Wie Belgien das CETA-Abkommen vorerst zu Fall bringt

Der CETA-kritische Ministerpräsident der Provinz Wallonien, Paul Magnette, versichert schon vor dem Gespräch: „Unter einem Ultimatum, unter Druck entscheiden wir gar nichts.“

Das Freihandelsabkommen soll am Donnerstag auf einem EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden, zu dem Kanadas Regierungschef Justin Trudeau nach Brüssel kommen soll. Bleibt es bei dem Nein aus der belgischen Provinz, wird die EU das Treffen kurzfristig absagen müssen. Nach dem kurzen Gespräch mit den Regionalpolitikern unterrichtete Michel EU-Ratspräsident Donald Tusk. „Ich habe Tusk mitgeteilt, dass wir keine Verständigung haben“, erläuterte er danach.

Deutsche und europäische Politiker wie Wirtschaftsvertreter warnten in den vergangenen Tagen immer wieder vor einem Scheitern von CETA. „Die deutsche Wirtschaft hofft weiter auf einen Abschluss von CETA“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer dem „Handelsblatt“. Scheitere das Abkommen, werde Europa auf absehbare Zeit kein Freihandelsabkommen mehr aushandeln können, weil sich jeder mit Blick auf die EU fragen werde, in wessen Auftrag sie denn verhandeln könne.

Ungeachtet des Misserfolgs schlug Belgiens Regierungschef Michel die Tür zu einem Kompromiss nicht ganz zu. Er bleibe offen für einen weiteren Dialog mit Wallonien, sagte er. Doch noch hält der Widerstand in der Provinz. Ihr Parlamentspräsident Andre Antoine sagte, er sehe nicht, wie die Region kurzfristig Ja sagen könne. „Eine vernünftige Zielmarke wäre Ende des Jahres. Bis dahin könnten wir es schaffen“, erklärte er. Mit Ultimaten und Drohungen werde man gar nichts erreichen, sagten Antoine wie auch Magnette.

Die EU hatte Belgien aufgefordert, bis Montagabend Klarheit zu schaffen. Dann wollen EU-Ratspräsident Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Kanadas Ministerpräsident Trudeau entscheiden, ob der Gipfel am Donnerstag wie geplant stattfinden kann.

In die Bemühungen, CETA vor einem Scheitern zu bewahren, hatte sich in den vergangenen Tagen der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel eingeschaltet. Auch er führe mit EU-Politikern wie mit Vertretern Belgiens Gespräche, um die Widerstände gegen das Abkommen doch noch aufzulösen, teilte sein Ministerium mit. Gabriel und sein Parteifreund, EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, hatten Ende vergangener Woche, als die Chancen für einen raschen CETA-Abschluss immer mehr schwanden, die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland dazu bewegt, nicht aus Brüssel abzureisen und nicht voreilig die Konsensbemühungen aufzugeben.

Die EU und Kanada hatten seit 2009 über das CETA-Abkommen verhandelt, das beiden Partnern mit dem Abbau von Zöllen und mit einheitlichen Standards erhebliche wirtschaftliche Vorteile bringen soll. Befürworter gehen davon aus, dass die EU-Wirtschaftsleistung dadurch um jährlich zwölf Milliarden Euro steigen könnte und neue Arbeitsplätze entstehen. Kritiker bezweifeln das und fürchten, dass Konzerne zu viel Macht gewinnen und für strukturschwache Regionen, wie Wallonien, Nachteile entstehen könnten.

Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament Othmar Karas forderte unterdessen den Rücktritt des belgischen Premiers Michel. „Jetzt ist Schluss mit lustig“, meinte Karas am Montag. „Wenn die Gerüchte stimmen, dass Belgien das Handelsabkommen mit Kanada nicht unterschreibt und weiter die EU in Geiselhaft nimmt, sollte Charles Michel umgehend zurücktreten. Er ist in seiner europäischen Mitverantwortung gescheitert“, so Karas in Straßburg.

Von der Europäischen Kommission fordert Karas, einen „Weg zur Unterzeichnung von CETA zu finden“. „Die Kommission muss für die Abhaltung des geplanten EU-Kanada-Gipfels sorgen.“

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