Das Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus gilt als das älteste heute noch begangene Festmahl der Welt, auch wenn es im Lauf der Zeit eine lange Unterbrechung erfuhr. Seit 1356 wird es ausgerichtet. Der Name geht auf den Matthiae-Tag zurück, den 24. Februar. Zu Matthiae wurden im Rathaus früher die Aufgaben im Senat neu verteilt und neue Bürgermeister aus den Reihen der Senatoren gewählt.
Im vergangenen Jahr kamen die Kanzlerin und David Cameron, damals britischer Premierminister. Merkel nutzte die festliche Gelegenheit, anzukündigen, dass Hamburg 2017 den G-20-Gipfel ausrichten dürfe – oder vielleicht doch eher solle. „Ich glaube, das trifft sich gut mit der Weltoffenheit Hamburgs.“
Ein Jahr zuvor war in Hamburg die Bürgerschaft neu gewählt worden. Die SPD verlor knapp die absolute Mehrheit. In den Gesprächen mit den Grünen soll Bürgermeister Olaf Scholz von den Sozialdemokraten schon damals von dem G-20-Plan gesprochen haben. Die Erinnerungen daran sind nicht einheitlich, was interessengeleitet sein dürfte. Denn die Grünen tun sich mit G20 schwer. Die Senatoren müssen die Entscheidung verteidigen, die Parteiführung lehnt G20 ab. Und alle zusammen wollen an diesem Sonntag bei der „Protestwelle“, der ersten großen Demonstration gegen G20, mitmarschieren. Wenn schon die Grünen, immerhin Regierungspartei, skeptisch sind, was erst soll dann der Hamburger als solcher sagen? Weshalb überhaupt sollte es Hamburg sein?
G20 als Werbung und Test für Olympia
Zum einen wollte Merkel ihrer Geburtsstadt sicherlich helfen, das zu werden, was sie immerzu werden will: Weltstadt. Zum anderen lautet die Argumentation, solche Gipfel könnten nur in Großstädten abgehalten werden wegen der dafür notwendigen Infrastruktur. Steffen Seibert, der Sprecher der Bundesregierung, sagte in Hamburg einmal: „Es ist eine romantische Vorstellung, dass die Politiker sich in einer Holzhütte mit knisterndem Feuer treffen.“
© Reuters, reuters Vor G-20-Gipfel: Hamburg stellt Sammelstelle für Gefangene vor
Für Hamburg sprach zudem, dass die Stadt damals noch Kurs darauf nahm, Olympische Sommerspiele austragen zu dürfen. G20 wäre dann sozusagen eine Werbung, ein Test für Olympia gewesen. Die Sache ging nicht gut aus, die Hamburger lehnten im November 2015 Olympische Spiele in ihrer Stadt ab. Auch G20 hätten sie abgelehnt, wären sie gefragt worden. Nun müssen sie ihre Stadt im Ausnahmezustand hinnehmen.
Hamburger flüchten vor dem Gipfel
Etwa die Hälfte der direkt betroffenen Hamburger will die Stadt noch vor dem Gipfel verlassen. Viele Geschäfte und Restaurants in der Nachbarschaft zum Tagungszentrum, den Messehallen, werden geschlossen bleiben. Ebenso Unternehmen und sonstige Einrichtungen, selbst Arztpraxen. Auch die Gerichte werden nicht normal in ihren ehrwürdigen Gebäuden nahe den Messehallen am Sievekingplatz arbeiten können.
© AFP Hamburg kann mehr als Nieselregen: Anti-G20-Demo auf dem Rathausplatz knapp eine Woche vor dem Gipfel in der Hansestadt
Schon sind die ersten Geschäfte dabei, ihre Schaufenster durch Holzplatten zu sichern. Bürgermeister Scholz hat zwar beschwichtigt, die Stadt würde jedes Jahr doch auch den Hafengeburtstag bewältigen mit einem Millionenpublikum. Aber der Vergleich kam nicht gut an. Immerhin wusste seine Stellvertreterin, die grüne Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen, bei aller Verärgerung witzig darauf zu antworten: „G20 ist kein Volksfest, Putin ist nicht die Zitronenjette. Und Erdogan ist nicht der Hummel.“
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