Südthüringer CDU: In den Kampf mit Maaßen

Als der Tagungsleiter kurz nach 20 Uhr das Ergebnis verkündet, herrscht einen Moment lang Stille im Saal, dann kommt vorsichtig Applaus auf und schließlich bricht sich die Freude Bahn. Mehrere Delegierte klatschen sich – mit Abstand – ab, knuffen sich gegenseitig in die Seite, feiern sich für ihren Coup.

Hans-Georg Maaßen wird für die Südthüringer Union in den Bundestagswahlkampf ziehen, um das Direktmandat im Wahlkreis 196. Noch vor anderthalb Monaten gehörte das dem Suhler Abgeordneten Mark Hauptmann, der wegen mutmaßlich korrupter Verbindungen zum autokratischen Regime Aserbaidschans erst sein Bundestagsmandat niederlegte und dann, weil er der Staatsanwaltschaft zufolge fast eine Million Euro Provision für die Vermittlung von Mund-Nasenschutz-Masken erhalten haben soll, auch aus der CDU austrat. Der Platz war also frei, und zwei der vier hier entscheidenden CDU-Kreisverbände trugen umgehend Maaßen die Kandidatur an.

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Die Union sei unverschuldet in die Lage gekommen, sich einen neuen Kandidaten suchen zu müssen, sagte Ralf Liebaug, der Vorsitzende des größten Kreisverbandes Schmalkalden-Meiningen. „Wir haben aber den Anspruch und die Pflicht, diesen Wahlkreis zu gewinnen“, formuliert er das Ziel und beginnt dann, ein wenig zu flunkern. Maaßen sei ein Mann, „der über Jahre Kontakt in die Region gehalten“ und sie „immer wieder besucht“ habe. Maaßen war zwar mal im Landtagswahlkampf vor zwei Jahren hier, aber das war es dann auch schon, geboren ist der Mann in Mönchengladbach, und er lebt in Berlin, der Großstadt, mit der sie hier auf dem Land am wenigsten anfangen können. Aber Maaßen sei eben auch „ein Mann klarer Worte“, jemand, dem Begeisterung und Ablehnung zugleich entgegenschlügen, also eine polarisierende Person, durch deren Bekanntheit und öffentlich immer mal wieder geäußerten Kontras zur Regierung sie sich hier den Sieg erhoffen.

Typische Haltung

Maaßen folgt der Veranstaltung aus der letzten Reihe in seiner typischen Haltung: verschränkte Arme, den Kopf leicht nach unten geneigt. Er ist der erste von drei Bewerbern, die sich am Abend im Saal „Simson“ des Suhler Kongresszentrums den 43 Delegierten vorstellen dürfen. Simson war hier zu DDR-Zeiten ein großes Zweiradwerk mit 4000 Mitarbeitern und einem vor allem bei Jugendlichen populären Produkt, dem Moped S 51, das ganze Generationen bewegte. Nach der Wiedervereinigung machte die Treuhand das Werk wie viele andere Betriebe dicht. Seitdem kämpft Suhl und der Süden Thüringens um wirtschaftlichen Anschluss.

Vor allem die Jugend aber hat – nicht zuletzt wegen der Nachbarschaft zu Bayern – die Region verlassen. Das alles hat Maaßen bisher nur gehört, und auf sein größtes Problem weist deshalb eine Dia-Show hin, die im Hintergrund seiner Vorstellung läuft. Sie zeigt den Kandidaten auf einer „Kennlerntour“, auf die er sich in den vergangenen Tagen in Südthüringen begeben hat. Der Wahlkreis sei ein Schmuckstück und kulturhistorisch bedeutsam, „Deutschland von seiner schönsten Seite“, schmeichelt Maaßen den Delegierten. Er fühle sich sehr geehrt, dass ihm die Kandidatur angetragen wurde, und er finde, dass die Südthüringer CDU und er „menschlich und politisch sehr gut zueinander passen“. Im Falle seiner Wahl werde er sich „reinknien“ und, natürlich, hier einen Wohnsitz nehmen.

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