Umgebung: Trump redet vor der Conservative Political Action Conference (CPAC), ein jährliches Treffen konservativer Republikaner. Mehrere prominente Republikaner, unter ihnen Ex-Vizepräsident Mike Pence, haben sich dort diesmal nicht sehen lassen. In Trumps Publikum sitzen also die Treuesten der Treuen. Sie applaudieren dem Ex-Präsidenten regelmäßig, jubeln ihm zu, rufen „Wir lieben Dich“ oder „Di hast gewonnen“. Sie buhen, wenn Trump über Demokraten oder kritische Parteifreunde herzieht. Masken tragen nur wenige.
Vorprogramm: Ergebenheitsadressen für Trump. Der Abgeordnete Jim Jordan ruft in den Saal: „Donald Trump ist der Anführer unserer gemeinsamen Bewegung, der America-first-Bewegung, der Republikanischen Partei. Und, ich hoffe, das er ab dem 20. Januar 2025 wieder der Anführer unseres großen Landes sein wird.“ Das sind aber selbst die konservativen CPAC-Leute geteilter Meinung. Kurz vor Trumps Rede wird eine informelle Umfrage unter den Teilnehmern veröffentlicht, nach der 55 Prozent der Befragten Trump für eine weitere Amtszeit unterstützen würden. Hinter ihm liegt Floridas Gouverneur Ron DeSantis mit 21 Prozent, alle anderen potenziellen Kandidaten rangieren weit dahinter. Interessant: 55 Prozent Rückhalt bei CPAC ist kein so grandioser Wert. Trump, der stets 100-prozentige Loyalität erwägt, dürfte das ärgern.
Unterschiede: Fast alles scheint wie früher, also zu seinen Präsidenten-Zeiten, als Trump um 16.47 Uhr die Bühne betritt. Trumps Kampagnen-Lied „God bless the USA” erklingt. Er klatscht, reckt den Daumen nach oben, lächelt. Trump trägt seine präsidiale rote Krawatte zum weißen Hemd, wie üblich. Ein Unterschied ist daher umso markanter: Erstmals seit über vier Jahren spricht Trump an einem neutralen Rednerpult, ohne das Präsidenten-Siegel. Ein Symbol des Machtverlustes. Am Ende seiner über 90-minütigen Rede dröhnt „YMCA“, ebenfalls ein altbekannter Schlager von Trump-Kundgebungen aus den Lautsprechern. Anders als im Wahlkampf („ich habe 56 Kundgebungen gemacht“) verzichtet Trump auf eine Tanzeinlage. Recht schnell verschwindet er von der Bühne.
Beginn: „Hallo CPAC!“ ruft Trump: „Habt Ihr mich schon vermisst?“ Er spricht von einer „unglaublichen Reise“, die vor vier Jahre begonnen habe und die alles andere als vorbei sei: „Wir werden gewinnen!“ Er gedenkt des kürzlich verstorbenen stramm rechten Talkmasters Rush Limbaugh, sagt, der schaue gerade zu.
Botschaft: „Ich werde keine neue Partei gründen“, sagt Trump: „Wir haben die republikanische Partei.“ Sie werde vereint und stärker als je zuvor sein. Alles andere seien „Fake News“. Trump soll rund um seine verlorene Präsidentschaftswahl über die Gründung einer neuen Partei nachgedacht haben. Das aber würde Amerikas rechtes Lager spalten, es wäre ein Geschenk für die Demokraten. Seitdem sich die Republikaner wieder hinter Trump versammeln gibt es für ihn ohnehin keinen Grund, eine neue Partei aus dem Boden zu stampfen.
Themen: Trump, Trump, Trump, und die angeblich gewonnen Präsidentschaftswahl vom 3. November 2020. Danach kommt erst einmal nichts. Trump verbrämt das auch gar nicht. Es gehe, sagt er, um die Zukunft „unserer Bewegung, unserer Partei, unseres Land“. In dieser Reihenfolge, also die Zukunft Trumps, dann der Republikaner, dann der USA. Erst das Land, dann die Partei? Nein, genau umgekehrt.
Attacken: Natürlich auf seinen Nachfolger Joe Biden.
Auf ihn kommt er bereits acht Minuten nach Redebeginn zu sprechen. Die Demokraten seien radikal, wollten Sozialismus und Kommunismus einführen, wiederholt Trump Satzbausteine aus dem Wahlkampf. Biden habe eine „desaströse Bilanz wie kein anderer Präsident“. Die Demokraten seien „gegen Jobs, Familie, Grenzen, Frauen und Wissenschaft“. Mit den Demokraten würden Hunderttausende, ja Millionen illegaler Migranten in die USA kommen.
Optimismus: Die Republikaner würden die Zwischenwahlen 2022 gewinnen und das Weiße Haus in vier Jahren. Das Publikum ist begeistert, spendet stehende Ovationen, ruft „USA! USA! USA!“
Verschwörungstheorie: Trump wiederholt die substanzlose Behauptung, er habe die Präsidentschaftswahl 2020 gewonnen und die Demokraten hätten sie verloren. Er sei aber womöglich bereit, die Demokraten „das dritte Mal zu schlagen“. Trump verlangt „faire, ehrliche sichere Wahlen“. Bei der letzten Wahl seien Zig Millionen Stimmzettel aufgetaucht, die USA hätten ein „krankes und korruptes Wahlsystem“. Abermals: Die Wahl sei gestohlen worden. Trump verweist auf seine knapp „75 Millionen“ Stimmen (es waren 74,2 Millionen). Bidens 81,3 Millionen Stimmen verschweigt er – und das für die Präsidentschaftswahl einzig relevante Wahlleutegremium ebenso.
Richterschelte: Trump attackiert den – stramm konservativ dominierten – Supreme Court, weil er seine Klage gegen den Wahlausgang zurückwies. Die obersten Richter sollten sich deshalb „dafür schämen, was sie dem Land angetan haben“. Mehrfach klagt Trump, sie hätten „weder Mumm noch Mut“.
Treffer: Trump kritisiert Biden, weil dieser kürzlich gesagt hatte, er habe bei Amtsantritt keinen Impfstoff vorgefunden. Das ist in der Tat absurd. Dann betreibt er aber sogleich ein ähnlich absurdes, exzessives Selbstlob. Die schnelle Entwicklung zweier Impfstoff sei ein Wunder, das es über Hunderte von Jahren nicht gegeben habe. „Jeder“ habe gesagt, dies dauere „fünf Jahre“. Dass ein Impfstoff teilweise in Deutschland entwickelt wurde erwähnt Trump nicht (macht kein amerikanischer Politiker).
Seine Regierung habe mit der Impfstoffentwicklung „weite Teile der Welt gerettet“. Wie viele Impfdosen wollte Trump noch einmal anderen Ländern zur Verfügung stellen?
Halbwahrheit: Bevor Trump über den jüngsten Stromausfall in Texas redet, erwähnt er einen länger zurückliegenden, harmloseren Stromausfall in Kalifornien. Dass jüngst Millionen Texaner frierend im Dunkeln saßen (und etwa 80 starben) hat für Trump an nicht funktionierenden Windrädern gelegen.
Diese kühne These wurde vom texanischen Netzbetreiber längst widerlegt. Texas ist der energiereichste US-Bundesstaat, die dort regierenden Republikaner sind stolz auf ihr autarkes Stromnetz.
Parteifreunde: Namentlich listet Trump all jene Republikaner auf, die im zweiten Impeachment-Verfahren für seine Verurteilung gestimmt haben. Das „Top-Establishment” der Republikaner in Washington solle sich Biden und Nancy Pelosi vorknöpfen statt ihn. Die republikanische Abgeordnete Liz Cheney attackiert er als „Kriegstreiberin“, die Zuhörer johlen. Sie habe daheim schlechte Umfragewerte, „hoffentlich werden sie sie los“. Die Republikaner müssten alle, die das Impeachment unterstützen, loswerden, verlangt Trump. Selbst den Minderheitenführer Mitch McConnell, der jüngst Treueschwüre abgab und für seinen Freispruch stimmte, attackiert er. Und dann hat Trump noch eine weitere kühne These parat: „Die Demokraten halten immer zusammen.“
Spitznamen: Verwendet Trump in dieser Rede fast nie. Nur „Crazy Nancy“ (Pelosi) kommt vor. Kein „Sleepy Joe“ Biden. Bernie Sanders und Elizabeth Warren nennt er weder beim Namen noch beim Spitznamen.
Fehlanzeige: Kein Wort zu Gesundheitspolitik, Jobs, Infrastruktur, Bildung, Handel. Ohnehin wenig, was Trump während einer weiteren Präsidentschaft 2025 bis 2029 eigentlich programmatisch vorhat.
Appell: Trump bittet seine Zuhörer darum, seine Homepage zu besuchen. Auf gut Deutsch: er will Spenden.
Spielerei: Zum Ende der Rede geht es noch einmal um deren Essenz, eine Wahlsieg 2024. Abermals spielt er mit einer neuerlichen Kandidatur. 2025 werde es einen republikanischen Präsidenten geben, ist Trump überzeugt: „Ich frage mich, wer das sein könnte. Wer? Wer? Wer? Wer das wohl sein würde, frage ich mich.“
Fazit: Wenig Neues, keine Orientierung, vielmehr eine Retro-Show, allerhand Selbstbeweihräucherung. Während seiner Rede hat Trump, wie üblich, mehrfach gelogen. Zu Hochform läuft er auf, indem er andere attackiert – diesmal noch mehr die eigenen Leute als die Demokraten.
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