Militärcoup in Myanmar – Internet und Telefonleitungen gekappt

Militärs haben in der Nacht auf Montag die Macht in Myanmar an sich gerissen. Gleichzeitig wurden Schritt für Schritt Internet- und Telefonnetze deaktiviert. Zahlreiche Politiker unterschiedlicher Staatsebenen sind festgenommen und unbekannten Aufenthalts, darunter auch Staatskanzlerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sowie Staatspräsident Win Myint.

Ebenfalls ihrer Freiheit beraubt werden kritische Bürger. Das geht zur Stunde aus aktuellen Medienberichten hervor. Die RIPE Routing Statistik für das Land zeigt, dass die Zahl der mit dem Internet verbundenen Autonomen Systeme Myanmars in wenigen Stunden um die Hälfte abgesackt ist. Netblocks.org zeichnet ein sehr ähnliches Bild.

RIPEs Atlas-Netzwerk hatte zuletzt nur noch zwei Sonden in dem Land, jeweils von einer technischen Universität gehostet. Jene in Mandalay ist gegen 22 Uhr MEZ offline gegangen, jene in Yangon ist noch online. Prominenteste Betroffene der Netzabschaltungen sind der staatliche Telekom-Anbieter MPT sowie Telenor Myanmar. Der staatliche TV-Sender ist außer Betrieb, jener des Militärs kann senden.

Die Verhaftungswelle dürfte den Militärs relativ leicht gefallen sein, haben sich doch viele Politiker in der Hauptstadt Nay Pyi Taw eingefunden: Am heutigen Montag sollte dort das Unterhaus zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Bei den (erst zweiten) allgemeinen Wahlen Anfang November hatte Aung San Suu Kyis Partei NLD einen Erdrutschsieg in beiden Kammern des nationalen Parlaments sowie in den gesetzgebenden Körperschaften untergeordneter Gebietskörperschaften eingefahren.

Im nationalen Parlament ist ein Viertel aller Sitze für Militärs reserviert. Von den frei gewählten Sitzen konnten Kandidaten des Militärs allerdings nur wenige gewinnen, so dass die NLD eine absolute Mehrheit hat. Das Militär hatte Wahlbetrug unterstellt und vergeblich eine Verschiebung der konstituierenden Sitzung gefordert. Offiziell möchte es nun ein Jahr lang das Land diktieren.

Am Freitag hatten Vertreter der internationalen Staatengemeinschaft in Myanmar vor einem Militärcoup gewarnt und zur Einhaltung demokratischer Standards und Gewährleistung der Menschenrechte aufgerufen. Unterzeichner waren neben Thomas Neisinger, dem Botschafter Deutschlands, auch die Gesandtschaften aller anderen vertretenen EU-Staaten, der Schweiz, Großbritanniens, der EU, Australiens, Kanadas, Neuseelands, Norwegens und der USA.


(ds)

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