Masken sieht man seit Langem nur noch vereinzelt – nun steht auch das Teil-Ende der Warn-App an: Sie hat heute ihre wichtigste Funktion verloren. Überflüssig sei sie aber nicht, sagt der Gesundheitsminister.
16. Juni 2020 – das erste Pandemiejahr. Es gab noch keine Impfung, aber dafür nun eine App, in die die Bundesregierung damals große Hoffnungen setzte: „Die Corona-Warn-App ist ein wichtiger Helfer, wenn es darum geht, Infektionsketten zu erkennen und zu unterbrechen“, sagte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Und der der damalige Kanzleramtschef Helge Braun fügte hinzu, „das ist nicht die erste Corona-App, die weltweit vorgestellt wird, aber ich bin ziemlich überzeugt davon, es ist die beste.“
Jetzt sind knapp drei Jahre vergangen, die Corona-Maßnahmen sind ausgelaufen, und nun ist die wichtigste Funktion der App abgestellt: die Warnungen, wenn man Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatte.
Juni 2020: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (2. v. r.) spricht bei der Präsentation der offiziellen Corona-Warn-App.
App weiter als digitaler Impfpass nutzbar
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD erklärt, warum: „Das macht keinen Sinn bei der geringen Inzidenz, die wir zur Zeit haben.“ Außerdem gebe es eine hohe Bevölkerungsimmunität, so dass die Krankheit nicht mehr so schwer verlaufe.
Zum 1. Juni tritt die Corona-Warn-App dann in den Schlafmodus. Das bedeutet, dass sie nicht mehr aktualisiert wird und außerdem aus den App-Stores von Google und Apple verschwindet. Man kann sie aber auf dem Handy behalten, wenn man zum Beispiel seine Impfzertifikate dort gespeichert hat und die weiter nutzen möchte. Auch das Kontakttagebuch bleibt erhalten.
Und Lauterbach findet es noch aus anderen Gründen wichtig, die App nicht zu löschen. „Es kann sehr gut sein, dass wir sie für Covid wieder nutzen müssen. Es kann aber auch sein, dass wir sie weiterentwickeln für andere Infektionskrankheiten.“ Daran werde gerade intensiv gearbeitet. Lauterbachs Appell: Nicht löschen – das Erfolgskonzept gehe weiter.
Wirkung ist umstritten
Den Erfolg beziffert sein Ministerium so: Insgesamt ist sie 48 Millionen Mal runtergeladen worden. Allerdings lässt sich nicht sagen, wie viele Menschen die App auch aktiv genutzt haben. Zumindest ist keine genaue Statistik möglich, weil die Informationen aus Datenschutzgründen nur lokal auf dem Handy gespeichert sind.
Auch deswegen sieht der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann den Erfolg der App eher kritisch. Für den Einzelnen gut, aber „gesamtgesellschaftlich müssen wir noch auswerten, inwieweit diese App tatsächlich geholfen hat. Ich behaupte mal, dass es nicht kriegsentscheidend war – diese App in dieser Pandemie.“ Er fordert deswegen eine Evaluierung der App durch das Bundesgesundheitsministerium.
App war teurer als geplant
Was es schon gibt, sind Studien und Schätzungen des Corona-Warn-App-Teams, die unter anderem auf freiwilligen Datenspenden basieren. Demnach gab es im letzten Jahr mindestens 25 Millionen aktive Nutzer. Im Frühjahr 2022, als es hohe Infektionszahlen gab, gingen die Wissenschaftler davon aus, dass circa 17 Prozent aller positiven Corona-Testergebnisse in Deutschland in der Corona-Warn-App geteilt wurden.
Gekostet hat sie 220 Millionen Euro – deutlich mehr als veranschlagt.
Antworten