Wegen eines Einspruchs der Türkei bleibt der jüngste Bericht des Antifolterkomitees des Europarats zur Türkei unveröffentlicht. Der Leiter des Gremiums, Mykola Gnatovskyy, sagte am Donnerstag in Straßburg: „Natürlich würde ich sehr gerne über unsere Erkenntnisse reden. Aber ich darf kein Wort darüber verlieren.“ Die Regierung eines vom Antifolterkomitee besuchten Staates muss der Veröffentlichung zustimmen. Die Türkei, die dem Europarat 1990 beitrat, hat diese Freigabe zum dritten Mal in Folge verweigert.
Autor: Michael Martens, Korrespondent für südosteuropäische Länder mit Sitz in Athen.
Im Sommer des vergangenen Jahres, nach dem Putschversuch im Juli 2016, hatten vier Fachleute des Gremiums mehrere Gefängnisse im Land besucht. Sie erhielten auch Zugang zu Dokumenten über Häftlinge. „Wir haben Hunderte Leute interviewt, einzeln und unter vier Augen“, sagte Gnatovskyy. „Wir haben also ziemlich gutes Material, aus dem wir Schlussfolgerungen ziehen können.“ Noch im vergangenen Sommer hatte der Generalsekretär des Europarats, Thorbjörn Jagland, dieser Zeitung gesagt, man werde bald „größere Klarheit“ zu Vorwürfen über Misshandlungen in türkischen Gefängnissen haben.
Mehr dazu in der F.A.Z. vom 21.04.2017.
Am Vorabend schon in der F.A.Z. -App
und als E-Paper.
Im Streit um die Manipulationsvorwürfe nach dem Referendum vom vergangenen Sonntag kündigte unterdessen der Präsident des Verbands der türkischen Anwaltskammern, Metin Feyzioglu, gegenüber dieser Zeitung eine Klage vor dem türkischen Verfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Das Vorgehen des Hohen Wahlrates, nicht gestempelte Unterlagen für gültig zu erklären, widerspreche „Geist und Buchstaben des Gesetzes“, sagte Feyzioglu. „Es geht hier um die Existenz des türkischen Staates.“
© reuters Unregelmäßigkeiten bei Wahl: Türkei weist Vorwürfe als falsch zurück
Feyzioglu widersprach mit seiner Einschätzung dem türkischen Justizminister Bekir Bozdag, der am Donnerstag sagte, das Verfassungsgericht könne Entscheidungen des Wahlrates nicht annullieren. Bozdag sagte weiter, der Menschenrechtsgerichtshof sei nicht für Beschwerden gegen das Verfassungsreferendum zuständig. In dem Referendum hatten am Sonntag nach offiziellen Angaben 51,4 Prozent für die Einführung eines Präsidialsystems gestimmt.
Die ganze F.A.Z. jetzt auch im Web, mit zusätzlichen Bildern, Videos, Grafiken. Hier geht’s zum Test.
Antworten