion des Tiroler SPÖ-Landeshauptmannstellvertreters zurücklegen. Das ist nicht das Ende seiner Politkarriere.

KURIER: Herr Dornauer, wie geht es Ihnen eigentlich nach dem umstrittenen Jagdfoto mit René Benko und den politischen Konsequenzen, die Sie deshalb ziehen mussten?

Georg Dornauer: Die vergangenen drei Wochen waren die wohl intensivsten Wochen in meinem politischen Leben. Es war ja alles andere als geplant, dass dieses Foto an die Öffentlichkeit kommt. Wobei ich natürlich weiß, dass ich im Moment der Veröffentlichung viele Menschen nicht nur fassungslos gemacht und irritiert, sondern auch enttäuscht habe.

Wie ist das Foto an die Öffentlichkeit gekommen, wenn es nur ganz wenige Personen gehabt haben?

Ich weiß ganz genau, wer da fotografiert hat. Aber ich hatte – ehrlich gesagt – weder die Zeit noch die Lust, darüber nachzudenken, wer ganz bewusst dem Herausgeber der Kronenzeitung dieses Foto zugespielt hat. Die Person hat das jedenfalls in dem Bewusstsein gemacht, dass damit nicht nur Benko weitere Kalamitäten eingebrockt werden, sondern auch dem abgebildeten Politiker massiver Schaden zufügt wird, und ihn das möglicherweise zu Fall bringt.

Andererseits müssen Sie doch dauernd darüber nachgedacht haben, dass politisch noch alles anders wäre, wenn es nicht zu diesem Jagdausflug gekommen wäre.

Natürlich habe ich darüber nachgedacht, aber nicht ständig. Wie gesagt, das waren sehr intensive Momente. Ich war ja mitten in meinem politischen Alltag, wenn man so will. Ich habe bisher Tag und Nacht für das Land Tirol gearbeitet, ich wollte meine Mission erfüllen. Dann ist das Foto aufgetaucht, und die Ereignisse haben sich überschlagen. Ich habe mich bemüht, das Vertrauen innerhalb des Landtagsklubs und innerhalb meiner Landespartei mehrheitlich zu halten. Das ist mir offensichtlich nicht gelungen.

Welche Mission?

Ich habe jahrelang daran gearbeitet, meine Partei, die SPÖ Tirol, von der Oppositionsbank auf die Regierungsbank zu bringen.

Georg Dornauer zu Gast in der Sendung „bei Gebhart“

Was bei der vergangenen Landtagswahl geglückt ist.

Ich darf bei dieser Gelegenheit schon einmelden, dass wir Landtagswahlen in Niederösterreich, in Salzburg, in Vorarlberg und zuletzt in der Steiermark hatten. Und es ist der SPÖ nur in Tirol gelungen, einen Stimmenzuwachs – wenn auch nur marginal – zu verbuchen. Und ich habe das Versprechen gehalten, unsere Partei zurück in Regierungsverantwortung zu bringen.

Mich wundert, dass Sie in der Politik geblieben sind. Die meisten Politiker würden nach so einem Vorfall komplett aussteigen und in der Privatwirtschaft etwas Neues versuchen.

Das hätte ich auch getan oder werde ich noch tun, wenn durch mein Handeln ein Schaden entsteht. Wenn ich einen Fehler gemacht habe, der gegen das Interesse der Tirolerinnen und Tiroler war. Ich habe den Ausflug in die Steiermark unterschätzt. Ich bin da nicht einer Einladung von Benko gefolgt, sondern ich habe einen Freund auf diesem Jagdausflug begleitet. Das Foto ist ein unsägliches Bild, es vermittelt eine wahnsinnig schiefe Optik, aber meine Regierungsarbeit, meine politische Alltagsarbeit hat es nicht beeinflusst. Die habe ich bis zum heutigen Tag nach bestem Wissen und Gewissen Tag und Nacht für die Tirolerinnen und Tiroler erledigt.

Sie geben sich kämpferisch. Also ist der derzeitige Rückzug in der Landespolitik noch nicht das Ende Ihrer politischen Fahnenstange?

Ich habe immer eine gewisse Kämpfernatur gehabt, so kennt mich die Tiroler Bevölkerung.

Heißt das, wir können theoretisch in Zukunft noch einmal einen SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter Georg Dornauer erleben?

Das wäre jetzt viel zu früh gesagt. Meine jetzige Aufgabe ist es, meine zentralen Funktionen und Ämter ordnungsgemäß zu übergeben. Das habe ich versprochen, das werde ich auch halten. Dann werde ich ein wenig innehalten und die Weihnachtszeit über nachdenken. Letztendlich bin ich ja noch Vorsitzender der SPÖ im Bezirk Innsbruck-Land.

Wenn ich es richtig herausgehört habe, dann ist es Ihnen wichtiger, wie die Tiroler Bevölkerung über das alles denkt, und nicht, wie es die SPÖ-Parteizentrale sieht.

Es sind moralische Ansprüche und Instanzen, die ich zu akzeptieren habe. Ich hatte in meinem Landtagsklub in diesem Moment nicht die Mehrheit. Die hätte ich benötigt, um auch in der Landesregierung eine Stabilität gewährleisten zu können. Für mich habe ich aber immer das Bewusstsein gehabt, dass all jene Menschen, die mich kennen und wissen, wie ich politisch arbeite, mich auch gewählt haben. Das hat mir immer bei der Rehabilitierung von Skandälchen oder Sachen, die vorgefallen sind, geholfen. Ich habe immer bei Wahlen geliefert.

Zurück zu René Benko: Geht Ihre Partei, die SPÖ, mit ihm nicht zu hart ins Gericht?

Ich würde das nicht auf meine Partei reduzieren. René Benko gilt, wenn man so will, als Staatsfeind Nummer eins. Nicht nur in Österreich, auch in Deutschland, offenkundig auch in Italien. Ich kenne ihn erst seit wenigen Monaten. Deshalb möchte ich wieder ganz deutlich sagen: Ich war nicht bei jenen Politikerinnen und Politikern, die sich im Park Hyatt und wo auch immer um ihn geschart, die sich um Termine mit ihm bemüht haben. Ich habe ihn erst kennengelernt, als sein Erfolg schon in Trümmern lag. Ich habe mit ihm nur private Sachen besprochen. Das hatte weder eine wirtschaftliche noch eine politische Relevanz. Deswegen hätte ich den Jagdausflug auch nicht als Rücktrittsgrund gesehen. Meine Partei sah das anders.

Was teilweise von außen bewundert wird: Trotz des Vorfalls sind Sie zu allen Sitzungen gegangen. Auch zu jenen, in denen gegen Sie abgestimmt worden ist.

Ich bin seit 14 Jahren politisch aktiv. Ich habe als einfacher Gemeinderat begonnen, war Vizebürgermeister, dann Bürgermeister, Landtagsabgeordneter und Klubobmann. Ich durfte meine Partei sechs Jahre lang führen und habe die Position des Landeshauptmannstellvertreters gemeinsam mit meiner Partei erreicht. Da traue ich mich zu behaupten, dass ich ein Quäntchen politische Erfahrung mitnehmen durfte. Zum anderen habe ich noch nie so viel gelernt wie in den vergangenen drei Wochen. Das war buchstäblich ein Crashkurs.

Man lernt da auch, wer zu einem steht und wer nicht.

Natürlich lernt man da auch solche Situationen auf menschlicher Ebene kennen. Wo man sagt, wir arbeiten seit Jahren zusammen, du kennst mich in- und auswendig, du weißt genau, ich habe weder etwas verbrochen, noch einen Schaden zugefügt. Und du kennst auch meine Art und Weise, wie ich mit Menschen umgehe. Das sind jetzt persönliche Erfahrungen, die ich irgendwo wegstecken muss. Ich habe jedenfalls viel für mein – egal wie immer geartetes – Leben gelernt.

Ein Blick in Richtung Bundespolitik: Wie sehen Sie von Tirol aus die Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und den Neos?

Ich orte, dass sich alle drei Parteichefs um diese Dreierkoalition bemühen. Ich war nie ein Freund davon, mir wäre es lieber gewesen, wenn es sich zu zweit ausgegangen wäre. Zu dritt bedarf es mehr Energie, sich abzustimmen. Man sollte den drei Parteien eine Chance geben. Die Anerkennung, die Freude in der Bevölkerung darüber ist zumindest derzeit, was ich in meinem bescheidenen Rahmen wahrnehme, enden wollend.

Und wie sehen Sie die Rolle Ihrer Partei, der SPÖ?

Mitregieren muss der Anspruch der Sozialdemokratie sein. Seit 2017 sitzen wir nicht mehr auf der Regierungsbank, jetzt schreiben wir bereits 2024. Ich will mir nicht vorstellen, dass wir noch einmal fünf Jahre auf der Oppositionsbank sitzen. Irgendwann verlernt man auch das Regieren. Und als Sozialdemokratie haben wir den Anspruch, das Land mitzuregieren.

Bleiben Sie Mitglied im Bundesparteivorstand der SPÖ?

Ich habe nach den Kalamitäten der vergangenen drei Wochen meinen Sitz im Bundesparteipräsidium für meinen künftigen Nachfolger auf Landesebene zur Verfügung gestellt. Ich gehe davon aus, dass Andreas Babler davon Gebrauch macht und Philip Wohlgemuth kooptiert. Aber im Bundesparteivorstand bleibe ich. Dazu wurde ich im Rahmen des letzten Parteitags auch gewählt und das übe ich jetzt auch aus.

Haben Sie sich vielleicht auch schon überlegt, was Sie weiter machen, wenn Sie doch nicht in der Politik bleiben?

Natürlich habe ich mich auch damit auseinandergesetzt. Aber noch einmal: Ich bin ein politischer Mensch, ich habe mein Leben anders ausgerichtet. Ich habe dazu auch Talente mitbekommen, von welchem Gott auch immer.

Es ist Ihnen also nicht bange, dass Sie ohne Politik in ein großes Loch fallen könnten?

Nein, nein, nein. Ich bin ja grundsätzlich ein fröhlicher Mensch und ein unverbesserlicher Optimist. Ich liebe die Menschen. Egal, wo man mich braucht, werde ich Tag und Nacht arbeiten. Ich bin kein 32-Stunden-Typ.

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