Plötzlich werden Deutschlands Panzer zum Ladenhüter

Zum Jubiläum ein Panzer-Ballett. Der Begriff umschreibt keine grazilen Tänzerinnen, die sich auf Zehenspitzen bewegen, vielmehr tonnenschwere Stahlkolosse, die mit ratternden Ketten fahren und dabei ihre Kanonenrohr schwenken. Dieses Ballett der besonderen Art wurde jüngst beim Leopard-Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) vor den Toren Münchens präsentiert. Anlass war der 40. Jahrestag der ersten Auslieferung des Kampfpanzers an die Bundeswehr.

Einige ältere Herren aus dem Militär und der Branche erzählten von früheren Zeiten. Damals rollte noch jeden Tag ein neuer Leo aus dem Werk. Augenblicklich wird darüber diskutiert, ob die Bundeswehr ihren Bestand von 225 auf 328 oder doch auf über 400 aufstocken soll. Weit entfernt von früheren Stückzahlen mit mehr als 2000 Exemplaren.

Der Leopard-Panzer ist einer der Aushängeschilder der deutschen Rüstungsindustrie. Deren Zukunft wird gerade neu von der Politik und im Konkurrenzkampf ausgehandelt. In einigen Segmenten, wie dem Militärflugzeugbau mit dem Eurofighter, wird sogar offen von einem Überlebenskampf gesprochen. Dabei geht es nicht nur um Panzer, sondern um die Gesamtpalette.

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Von der Drohne, über Schiffe bis hin zu Hubschraubern und Militärflugzeugen. Eigentlich sollte es der deutschen oder europäischen Rüstungsindustrie gut gehen. Die Bedrohung von militärischen Auseinandersetzungen auf der Welt nimmt zu. Der potenzielle Absatzmarkt wächst also. Zudem drängen die Amerikaner auf eine Steigerung der Verteidigungsausgaben und der deutsche Verteidigungshaushalt steigt auch.

Doch tatsächlich verliert die europäische und deutsche Rüstungsindustrie an Einfluss auf der Welt. Von steigenden Rüstungsausgaben in Deutschland und Europa, profitieren die US-Konzerne stärker als die inländischen Anbieter. Der Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann verweist drauf, dass bei den „laufenden wehrtechnischen Beschaffungen“ die USA Rüstungsgüter über 70,5 Milliarden Dollar nach Europa liefern, während die USA aus Europa lediglich Waren im Wert von 0,346 Milliarden Dollar importieren. Aus Sicht der deutschen und europäischen Rüstungsindustrie ein einseitiges Spiel.

Während früher noch die Dicke von Panzerplatten diskutiert wurde, wird jetzt über neue Technologien sowie „Combat Clouds“ geredet, die Vernetzung verschiedener Waffen- und Aufklärungssysteme. Davon hänge künftig die Sicherheit Europas ab. Letztendlich gehe es um die Souveränität, also Unabhängigkeit Europas. Und Vertreter der deutschen Rüstungsindustrie sorgen sich um die Rolle und Möglichkeiten ihrer Branche.

SPD will Waffenlieferungen aus Deutschland einschränken

Während Anfang der 1980er-Jahre SPD-Bundeskanzler Helmut Schmidt den Leopard-Panzer noch nach Saudi-Arabien verkaufen wollte, ist das heute praktisch unvorstellbar. Jüngst legte die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier vor, wonach deutsche Waffenlieferungen an Staaten außerhalb der Europäischer Union und der Nato deutlich eingeschränkt werden sollen.

Die bisher unbefristeten Exportgenehmigungen sollten nur noch für zwei Jahre gelten, um auf Veränderungen der politischen Lage in den Empfängerländern reagieren zu können. Das Risiko würde also auf die Industrie abgewälzt, was der Branchenverband BDSV deutlich kritisiert. Die deutsche Rüstungsindustrie mit ihren gut 135.000 Beschäftigten dürfe nicht noch mehr beschränkt werden, heißt es. Statt einer Sonderrolle Deutschlands seien europäische Lösungen notwendig. Andernfalls würden die deutschen Unternehmen den Anschluss verlieren.

Die Probleme für die deutsche Rüstungsindustrie werden beim Blick auf zwei Schlüsselprojekte der Zukunft deutlich. Zum einen der Bau eines neuen Kampfpanzers sowie ein neues Luftverteidigungssystem (FCAS) mit einem Super-Kampfjet. Beide Vorhaben wurden als deutsch-französische Projekte gestartet. Noch ist offen, wie die deutsche Rüstungsindustrie konkret daran beteiligt wird. Vor Jahrzehnten platzte schon einmal der Versuch, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam einen Panzer bauen und beim neuen FCAS-Kampfjet ist die Situation noch komplexer.

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Bei Airbus geht sogar die Angst um, im deutschen Kampfjetbau den Anschluss zu verlieren. Während Frankreich jüngst eine Langfristplanung zur Weiterentwicklung seines Kampfjets Rafale von Dassault vorgelegt hat, steht in Deutschland noch nicht fest, wie der betagte Tornado-Bomber ersetzt werden soll Airbus schlägt vor, den Kampfjet Eurofighter schrittweise weiter zu entwickeln und bitte nicht in den USA einzukaufen. „Wir können den Eurofighter zu einem vollständigen Tornado-Ersatz weiterentwickeln“, sagt ein Airbus-Sprecher.

Der Jet könnte in Zukunft zusätzliche Rollen übernehmen. So soll er wie bisher deutsche Tornado-Kampfjets im Notfall auch US-Atombomben transportieren können – Experten sprechen von der nuklearen Teilhabe der Deutschen in der Nato. Eine neue Variante könnte zudem auch als fliegender Störsender für feindliche Radaranlagen dienen. Der Eurofighter als „Escort Jammer“, wie es in Fachkreisen heißt.

Bei Airbus wird zudem befürchtet, dass vom Verteidigungsministerium in Berlin vom Wettbewerber Boeing nicht nur 30 F/A18-Kampfjets für den Atombomben-Transport durch die Luftwaffe eingekauft werden, sondern auch 15 Modelle vom Typ EA-18 Growler, einem Modell zur elektronischen Kampfführung. Das wäre besonders fatal, weil damit die stufenweise Weiterentwicklung des Eurofighters im Vorgriff auf das Super-Kampfflugzeug im FCAS-Projekt so nicht mehr umsetzbar wäre.

Wolfgang Gammel, Leiter Kampfflugzeug bei Airbus, befürchtet dann dramatische Folgen: „FCAS und der deutsche Kampfflugzeuganteil sind dann tot, wenn es nicht zu einer konsequenten Weiterentwicklung des Eurofighters kommt“, sagt er. Unter Experten gibt es wenig Zweifel, dass Frankreich seine Rüstungsindustrie keinesfalls im Regen stehen lassen würde.

Franzosen versuchen, deutsche Rüstungsindustrie klein zu halten

Immer wieder ist aus dem Kreis der deutschen Rüstungsindustrie zu hören, dass bei den beiden Schlüsselvorhaben mit dem Bau eines neuen Kampfpanzers sowie dem Kampfjet-Vorhaben FCAS samt „Combat Cloud“ die Franzosen versuchen, die Rolle der deutschen Unternehmen eher klein zu halten. So würde ein Elektronik-Eurofighter zur Entwicklung dieser Fähigkeiten vor allem in Deutschland sorgen. Airbus ist überzeugt, dass der Elektronik-Eurofighter im Jahr 2026 einsatzfähig wäre.

Dabei haben sich zahlreiche Projekte der deutschen Rüstungsindustrie verzögert oder die zugesagten Fähigkeiten wurden anfangs noch nicht erreicht. Für den Rüstungsexperten Stefan Ohl von der Beratungsgesellschfat AlixPartners liegt der Grund auch in der Komplexität der Produkte, mit vielen Varianten.

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„Die Konzerne sollten sich weniger an Spezialwünschen einzelner Länder abarbeiten“, sagt er. Europa müsse zudem die Anzahl seiner Waffensysteme verringern. „Andernfalls ist das in Zukunft nicht mehr finanzierbar“, sagt Ohl. Die deutsche Rüstungsindustrie hofft jedenfalls, dass sie weiter dabei ist.

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