Abschied von Altkanzler: Kohls Sarg im EU-Parlament aufgebahrt

© EPA Helmut Kohls Sarg wird am Samstagmorgen im Plenarsaal des EU-Parlaments aufgebahrt

Europa nimmt Abschied von einem großen Europäer: Bei einem Trauerakt im EU-Parlament verneigt sich die politische Spitze aus Vergangenheit und Gegenwart vor Helmut Kohl, einem der bedeutendsten Staatsmänner des Kontinents. Der Sarg des früheren Bundeskanzlers und „Vaters der Deutschen Einheit“ wurde am Samstagmorgen zunächst in einem Protokollraum des Europaparlaments in Straßburg aufgebahrt. Vor dem Saal könnten sich die Trauernden in ein Kondolenzbuch eintragen, sagte eine Parlamentssprecherin. Anschließend sollte der Sarg vom Wachbataillon des Bundesverteidigungsministeriums in den Plenarsaal getragen werden – begleitet von einer Totenwache des Eurokorps.

Erstmals wird für einen Politiker ein solcher europäischer Trauerakt ausgerichtet. Einen deutschen Staatsakt für Kohl wird es dagegen nicht geben. Zahlreiche Fernsehsender werden das Ereignis live übertragen.

47262607 Der Plenarsaal des Europäischen Parlaments am Samstagmorgen vor dem Trauerakt © Marcus Kaufhold Bilderstrecke 

Der mit einer Europaflagge bedeckte Sarg des früheren Bundeskanzlers war am Morgen aus Kohls Haus in Ludwigshafen-Oggersheim getragen und zu einem schwarzen Leichenwagen gebracht worden. Anschließend machte sich ein Fahrzeugkonvoi auf den Weg nach Straßburg.

Zahlreiche Staats- und Regierungschefs wollen Abschied von Kohl nehmen und seine Verdienste für Europa würdigen. Am Abend wird der frühere Bundeskanzler nach einem Requiem im Speyerer Dom beerdigt. Kohl war 16 Jahre lang Bundeskanzler und 25 Jahre lang CDU-Vorsitzender. Der „Ehrenbürger Europas“ starb am 16. Juni im Alter von 87 Jahren. Bei dem Trauerakt in Straßburg werden neben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter anderen EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedjew und der ehemalige amerikanische Präsident Bill Clinton reden.

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Am Nachmittag sollte ein Hubschrauber den Sarg zurück nach Ludwigshafen bringen. Nach der Landung wird dieser durch die Innenstadt gefahren. Die letzten Kilometer bis ins nahe Speyer bringt ein Schiff den Leichnam Kohls. Im Dom zu Speyer wird der katholische Bischof Karl-Heinz Wiesemann dann die Totenmesse halten (18 Uhr). Rund 1500 geladene Gäste werden dazu erwartet. Zu Speyer und seinem Dom hatte Kohl seit seiner Kindheit eine besondere Beziehung.

Nach einem militärischen Ehrenzeremoniell der Bundeswehr soll er (20.30 Uhr) dann auf einem nahen Friedhof in Speyer im Freundes- und Familienkreis beigesetzt werden. Kohl wird damit nicht im Familiengrab in Ludwigshafen bestattet.

Ein Großaufgebot der Polizei mit mehr als 1000 Beamten sichert die Trauerfeierlichkeiten. Die Beisetzung dürfte zu den größten Beerdigungen in der deutschen Nachkriegsgeschichte zählen, Tausende Menschen werden dazu alleine in Speyer erwartet.

Macron: „Frankreich trauert um Helmut Kohl“

Der französische Präsident Emmanuel Macron erinnerte mit einem Facebook-Eintrag an Kohl. „Frankreich trauert um Helmut Kohl“, heißt es in dem deutschsprachigen Eintrag, der am Samstagmorgen auf seine Seite in dem sozialen Netzwerk gestellt wurde. Kohl sei „für alle Franzosen der Repräsentant eines Deutschlands, das versucht, aus Ruinen ein Ideal zu schaffen“, schrieb Macron. „Das versucht, der Welt ein Projekt vorzuschlagen und damit die Verletzungen und Gräuel wiedergutzumachen. Auf dass sie weder verschwiegen noch vergessen werden.“ „In einer Welt, in der das Tragische auf einmal wieder zurückkehrt, soll, muss Europa eine Hoffnung sein“, schloss Macron.

© dpa, reuters Lammert würdigt Kohl vor versammeltem Bundestag

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