Die weltweit größte Immobilienpreisblase liegt in Deutschland

Global betrachtet ist eigentlich Entspannung angesagt. Die Entwicklung bei den Immobilienpreisen kam in den letzten zwölf Monaten praktisch zum Stillstand. In vielen großen Städten gingen sie sogar leicht zurück, wie eine aktuelle Auswertung der Schweizer Investmentbank UBS zeigt. Doch es gibt da ein paar wenige Ausnahmen. Und diese liegen ausgerechnet in Deutschland.

Nirgends sind die Preise demnach so schnell gestiegen wie in Frankfurt. Und München hat nun sogar weltweit das größte Risiko einer Immobilienpreisblase. Auch andere Städte der Euro-Zone zeigten starke Preiszuwächse – im Wesentlichen eine Folge der extrem niedrigen Zinsen. In den kommenden Monaten könnte sich der Trend jedoch umkehren, vor allem wegen der drohenden Rezession in Deutschland.

Verglichen hat die UBS weltweit 24 Städte, neun davon in Europa, darunter München und Frankfurt. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um globale Geschäftszentren, oft auch Finanzzentren, die schon seit Jahrzenten im Fokus der Immobilieninvestoren stehen. Berlin ist daher nicht enthalten; die Hauptstadt ist erst in den vergangenen Jahren zu einem bevorzugten Ziel für Investoren geworden.

Quelle: Infografik WELT

Über alle Kontinente hinweg haben die ökonomischen Unsicherheiten, vor allem durch den Handelskonflikt, dazu geführt, dass die Preise inflationsbereinigt im Schnitt stagnieren. „Allerdings haben die niedrigen Zinsen in Teilen der Eurozone dazu geführt, die Immobilienpreise auf ein Niveau zu heben, das auf ein Blasenrisiko hindeutet“, sagt Mark Haefele, Chefanlagestratege bei UBS Global Wealth Management.

Ganz besonders ist dies in München der Fall. Noch 2016 rangierte die Stadt auf Platz 4 und kletterte seither jedes Jahr einen Rang nach oben, schon im vergangenen Jahr lag sie nur noch dicht hinter Hongkong. Nun hat sie die asiatische Metropole jedoch hinter sich gelassen – in keiner anderen Großstadt schlägt der rote Balken inzwischen weiter aus als in der bayerischen Hauptstadt.

Auch Frankfurt ist auf der Indexskala Jahr für Jahr weiter nach oben gestiegen, in diesem Jahr nun erreicht die Main-Metropole erstmals jene Region, die die UBS-Experten als Blasen-Bereich definieren: Hier besteht das akute Risiko, dass der Wohnungsmarkt überhitzt ist und sich dies in der Zukunft über einen Preiseinbruch bereinigt.

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Hier wirkt vor allem der Zuzug vieler Finanzfirmen aufgrund des drohenden Brexit. Dies führte in den vergangenen zwölf Monaten zu einem deutlichen Preisanstieg. „Frankfurt war die einzige Stadt mit einem zweistelligen Zuwachs“, sagt Haefele. In den vergangenen Jahren sei dies auch in den meisten der anderen untersuchten Metropolen üblich gewesen, zuletzt aber eben nicht mehr.

Stattdessen sind dort die Preise zum Teil zurückgegangen, so beispielsweise in Sydney, Vancouver und Dubai. Auch in London, das unter der Abwanderung der Finanzindustrie aufgrund des Brexit leidet, hat sich der Markt deutlich abgekühlt. Die Folge: Erstmals seit vier Jahren findet sich die Stadt nicht mehr im Blasen-Bereich. Neu in diesem Bereich ist dagegen nun Paris – ebenfalls ein Profiteur des Brexit.

Basis der Berechnungen der UBS-Experten sind fünf Indikatoren. So betrachten sie zum einen, wie stark sich Mieten und Einkommen von den Immobilienpreisen entkoppeln. Des Weiteren untersuchen sie, ob Kreditvergabe und Bautätigkeit überhitzen, und schließlich werden die Preise in den Städten den Durchschnittspreisen des jeweiligen Landes gegenübergestellt. Diese Faktoren werden gewichtet und in einen Index übersetzt.

Warnung vor Investitionen im Blasen-Bereich

Dieser könne natürlich das Phänomen einer Preisblase nicht mit Sicherheit erfassen. „Wir können nicht vorhersagen, ob und wann eine Korrektur erfolgen wird“, schränken die Studien-Autoren daher ein. Wenn sie bei einzelnen Städten jedoch von „Blasenrisiko“ sprechen, so bedeute dies, dass es durchaus ein hohes Risiko dafür gebe.

Tatsächlich sind die Preise in jenen Städten, die 2016 auf den vordersten Plätzen rangierten, inzwischen inflationsbereinigt gesunken, im Schnitt mittlerweile um zehn Prozent, und ein Ende dieses Trends sei nicht abzusehen. Investoren sollten daher bei Märkten, die sich im Blasen-Bereich befinden, vorsichtig sein.

Diese Warnung kommt inzwischen auch von anderer Seite. „Es wird immer anspruchsvoller, wirtschaftlich sinnvoll in Wohnbestandsimmobilien in den A- und B-Märkten zu investieren“, stellen beispielsweise Sven Carstensen und Robin Cunningham von der Immobilienberatung Bulwiengesa in einer aktuellen Untersuchung fest. „In den A-Märkten liegen die Renditen längst unter drei Prozent.“

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Das führt dazu, dass Investoren bei Wohnimmobilien längst verstärkt ins Umland der deutschen Metropolen ausweichen – und auch dort die Preise in die Höhe treiben. Doch auch hier wird irgendwann ein Endpunkt erreicht sein. Die Bulwiengesa-Expreten prognostizieren daher für die kommenden Jahre eine allmähliche Trendwende, wodurch die Immobilien in der Folge „neu einzupreisen“ seien – sprich: die Preise werden fallen.

Auslöser dafür könnten nicht zuletzt die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme in Deutschland sein. Dies könnte dazu führen, dass zunächst die Preise für Gewerbeimmobilien nachgeben. „Der erste Sektor, der unter dem zyklischen Rückgang der Flächennachfrage zu leiden hätte, wäre der Einzelhandel, dessen Zeitlupenimplosion beschleunigt werden könnte, wie wir es derzeit in Großbritannien sehen“, sagt Stefan Wundrak, Analyse-Chef für Europa beim Immobilieninvestor Nuveen Real Estate.

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Drohende Rezession

Von dort ausgehend könnte sich die Preiskorrektur dann auch in andere Bereiche des Immobilienmarktes fressen, letztlich auch in den Markt für Wohnimmobilien. Dass dies schon in den kommenden zwölf Monaten passieren wird, ist allerdings eher unwahrscheinlich.

„Durch die anhaltend expansive Geldpolitik der EZB bleibt das historisch niedrige Zinsniveau bis auf Weiteres bestehen“, sagt Sebastian Schnejdar, Immobilienexperte bei der BayernLB. Damit bleibe auch die Nachfrage von institutionellen und privaten Investoren mangels alternativer Anlagemöglichkeiten weiterhin hoch. „Die Preissteigerungen bei deutschen Wohnimmobilien dürften auf Basis der fundamentalen Nachfrage und des weiterhin knappen Angebots somit auch 2019 und 2020 weitergehen.“

Damit könnte München der Platz auf dem obersten Treppchen im UBS-Blasenindex wohl auch im nächsten Jahr sicher sein. Und vielleicht gesellt sich dann sogar Frankfurt auf Platz 2 dazu.

Die Preise für Wohneigentum steigen weiter

Die Preise für Wohneigentum steigen weiter. Vor allem in den Großstädten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf. Aber auch auf dem Land. Ein Grund für die boomende Nachfrage sind die niedrigen Zinsen.

Quelle: WELT/Nicole Fuchs-Wiecha

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