Schuldsprüche im Swap-Prozess: Heinz Schaden vor Rücktritt

(Von Heidi Huber.)

Monika Rathgeber kam vergleichsweise glimpflich davon, weil sie als einzige ein Tatsachengeständnis abgelegt hat. Sie wurde zu einer zusätzlichen bedingten Strafe von einem Jahr verurteilt. Ihr Bürokollege im Budgetreferat wurde zu einem Jahr bedingt verurteilt. Der Finanzdirektor der Stadt wurde zu drei Jahren, davon ein Jahr unbedingt, verurteilt. Magistratsdirektor Martin Floss erhielt ein Jahr Freiheitsstrafe bedingt.

Monika Rathgeber und ihr Kollege hätten die ihnen erteilte Vollmacht wissentlich missbraucht. Die anderen fünf Angeklagten – Heinz Schaden, Othmar Raus, Eduard Paulus, der Finanzdirektor und Martin Floss – hätten das Verbrechen der Untreue als Beteiligte begangen. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Die Richterin begründete das Urteil wie folgt

„Lediglich die Erstangeklagte Monika Rathgeber hat authentisch geschildert, was sie bewogen hat, was sie verärgert hat. Sie hat Verantwortung übernommen. Auf ihre Angaben konnte sich das Gericht maßgeblich auch stützen. Hofrat Paulus ließ der Erstangeklagten eigentlich freie Hand“, sagte Geisselhofer gleich zu Beginn.

Es habe eine Vollmacht für die Erst- und den Zweitangeklagten, auch für den Fünftangeklagte bestanden, derartige Derivate abzuschließen. „Der Bürgermeister war über diese Derivatgeschäfte nicht im Detail informiert, jedenfalls nicht bis zum 25. Mai 2007.

Der Sechstangeklagte Finanzdirektor hat sich bemüht, umzustrukturieren. Dem Sechstangeklagten blieb es aber nicht verborgen, dass teilweise negative Barwerte vorhanden waren, die in neue Produkte eingepreist werden mussten und dass diese Art der drohenden Zinszahlungen zu keiner Verbesserung der bestehenden Produkte führte.“

Immer wenn eine Umstrukturierung anstand, sei auch Martin Floss davon informiert worden. „Diese Terminkoordinierung übernahm Martin Floss. Es ergibt sich dann, dass nach mehreren Umstrukturierungen eine größere Umstrukturierung am 25. Mai 2007 ansteht. Ganz deutlich wird die Bestürzung bei Heinz Schaden, was in der Finanzabteilung eigentlich los ist, dann in einem E-Mail. Der Bürgermeister sei an die Decke gegangen, heißt es dort. Dr. Heinz Schaden hat einen Statusbericht in Auftrag gegeben, der für das erkennende Gericht sehr aufschlussreich war. Zu diesem Zeitpunkt wussten sie Bescheid“, sagt Geisselhofer.

Als die Richterin auf den Zeugen Erwin Roth auch noch Bezug nahm, wurde es unruhig im Gerichtssaal. Othmar Raus schüttelte den Kopf. Die Richterin führte weiter aus: „Es galt, Diskussionen im Stadtsenat zu vermeiden. Der Sinne der Übung war, diese Derivate ohne Gegenleistung an das Land zu übertragen. Das sagt Dr. Schaden ja auch selbst.“ Das Geld der Steuerzahler sei rechtlich vor allem zu schützen, sagte die Richterin. Es sei auch aus generalpräventiver Sicht der Bevölkerung zu zeigen, „dass Untreuehandlungen mit Millionenbeträgen nicht ungestraft bleiben“. Erschwerend bei allen Angeklagten komme hinzu, dass sie die Tat unter Ausnützung ihrer Vertrauensstellung begangen hätten. „Der Gesetzgeber verpönt derartiges Verhalten besonders“, sagte die Richterin.
Das Gericht nimmt einen finanziellen Schaden von zumindest drei Millionen Euro als erwiesen an.

Verteidiger legen Nichtigkeitsbeschwerde ein

Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic hat am Freitagabend keine Erklärung abgegeben. Rathgebers Anwalt Herbert Hübel erbat sich Bedenkzeit. Sechs Verteidiger haben bereits Rechtsmittel angemeldet und werden Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung beim Obersten Gerichtshof einlegen.

Ab Zustellung des schriftlichen Urteils bleibt dafür vier Wochen Zeit. Bei einer Nichtigkeitsbeschwerde können Formfehler geltend gemacht werden – etwa wenn das Urteil unrichtig, aktenwidrig oder denkunmöglich begründet ist. Ein Ansatzpunkt für die Verteidiger ist auch der Gutachter, der vom Schöffensenat im Swap-Prozess aus dem Verfahren geworfen wurde.

Dann wird der Oberste Gerichtshof (OGH) entscheiden müssen. Er kann das Urteil bestätigen, teilweise oder zur Gänze aufheben oder die Sache überhaupt an das Landesgericht Salzburg zurückschicken. Bis der OGH entscheidet, dürften einige Monate vergehen. Realistisch ist wohl eine endgültige Entscheidung 2018. Wird hinsichtlich der Höhe der Strafe Berufung eingelegt, kann der OGH aber auch an das Oberlandesgericht Linz verweisen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der OGH Urteile „hebt“, ist da, aber nicht allzu groß. Erfahrene Strafverteidiger sprechen von „unter 20 Prozent“.

Schadens Anwalt: „Hätte nie verurteilt werden dürfen“

Walter Müller, Anwalt von Bürgermeister Heinz Schaden, wird gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung einlegen. Müller: „Obwohl der Schöffensenat das vom Gericht bestellte Fachgutachten von Christian Imo wegen fehlender Schlüssigkeit aus dem Verfahren ausgeschlossen hat, hat der Senat auf Basis seiner eigenen Lebenserfahrung einen Schaden festgestellt, den wir beim besten Willen nicht nachvollziehen können. Die Berechnungen der Finanzexperten der Verteidigung haben klar aufgezeigt, dass die Übertragung der Zinstauschgeschäfte der Stadt an das Land Salzburg keinen oder wenn, dann keinen 300.000 Euro übersteigenden Schaden verursacht hat. Hätte der Schöffensenat der Verteidigung die Möglichkeit gegeben, dies darzulegen, wäre ein Freispruch für alle Angeklagten die einzige logische Folge gewesen.“ Zudem habe die Beweisaufnahme im Hauptverfahren eindeutig bewiesen, dass keiner der Angeklagten einen Schädigungsvorsatz hatte. „Von einer politischen Absprache zur Schädigung des Landes Salzburg kann keine Rede sein. Dagegen spricht die klare Zeugenaussage von Dr. Gmachl“, so Müller. Und: „Vor diesem Hintergrund hätte Bürgermeister Schaden nie verurteilt werden dürfen. Selbst wenn durch die Übertragung ein Schaden für das Land Salzburg entstanden wäre, der Bürgermeister hat die Interessen der Stadt Salzburg zu vertreten und kann für das Verhalten von Landesbediensteten nicht haftbar gemacht werden.“

Angeklagte müssen Kosten des Strafverfahrens tragen

Die Angeklagten wurden auch zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt. Das Land Salzburg hatte sich dem Verfahren als Privatbeteiligte angeschlossen. Weil aber darauf vergessen wurde, die Ansprüche zu beziffern, wurden die Ansprüche zurückgewiesen. Das Land wird aber wohl Geld von der Stadt Salzburg zurückhaben wollen. Klage wurde bereits im Oktober 2015 eingebracht. Das entsprechende Zivilverfahren ruht aber bis Oktober 2017.

Folgt Montag 11 Uhr Schadens Rücktritt?

Bürgermeister Heinz Schaden verließ wortlos das Gerichtsgebäude. Für Montag um 11 Uhr ist eine Pressekonferenz im Schloss Mirabell anberaumt. Alle Beobachter gehen davon aus, dass Schaden sein Amt zur Verfügung stellen wird. Dann werden zumindest Bürgermeister-Direktwahlen nötig, die aller Voraussicht nach im Herbst stattfinden würden.

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(Bild: Hofrat Eduard Paulus, Ex-Finanzreferent Othmar Raus und Bürgermeister Heinz Schaden. Bild: SN/www.neumayr.cc)

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