Seehofer mimt den Sanftmütigen auf dem CSU-Parteitag

© dpa Bayerischer Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)

Horst Seehofer steigt aus seiner Limousine, gleich bildet sich eine Traube von Journalisten. So ist es immer, wenn der bayerische Ministerpräsident irgendwo ankommt. Weil Seehofer, das wissen Journalisten, eigentlich immer etwas sagt. Seehofer gibt die Temperatur für den Parteitag vor: Eher wohlig warm. Er wird, wie er kurz darauf in seiner Auftakt-Rede zeigt, nicht poltern, eher beruhigen und nachdenken über die Zukunft der Christsozialen. So gibt er sich auch in seiner über eineinhalb stündigen Rede: Als Seehofer, der Sanftmütige.

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Genau ein Jahr ist es her, dass Horst Seehofer auf der Bühne des CSU-Parteitags stand, Merkel neben ihm und er ihr eine Tirade über die Flüchtlingspolitik vortrug. Wie ein Schulmädchen führte er sie vor, Merkel blieb stoisch. Das war der Auftakt für eine immer weiter fortschreitende Zerrüttung im Verhältnis der beiden Schwesterparteien. Zu diesem Parteitag, das ist seit einigen Tagen bekannt, ist Merkel nicht eingeladen.

Seehofer feiert seine Erfolge

Der Konflikt mit der CDU und Angela Merkel ist die Folie, auf der sich die Versammlung in diesem Jahr abspielt. In den zurückliegenden Monaten habe sich eine „tektonische Verschiebung in der politischen Landschaft“ vollzogen, sagt Seehofer. Die AfD ist stark geworden, die CDU hat mehrere Niederlagen einfahren müssen. Im Moment fänden Gespräche zwischen CDU und CSU statt, die „ganz gut“ laufen, berichtet Seehofer. An zwei Stellen stellt er heraus, dass eine Lösung noch nicht gefunden ist und lässt offen, ob es ein Ergebnis gibt. Man dürfe seine Seele nicht verkaufen, bekräftigt er. Längst ist aber klar, dass es eindeutige Signale für eine Lösung gibt. Es soll, so formuliert Seehofer, kein „Formkompromiss“ sein.

Dann ereignet sich der bemerkenswerteste Moment von Seehofers Rede. „Die Verhandlungen, die hinter verschlossenen Türen stattfinden müssen, auf offener Bühne auszutragen, wäre ein grober politischer Fehler“, sagt der Parteichef, „ein grober politischer Fehler!“ Seehofer macht eine Pause. „Ich habe da so meine Erfahrungen.“ Er lächelt. „Es schadet nicht, wenn man im Alter klüger wird.“ Auch wenn Seehofer es nicht explizit macht, räumt er einen Fehler im vergangenen Jahr im Umgang mit Merkel ein und entschuldigt sich, ohne es explizit zu tun. Im Prozess der Versöhnung ist das sicherlich ein wichtiger Schritt.

© reuters Seehofer will CSU auf Lagerwahlkampf einschwören

Die Selbstkritik nimmt Seehofer aber erst im letzten Teil seiner Rede auf. Er feiert erst einmal seine Erfolge. Von seinem Generalsekretär wird er als der „Ministerpräsident des gehaltenen Wortes“ angekündigt und geriert sich als Erfolgsgarant der bayerischen Politik. „Wir haben Wort gehalten“, wiederholt Seehofer immer wieder. Er rühmt sich, die Reform des Länderfinanzausgleichs ausverhandelt zu haben und an der Erbschaftssteuerreform mitgewirkt zu haben. Er reklamiert die Umsetzung der Maut für Ausländer und den Neubau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München. Beide Vorhaben seien nur durch den Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) möglich gewesen. Den Verkehrsminister zu stellen, sagt Seehofer verschwörerisch zu den Delegierten, „ist gleichbedeutend mit Überweisung.“

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