Der Uni-Vortrag eines israelischen Historikers wird in Leipzig nach Protesten abgesagt. Eine Künstlerin, die die „Kreativität“ beim Massaker der Hamas am 7. Oktober lobte, soll an einer Hochschule der Stadt sprechen.
Zum akademischen Leben gehört, Meinungen Andersdenkender zu respektieren. Doch dies, so zeigt sich in Leipzig, ist in deutschen Hörsälen nicht selbstverständlich.
Dort hatte die Universität einen für Donnerstag geplanten Vortrag von Benny Morris abgesagt. Der renommierte israelische Historiker habe in der Vergangenheit Aussagen getroffen, die als verletzend und sogar rassistisch verstanden werden könnten, teilte die Theologische Fakultät zur Begründung mit. Ein „verständlicher“ Protest – einzelne studentische Gruppen hätten aber in einer Art und Weise protestiert, die von der Uni als „beängstigend“ wahrgenommen wurde. Es seien „Sicherheitsbedenken“ entstanden, die zur Absage führten.
Professor Morris kritisierte die Absage als „schändlich“ und sprach in einer israelischen Zeitung von „Feigheit und Appeasement par excellence“. Selbst die Theologische Fakultät warnte in ihrer Pressemitteilung vor der Etablierung einer „Doppelmoral (…), die auf israelische Gelehrte angewandt wird“. Diese würden „zunehmend marginalisiert“ und ausgeschlossen, „während andere Stimmen ungehinderten Zugang zur Universität erhalten“.
Während ein israelischer Wissenschaftler aufgrund als „bedrohlich“ wahrgenommener Proteste ausgeladen wird, stellt die Teilnahme der Künstlerin Jumana Manna an einer Diskussionsrunde der Hochschule für Grafik und Buchkunst (HGB) für die Leipziger Studentenschaft offenbar kein Problem dar.
Mannas Postings glorifizieren Mord an Zivilisten
Dabei hatte Manna ein Video vom 7. Oktober 2023, das flüchtende Besucher des israelischen Nova-Festivals zeigt, mit dem Kommentar „Ain’t no fun raving in the vicinity of the world’s biggest prison“ (dt. „Es macht keinen Spaß, in der Nähe des größten Gefängnisses der Welt zu raven“) bei Instagram gepostet. Zudem betitelte sie ein Bild, das am Überfall auf Israel beteiligte Gleitschirmflieger der Hamas-Terroristen zeigt, mit den Worten „Long live the creativity of Resistance“ (dt. „Es lebe die Kreativität des Widerstands“).
Manna soll, so steht es im Programm der HGB, am Mittwochabend ihren Film „Foragers“ in einem Leipziger Kino vorführen. Am Donnerstag werden die palästinensischstämmige Künstlerin und weitere Teilnehmer ein Gespräch führen, welches nach einem Vortrag von Michael Rothberg stattfindet. Rothberg ist Inhaber des Samuel-Goetz-Lehrstuhls für Holocaust-Studien an der University of California.
Organisatoren sehen palästinensische Narrative unterrepräsentiert
Im Begleittext der HGB heißt es: „Die Eilfertigkeit, Künstler:innen auszuladen und Fördergeldzusagen infrage zu stellen, scheint dem Skript einer Erinnerungskultur zu folgen, das von vermeintlichen Eindeutigkeiten ausgeht und letztlich Ausschlüsse (re)produziert: Unter der Prämisse der deutschen Staatsräson, in deren Zentrum die bedingungslose Unterstützung der Politik Israels steht, soll jüdisches Leben durch teils repressive Maßnahmen geschützt werden (vgl. Resolutionsentwurf), die unter anderem dazu führen, dass palästinensisches Leben sowie palästinensische Narrative oft nicht wahrgenommen werden.“
Die in den USA geborene Künstlerin hatte in der Vergangenheit Installationen und Kurzfilme hergestellt. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im Museum of Modern Art (MoMA PS1) und dem NS-Dokumentationszentrum in München ausgestellt. Letzteres distanziert sich auf der eigenen Website „ausdrücklich und umfassend von den von Jumana Manna getätigten Aussagen und in den Sozialen Medien geteilten Beiträgen zum Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den darauffolgenden Ereignissen“.
Hochschule diskutiert über Ziel der Veranstaltung
Eine Sprecherin der HGB erklärte, Manna sei aufgrund ihrer künstlerischen und filmischen Verdienste eingeladen worden. Wie die HGB die Postings der Künstlerin beurteilt, wurde seitens der Hochschule bislang nicht beantwortet.
Offenbar gibt es dort inzwischen Zweifel an Mannas Eignung als Diskussionsteilnehmerin. Man führe Gespräche mit allen Beteiligten, „ob die Veranstaltung die Voraussetzungen für die intendierte Zielsetzung erfüllt“, hieß es auf WELT-Anfrage.
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