Parteitag: Die CSU mag’s pragmatisch

© Reuters Horst Seehofer

Was sollte Horst Seehofer noch sagen? Am Freitagnachmittag hat er eine Stunde und 45 Minuten geredet. Über die Erfolge, die Abgründe, die Zukunft der CSU. Erst schienen die Flüchtlingskrise und der Streit mit der Schwesterpartei nur in Andeutungen stattzufinden. Als spielte da einer mit den Erwartungen. Dann zurrte Seehofer seine Position mit einer Kaskade von Sätzen fest. Eine Versöhnung auf Bayerisch: Auf der Obergrenze beharrte er, nannte sie aber nicht explizit. Zugleich deutete er eine Entschuldigung bei Angela Merkel an, die er vor genau einem Jahr auf dem CSU-Parteitag für ihre Flüchtlingspolitik vorgeführt hatte. Seehofer sprach davon, das Alter mache „politisch klüger“.

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Am Samstag steht er dann wieder auf der Bühne. Es ist die zweite von drei geplanten Reden. Die dritte ist schon gestrichen und auch die zweite soll nur wenige Minuten dauern. Das kündigt Seehofer gleich an. Er will die Leute schließlich nicht langweilen und aufhalten. Die Signale und Reaktionen, die am Freitag gesendet worden seien, sagt er, die passten ihm. „Eine weitere Rede kann das nur gefährden“, sagt er. Und grinst.

Im Mittelpunkt des Konflikts zwischen CDU und CSU steht die Forderung nach einer Obergrenze. Die CDU will die Zahl der Flüchtlinge verringern, aber keine bindende Obergrenze. Die CSU schon. Eigentlich also ein Konflikt, der sich um Nuancen dreht. Könnte man denken. Umso wichtiger ist, welche Stimmen es aus München gibt.

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Seehofer bleibt schwammig, Finanzminister Markus Söder beharrte zuletzt auf einer Obergrenze. Der Chef der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, ging in der „Passauer Neuen Presse“ am Samstag noch einen Schritt weiter: Eine Koalition mit der CSU könne es im kommenden Jahr nur geben, wenn es eine faktische Obergrenze gibt. Andere sind längst zurückgerudert. Ihnen geht es um eine langfristige Reduzierung der Flüchtlinge. Keine faktische Obergrenze – und nicht weit von der CDU entfernt.

An der Basis ist das anders. Beim Delegiertenabend lästern manche der tausend Teilnehmer derb über Merkel. Ein Mann aus Niederbayern sagt etwa, „die Merkel“ solle sich gar nicht trauen im kommenden Jahr im Wahlkampf in seiner Region aufzutreten. „Die will keiner sehen“, sagt er. Eine „Verräterin an der Union“ sei sie. Ein anderer pflichtet bei. Was also tun, Merkel nicht unterstützen? Da werden die beiden Männer kleinlaut. „Wer soll’s denn dann machen?“, fragt einer. Allein habe die CSU keine Chance. Man müsse im kommenden Jahr Einigkeit demonstrieren.

Seehofers vertrackte Vorschläge

Diesen Eindruck hinterlässt der ganze Parteitag: Emotional scheint man immer noch weit entfernt von den Positionen der Kanzlerin und ihrer Regierung, der Streit hallt nach, aber der Pragmatismus hat auch Einzug gehalten. Ein langfristiger Streit kann böse Folgen haben. Seehofer spricht eine Gewissheit am Freitag an: Fällt die Bundestagswahl im kommenden Jahr für die CSU schlecht aus, kann das schnell auch ein Verlust der absoluten Mehrheit in Bayern im Jahr darauf bei der Landtagswahl bedeuten.

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