Donald Trump hat für den ersten Tag seiner Rückkehr ins Weiße Haus eine ganze Reihe von Vorhaben angekündigt. Die bemerkenswerteste Einlassung dazu stammt aus dem vergangenen Dezember. Damals gab Trump auf die Frage eines Fox-News-Journalisten zurück: Nein, er werde kein Diktator sein, „außer an Tag eins“. Da werde er die Grenze dichtmachen und „bohren, bohren, bohren“. Das bezog sich auf die amerikanische Südgrenze zu Mexiko und die Erdölförderung.
Die Migration war eines der wichtigsten Themen des republikanischen Wahlkampfs. Auf dem Parteitag im Sommer schwenkten Hunderte im Publikum Schilder, auf denen stand: „Massendeportationen, jetzt!“ Trump hat Dutzende Male wiederholt, er werde als Präsident als Erstes mit der „größten inländischen Abschiebeaktion in der amerikanischen Geschichte“ beginnen und die Grenze schließen. Jüngst konkretisierte er, bei den massenhaften Abschiebungen sollten die örtliche Polizei und die Nationalgarde eingesetzt werden. In seiner Siegesrede in der Nacht zum Mittwoch hob er abermals hervor, man müsse die Grenze „versiegeln“.
Ein Handbuch liegt schon vor
Laut Fachleuten ist Trumps Vorhaben der massenhaften Abschiebungen zwar theoretisch möglich, praktisch jedoch kaum in die Tat umzusetzen. Nach Angaben des Heimatschutzministeriums leben etwa elf Millionen Menschen ohne Dokumente in den Vereinigten Staaten. Im vergangenen Geschäftsjahr nahm die Einwanderungsbehörde gut 170.000 illegale oder straffällig gewordene Migranten fest – ein Fünftel mehr als im Vorjahr und mehr als in jedem Jahr der ersten Trump-Präsidentschaft. Um diese Zahlen entscheidend aufzustocken, brauchte es erhebliche Ressourcen.
Es ist üblich, dass neu gewählte Präsidenten als erste Amtshandlungen bestimmte Entscheidungen ihrer Vorgänger rückgängig machen. In Joe Bidens Fall war das zum Beispiel der Ausstieg der Vereinigten Staaten aus dem Pariser Klimaabkommen und der Weltgesundheitsorganisation, denen Trump den Rücken gekehrt hatte. Der Republikaner hat dagegen angekündigt, „am ersten Tag“ ein Dekret zu unterzeichnen, das die Bundesmittel für Schulen kürzt, welche die „Critical Race Theory“ lehren. Diese Theorie sieht Rassismus in den Vereinigten Staaten nicht als individuelles, sondern als strukturelles Problem an und wird in republikanischen Kreisen für die Behauptung hergenommen, Kindern würde „Hass“ auf das eigene Land eingeimpft. Außerdem sollen laut Trump Schulen die Mittel gekürzt werden, in denen über den „Transgender-Wahnsinn“ gesprochen wird.
Beides könnte Trump nicht im Alleingang durchsetzen, sondern brauchte die Zustimmung des Kongresses. Im geltenden Recht gibt es keine derartigen Bedingungen für die Finanzierung von Schulen. Doch nachdem es den Republikanern am Dienstag gelungen ist, die Mehrheit im Senat zu gewinnen, gilt es weiterhin als möglich, dass sie auch im Kongress die Oberhand behalten. Damit wäre der Weg für Donald Trump frei, seine Vorhaben in die Tat umzusetzen. Den Demokraten bliebe bei einer republikanischen Mehrheit nur der Filibuster im Senat, um Abstimmungen über ein Gesetz zu verzögern oder zu verhindern.
Grundsätzlich ist Trumps Team besser auf eine zweite Amtszeit vorbereitet, als das vor acht Jahren der Fall war. Mit dem „Projekt 2025“, das sich selbst „Projekt für den Übergang zur Präsidentschaft“ nennt, hat die konservative Heritage Foundation Trump ein Handbuch entworfen, das eine radikale Umstrukturierung des Regierungsapparats vorsieht, um den von ihm beschworenen „Tiefen Staat“ in Washington zu ersetzen. Trump selbst weist eine Verbindung zu dem Projekt entschieden zurück, seit die Demokratin Kamala Harris im Wahlkampf vermehrt darauf aufmerksam gemacht hat. Es wird sich zeigen, ob Trump dabei bleibt. Angeblich sollen Kandidaten für sein Kabinett oder Beraterposten in einer Vorauswahl radikal aussortiert worden sein, wenn sie in dem Hunderte Seiten langen Dokument auch nur in einer Fußnote erwähnt waren. Gleichzeitig sind die meisten der Autoren enge Verbündete oder frühere Mitarbeiter Trumps.
Wird er den Sonderermittler entlassen?
In dem Dokument des „Projekt 2025“ heißt es, der „Verwaltungsstaat“ müsse „demontiert“ und „angeblich ‚nicht feuerbare‘ Bundesbürokraten“ entlassen werden. Außerdem sollen mehr Mittel für eine Grenzmauer aufgebracht und das Heimatschutzministerium geschlossen und Teile davon mit anderen Behörden zusammengelegt werden. Weiter heißt es, man müsse gemeinsam mit dem Kongress einen „unangreifbaren Schutz für das ungeborene Leben“ schaffen und der Abtreibungspille Mifepriston die Zulassung entziehen. Außerdem soll der „Klima-Fanatismus der Biden-Regierung“ rückgängig gemacht werden. Dementsprechend müsse auch die Umweltschutzbehörde EPA reformiert werden, die „relevante wissenschaftliche Perspektiven“ außer Acht lasse und so wirtschaftliche Schäden hervorrufen könne.
Passend dazu hat Trump im Wahlkampf mehr als dreißigmal davon gesprochen, Bidens „Elektrofahrzeug-Pflicht“ aufzuheben, sobald er im Amt sei. Damit bezieht er sich auf Regelungen zur Regulierung von Autoabgasen, die die Verkehrswende hin zum Elektroauto bis 2032 merklich beschleunigen sollten. Nach Kritik aus der amerikanischen Autoindustrie wurde der Plan der Biden-Regierung, der in acht Jahren einen Marktanteil von Elektroautos von 67 Prozent zur Folge gehabt hätte (im Gegensatz zu unter zehn Prozent derzeit), im Frühjahr abgeschwächt. Auch für diese Maßnahme braucht Trump jedoch den Kongress.
In seinen ersten Tagen zurück im Weißen Haus will der Republikaner im eigenen Interesse den von der Biden-Regierung ernannten Sonderermittler Jack Smith feuern. „Innerhalb von zwei Sekunden“, wie er während einer Fernsehshow im Oktober versprach. Es werde eines der ersten Dinge sein, die er tue. Smith hatte Trump wegen seiner Rolle im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 und wegen des unsachgemäßen Umgangs mit Geheimdokumenten angeklagt. Eine Mehrheit der Republikaner behauptet, es handele sich dabei um politische Verfolgung, um eine abermalige Präsidentschaft zu verhindern. Trump hat auch den Richtern und Staatsanwälten seiner anderen Zivil- und Strafverfahren Konsequenzen angedroht.
Wie Trumps Kabinett und Beraterstab aussehen könnte, ist noch nicht klar. Offiziell wurden noch keine Namen in Umlauf gebracht. Doch Trump soll in den vergangenen Monaten immer wieder potentielle Kandidaten im Fernsehen gesehen und für tauglich befunden haben. Von seinem Team hieß es vor drei Wochen, es habe noch keine Diskussionen über Personalien gegeben – erst einmal konzentriere Trump sich auf den Wahlsieg, danach werde man „die besten Leute“ auswählen, um „Amerika wieder großartig zu machen“.
Die Auswahl des Finanzministers im Blick
International wird vor allem Trumps Auswahl des Außenministers mit Spannung erwartet. Der Republikaner hat das Ausmaß der Ukrainehilfen mehrfach heftig kritisiert und angekündigt, dies im Falle einer Wiederwahl sofort „zu regeln“. In seiner Siegesrede in der Nacht zu Mittwoch äußerte Trump, er werde keine Kriege beginnen, „ich werde Kriege beenden“. Jüngst soll er dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu mitgeteilt haben, er wolle den Krieg im Nahen Osten noch vor seinem Amtsantritt im Januar beendet wissen.
Als ein möglicher Kandidat für den Außenministerposten wird der frühere amerikanische Botschafter in Berlin, Richard Grenell, gehandelt, der unter Trump seinerzeit regelmäßig das diplomatische Berlin in Aufregung versetzte. Er gilt als treuer Anhänger und einer der einflussreichsten außenpolitischen Berater Trumps, könnte laut Fachleuten jedoch auch als Nationaler Sicherheitsberater in Betracht gezogen werden.
Auch Trumps Wahl des Finanzministers dürfte im Ausland genau verfolgt werden. Unterstützt er dessen populistische Forderungen nach hohen Importzöllen, oder vertritt er eher den Freihandel im Sinne der republikanischen Partei vor Trump? Im Umlauf sind verschiedene Namen. Unter ihnen ist etwa Howard Lutnick, Geschäftsführer der Investmentfirma Cantor Fitzgerald, Ko-Vorsitzender des Übergangsteams Trumps und ein langjähriger Verbündeter des Präsidenten. In Frage käme auch Robert Lighthizer, Anwalt und früherer Handelsbeauftragter der Vereinigten Staaten unter Trump. Der hat Investoren an der Wall Street vor einigen Wochen offenbar schon gewarnt: Nach einer Wiederwahl könnten Trumps Pläne für hohe Importzölle gegen China und andere Länder „schnell“ verwirklicht werden.
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