Brexit im News-Ticker – Johnson-Pläne sickern durch – britische Flaggen an EU-Gebäuden schon abgehängt

Der Brexit kommt: Großbritannien tritt am 31. Januar 2020 um Mitternacht nach 47 Jahren als erstes Mitglied wieder aus der EU aus. Danach folgt eine Übergangsphase. Den Briten und den EU-Vertretern stehen also noch weitere Verhandlungen bevor. Alle Informationen zum Brexit-Prozess im News-Ticker von FOCUS Online.

Das Referendum zum Austritt Großbritanniens aus der EU liegt mittlerweile knapp vier Jahre zurück. Nach dem formalen Brexit beginnt die Übergangsphase, bis mindestens Ende 2020. Großbritannien bleibt vorerst noch im Binnenmarkt und in der Zollunion. Zukünftige Beziehungen, insbesondere das Freihandelsabkommen müssen die EU und Großbritannien demnach noch aushandeln.

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Unschöne Szenen auf Brexit-Fest – Johnson-Ansprache ausgestrahlt

22.47 Uhr: Kurz vor Beginn einer vom Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage, organisierten Party zum EU-Austritt nahe des Londoner Parlaments ist es dort zu unschönen Szenen gekommen. Erwachsene animierten Kinder am Freitagabend, auf EU-Flaggen auf dem matschigen Boden zu springen, und klatschten Beifall. Etliche Teilnehmer waren betrunken und stürzten, obwohl auf dem Parliament Square Alkohol verboten ist. Großbritannien tritt über dreieinhalb Jahre nach dem Brexit-Votum um Mitternacht aus der Europäischen Union aus.

Der britische Premierminister Boris Johnson will den Brexit derweil zu einem „unfassbaren Erfolg“ machen. Das sagte Johnson am Freitagabend in einer im Internet veröffentlichten Ansprache an die Nation kurz vor dem Austritt seines Landes aus der Europäischen Union um Mitternacht mitteleuropäischer Zeit.

Der Brexit bietet laut Johnson die Chance, das „volle Potenzial Großbritanniens zu entfesseln“. Gleichwohl räumte Johnson ein, dass der Weg dorthin holprig sein könnte. „Es ist ein Moment der echten nationalen Erneuerung und des Wandels“, erklärte der Premier. Seine Aufgabe sei es nun, „dieses Land wieder zusammenzubringen“.

Britische Flaggen an EU-Gebäuden schon abgehängt

21.29 Uhr: Wenige Stunden vor dem Brexit haben Mitarbeiter der Europäischen Union die britischen Flaggen vor wichtigen EU-Gebäuden entfernt. Die Flagge des Vereinigten Königreichs wurde am Freitag vom EU-Ratsgebäude in Brüssel sowie vor den Sitzen des Europäischen Parlaments in Brüssel und Straßburg entfernt.

Die britische Vertretung bei der EU holte ihrerseits die EU-Flagge ein. Dort hing am Freitag nur noch der britische Union Jack. Die bisherige Vertretung Londons bezeichnet sich ab Samstag nur noch als britische Mission in Brüssel. Am Sitz der schottischen Regierung in Brüssel wurde dagegen am Freitag eigens die Europafahne gehisst.

Großbritannien tritt um 23.00 Uhr (Ortszeit, 00.00 Uhr MEZ) nach 47 Jahren aus der EU aus. Mit dem Brexit beginnt eine Übergangsphase, in der ein Handelsabkommen und weitere Vereinbarungen zu den künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ausgehandelt werden sollen. Diese Phase soll nach bisheriger Planung zum Jahreswechsel enden.

Kurz vor dem Brexit sickern Johnsons Pläne durch

19.22 Uhr: Der britische Premierminister Boris Johnson will bereits am Montag in einer Rede seine Verhandlungsziele für die anstehenden Gespräche über die künftige Beziehung zur EU vorstellen. Das bestätigte ein Regierungssprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Genauere Angaben zum Inhalt der Rede oder zu Uhrzeit und Ort wollte der Sprecher zunächst nicht machen.

Einem Bericht des „Telegraph“ zufolge will Johnson bei der geplanten Ansprache ankündigen, sein Land von der Bindung an EU-Regeln frei zu machen. Handelsschranken wie Zölle wolle er dafür in Kauf nehmen. Souveränität sei wichtiger als reibungsloser Handel.

Auch der EU-Chefunterhändler Michel Barnier soll bereits am Montag vorstellen, was er in den Gesprächen mit London erreichen will. Sein genaues Mandat bestimmen jedoch die 27 bleibenden EU-Staaten.

Großbritannien tritt mit dem EU-Austritt in der Nacht zum Samstag in eine Übergangsphase ein, während der zunächst fast alles beim Alten bleibt. Bis Ende des Jahres wollen sich beide Seiten dann auf Regeln für die künftigen Beziehungen einigen. Gelingt das nicht, droht erneut ein harter Bruch.

Weber: „Wenn der Brexit gefühlt ein Erfolg wird, dann ist er der Anfang vom Ende der EU“

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, sieht im britischen EU-Austritt Gefahren für die gesamte Europäische Union. „Wenn der Brexit gefühlt ein Erfolg wird, dann ist er der Anfang vom Ende der EU“, sagte der CSU-Politiker der „Welt„. „Wir müssen erkennen, dass mit diesen Verhandlungen (über die Beziehungen EU-Großbritannien) auch über die Zukunft der EU entschieden wird.“

Zum 1. Februar verkleinert sich die EU um Großbritannien, das mehr als 47 Jahre Mitglied der Union und ihrer Vorgängerorganisationen war. Auf die Frage, ob er Nachahmer der Briten fürchte, sagte Weber, der Brexit dürfe nicht zum Stichwortgeber für (EU-Skeptiker wie) Marine Le Pen in Frankreich oder Viktor Orban in Ungarn werden.

Weber betonte zudem: Mit ihrem Austritt verlören die Briten die Vorteile der Gemeinschaft. Für ein EU-Abkommen mit Großbritannien sieht er drei Schwerpunkte: „einen Handelsvertrag, die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Anti-Terror-Kampf und die außenpolitische Koordinierung“. Auch müsse die EU ein Interesse haben, „dass Spitzenforschung für Schlüsseltechnologien innerhalb der EU stattfindet und nicht vorrangig in Oxford oder Cambridge“.

Wilde Szenen: Kurz vor Austritt bricht Brexit-Panik bei Lkw-Fahrern aus

17.05 Uhr: Unter Lastwagenfahrern mit Ziel England ist nach Polizeiangaben am Freitag eine Brexit-Panik ausgebrochen. Rund um den Hafen im belgischen Zeebrügge sei derzeit besonders viel Verkehr, es entstünden Staus auf den Straßen zu den Fähranlegern nach Großbritannien. „Die Fahrer wollen offensichtlich noch heute statt erst morgen einschiffen, weil der Brexit offiziell heute ist“, sagte Polizeisprecherin Sarah Frederickx der Nachrichtenagentur Belga. „Das ist reine Panik, denn für den Lastwagenverkehr ändert sich nichts.“ Die Polizei rief dazu auf, die Umgebung von Zeebrügge zu meiden.

Norddeutsche Außenhändler am Tag des Brexit: Wir kommen gut klar

Freitag, 31. Januar, 8.08 Uhr: Der norddeutsche Groß- und Außenhandel wartet nach dem vollzogenen Brexit auf das angestrebte Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU. „Nach drei Jahren politischem Theater hat sich die Wirtschaft schon völlig auf den Brexit eingestellt“, sagte Hans Fabian Kruse, Präsident des norddeutschen Groß- und Außenhandelsverbandes AGA, der Deutschen Presse-Agentur. „Wir kommen in der täglichen Abwicklung gut klar.“ Nun sei es wichtig, ein Basisabkommen zu schließen und möglichst elegante Übergangsregelungen für beide Seiten zu finden.

Der Außenhandel zwischen Deutschland und Großbritannien ist seit dem Brexit-Referendum rückläufig, vor allem auf der Exportseite. Von Januar bis Juli des vergangenen Jahres betrug der gesamte Außenhandel zwischen beiden Ländern 68,5 Milliarden Euro, wobei der deutsche Export mehr als doppelt so hoch wie der Import lag. Damit ist Großbritannien auf Rang sieben unter den wichtigsten Handelspartnern Deutschlands zurückgefallen. Vor dem Brexit lag das Vereinigte Königreich auf Platz fünf. Das hat auch Auswirkungen auf den Außenhandelsplatz Hamburg. Für den Hafen sind die allerdings überschaubar; Großbritannien gehört nicht zu den Top Ten der Handelspartner und liefert vor allem Leercontainer nach Hamburg, die von der deutschen Industrie wieder gefüllt werden.

„Unter der Oberfläche haben sich logistische Prozesse verändert“, sagte Kruse. „Das wird auch so bleiben.“ Das gelte zum Beispiel für Konzerne, die Filialen in ganz Europa regelmäßig mit Waren versorgen müssen, etwa Supermarkt-Ketten wie Lidl und Aldi. Sie hätten ihre Verteilsysteme in einer ersten Welle bereits angepasst. Andere Unternehmen haben Tochtergesellschaften oder Zulieferer in Großbritannien. So bekommt das Airbus-Werk Finkenwerder die Flügel der Flugzeuge vom britischen Standort Broughton geliefert.

Bislang hat der Brexit nach Kruses Einschätzung Arbeitsplätze eher in Großbritannien gekostet als in Hamburg oder Deutschland. Ihm sei kein Unternehmen bekannt, das wegen des Brexit in Schwierigkeiten geraten sei, auch nicht bei Handelsfirmen mit hohem Großbritannien-Anteil. Die Außenhändler würden Probleme lösen, wenn sie auftauchen sollten. „Dafür werden wir bezahlt“, sagte der Verbandspräsident. „Wenn alles einfach wäre, dann brauchten wir keine spezialisierten Händler.“ Es werde jedoch eine große Herausforderung für Großbritannien und die EU, wie geplant bis zum Jahresende ein unterschriftsreifes Abkommen auszuhandeln.

Im AGA sind mehr als 3500 überwiegend mittelständische Unternehmen aus den fünf Küstenländern organisiert – Groß- und Außenhandelsunternehmen sowie unternehmensnahe Dienstleister.

Brexit laut SPD-Frau Rehlinger kein Grund für „Schockstarre“

Donnerstag, 30. Januar, 11:04 Uhr: Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist nach Ansicht der saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) kein Grund, in „Schockstarre“ zu verfallen. „Der Brexit ist und bleibt eine politische und wirtschaftliche Dummheit – sowohl für Großbritannien als auch für ganz Europa“, sagte sie am Donnerstag vor dem britischen EU-Austritt am Freitag. Auch für die exportstarke Saar-Wirtschaft sei der Brexit „ein harter Schlag“.

Allerdings hätten sich Umsatzeinbußen etwa in der Automobilindustrie bereits in Teilen eingestellt, die meisten Unternehmen hätten sich vorbereitet und neue Absatzmärkte gesucht. Durch die Übergangsphase bis Ende 2020 werde sich zunächst nichts ändern, da in Großbritannien bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin EU-Recht gelte.

Die Saar-Landesregierung werde mit den Kammern die Unternehmen unterstützen. Es seien mehrere direkte Anlaufstellen eingerichtet und bestehende Förderprogramme aufgestockt und neu ausgerichtet worden – um beispielsweise bei der Suche nach Ersatzmärkten zu helfen. „Die Hebel, die wir in Bewegung setzen können, setzen wir auch in Bewegung“, sagte Rehlinger.

Abschied mit Tränen: Europaparlament billigt Brexit-Vertrag

19.20 Uhr: Letzter Akt im Brexit-Drama: Das Europaparlament hat am Mittwoch abschließend den Austrittsvertrag für Großbritannien gebilligt. Damit verlässt das Land am Freitag um Mitternacht in einem geregelten Verfahren nach 47 Jahren die EU. Parlamentspräsident David Sassoli sprach von einem „traurigen Tag“. Manche Abgeordneten konnten die Tränen nicht zurückhalten. Doch die EU blickt auch bereits in die Zukunft.

Obwohl viele EU-Abgeordnete nur schweren Herzens für den Brexit-Vertrag votierten, bekam das Abkommen am Abend eine klare Mehrheit. Denn Alternative sei ein „wilder, harter Brexit“ ohne jegliche Regelung, sagte der belgische Liberale Guy Verhofstadt. Für den Vertrag stimmten 621 Abgeordnete, 49 dagegen, 13 enthielten sich. Die Abgeordneten applaudierten nach dem Votum. Viele sangen das schottische Abschiedslied „Auld Lang Syne“ („Längst vergangene Zeit“). Nach dem Parlamentsvotum müssen am Donnerstag die verbleibenden 27 EU-Mitgliedstaaten dem Vertrag zustimmen. Das gilt aber als Formsache.

Der Austrittsvertrag regelt unter anderem die Rechte der Bürger beider Seiten und die Finanzverpflichtungen Londons. Zudem sieht er eine Übergangsphase bis Ende des Jahres vor, in der Großbritannien noch im Binnenmarkt und der Zollunion bleibt. Die Zeit wollen beide Seiten nutzen, um ein Handelsabkommen auszuarbeiten.

Mafred Weber sieht in Brexit „riesigen Fehler“

Er glaube weiter, dass der Brexit „ein riesiger Fehler“ sei, sagte der Vorsitzende der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber (CSU). Die Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, die Spanierin Iratxe Garcia, konnte am Vormittag ihre Tränen nicht zurückhalten, als sie die britischen Mitglieder ihrer Gruppe verabschiedete. 

Die SPD-Abgeordnete Gabriele Bischoff sah den Tag auch als „Mahnung (…), was aus dem populistischen Leichtsinn arroganter Eliten heraus resultieren kann.“ Der Ko-Vorsitzende der Linksfraktion, Martin Schirdewan, warnte davor, zur Tagesordnung überzugehen. Sonst könnten „weitere Länder die EU verlassen“ und damit „das gesamteuropäische Projekt infrage“ stellen.

Die Liberalen übergaben ihren scheidenden Kollegen aus Großbritannien EU-Flaggen. Fraktionschef Dacian Ciolos zeigte sich zuversichtlich, dass das blaue Banner mit den gelben Sternen eines Tages auch wieder in Großbritannien wehen werde. Auch die Grünen wünschten ihren britischen Kollegen nicht „Lebe wohl“, sondern „Auf Wiedersehen“. 

Hochzufrieden zeigte sich hingegen der britische Brexit-Wegbereiter Nigel Farage. Er rechne damit, dass weitere Länder die Union verlassen würden. Farage nannte dabei als mögliche Kandidaten Dänemark, Polen oder Italien. Die EU sei ein „anti-demokratisches“ und „sehr gefährliches politisches Projekt“, sagte er. „Ich will, dass sie abgerissen wird.“ Dafür werde er auch weiter kämpfen.

Zusammen mit den Mitgliedern seiner Brexit-Partei schwenkte Farage nach seiner letzten Rede im Plenum britische Fähnchen und handelte sich deshalb eine Rüge der stellvertretenden Parlamentspräsidentin Mairead McGuinness ein: „Tun sie Ihre Flaggen weg“, sagte sie. „Und nehmen sie Sie mit, wenn Sie jetzt gehen.“

Brexit-Parteichef sagt weitere EU-Austritte voraus

16.30 Uhr: Ein letztes Mal im europäischen Rampenlicht: Brexit-Partei-Chef Nigel Farage genießt seinen finalen Presse-Auftritt im Europaparlament sichtlich. Er geht als Sieger aus Brüssel, das Ausscheiden Großbritanniens aus der Europäischen Union ist ab dem Wochenende eine Tatsache. Zum Abschied sagt Farage voraus, dass weitere Länder folgen würden. Polen, Dänemark und Frankreich hat er ganz oben auf der Liste.

„Der Brexit ist der Beginn einer kompletten Neuordnung der Organisation Europas„, zeigte sich Farage überzeugt. Er selbst werde „das Schlachtfeld“ nicht verlassen, seine Partei weiterexistieren. Ihre Aufgabe sei es nun, den Vollzug des Brexits zu überwachen und zu begleiten. Er selbst werde sich in den US-amerikanischen Wahlkampf miteinbringen, wie schon zuvor.

Farage schloss nicht aus, dass es doch noch zu einem „harten“ Brexit ohne Anschlussregelung kommen könnte, wenn London und Brüssel sich nicht bis zum Ende der Übergangsperiode am Jahresende auf die Bedingungen dafür einigten: „Kein Deal ist besser als ein schlechter Deal.“

„Die Geschichte hört hier nicht auf“

12.57 Uhr: Bewegt haben Sozialisten und Sozialdemokraten im Europaparlament von ihren britischen Labour-Kollegen Abschied genommen, die mit dem Brexit das Parlament verlassen. Parlamentspräsident David Sassoli sagte: „Die Geschichte hört hier nicht auf“ und rief den scheidenden Briten zu: „Ihr sollt wissen: Dies hier ist euer Zuhause.“

EU-Vize-Kommissionspräsident Frans Timmermans zeigte sich überzeugt, dass seine Kinder den Wiedereintritt Großbritanniens in die EU erleben würden. Unter dem Brexit würden Briten wie EU-Bürger leiden. Das Parlament stimmt am Abend über das mit London ausgehandelte Austrittsabkommen ab, mit dem das Vereinigte Königreich am Samstag nach 45 Jahren Mitgliedschaft die Europäische Union verlässt.

Austrittsabkommen soll ratifiziert werden

12.21 Uhr: Zwei Tage vor dem Brexit will das Europaparlament am Mittwoch (gegen 18.00 Uhr) das Austrittsabkommen mit Großbritannien ratifizieren. Es gilt als sicher, dass der mehr als 500 Seiten starke Vertrag eine Mehrheit findet. Er stellt sicher, dass der britische EU-Austritt am 31. Januar um Mitternacht geregelt vonstatten gehen kann.

Erste Brexit-Folgen: Bürgermeister von deutschem Dorf muss gehen

Mittwoch, 29. Januar, 08.08 Uhr: Wenn Großbritannien in der Nacht auf Samstag aus der Europäischen Union ausscheidet, müssen die Einwohner des kleinen Dorfes Brunsmark in Schleswig Holstein Abschied von ihrem Bürgermeister nehmen. Denn mit dem Brexit scheidet der Schotte Iain Macnab automatisch aus dem Amt. Er sei sehr gerne Bürgermeister gewesen und bedauere es sehr, dass er jetzt gehen müsse, sagte Macnab der Deutschen Presse-Agentur. Aber so sei nun einmal die Rechtslage: Nicht-EU-Bürger dürfen in der EU keine politischen Ämter ausüben.

Fast zwölf Jahre lang war der heute 70-Jährige ehrenamtlicher Bürgermeister in dem 160-Einwohner-Dorf. Macnab versicherte, er wolle auch weiterhin in Brunsmark wohnen, wo er seit fast 30 Jahren lebt und eine kleine IT-Firma betreibt.

Am 31. Januar um 24.00 Uhr (MEZ) soll Großbritannien die Europäische Union verlassen. Danach stehen Verhandlungen über das künftige Verhältnis der EU mit London an, die bis zum Ende der Übergangsphase am 31. Dezember 2020 abgeschlossen sein müssen.

Wenige Tage vor Brexit: Johnson droht mit Zöllen auf deutsche Autos

Sonntag, 26. Januar, 13.39 Uhr: Nur wenige Tage vor dem offiziellen Austritt der Briten aus der EU droht Premierminister Boris Johnson mit Zöllen auf deutsche Autos. Das berichtet die „Sunday Times„. Laut Bericht könnten Zölle in Höhe von zehn Prozent auf Autos aus Deutschland anfallen. Auch von Zöllen in Höhe von 30 Prozent auf französischen Käse und von Zöllen gegen die USA ist die Rede.

Johnson will dadurch den Druck auf die EU erhöhen und seine Verhandlungsposition stärken. Laut Bericht sollen zudem andere Handelspartner bei Handelsgesprächen Vorrang vor der EU haben. Eine Reaktion aus Brüssel gab es darauf bislang noch nicht.

Kurz vor dem Brexit setzt es gleich drei Parlamentsschlappen für Johnson

06.15 Uhr: Etwa eineinhalb Wochen vor dem Brexit hat das britische Oberhaus Premierminister Boris Johnson gleich drei Niederlagen zugefügt. Bei Abstimmungen zum Ratifizierungsgesetz für das Brexit-Abkommen am Montag votierten die Lords unter anderem dafür, dass die EU-Ausländer und Schweizer in Großbritannien mit einem Dokument ihren Aufenthaltsstatus nachweisen können.

Der Widerstand des Oberhauses hat aber eher symbolischen Charakter. Johnson sitzt mit seiner Konservativen Partei, die im Unterhaus seit der Neuwahl im Dezember über eine komfortable Mehrheit verfügt, am längeren Hebel. Ein Pingpong-Spiel zwischen Unter- und Oberhaus würde allenfalls zu leichten Verzögerungen führen. Der Gesetzentwurf war bereits unverändert vom Unterhaus verabschiedet worden.

Am 29. Januar muss noch das Europarlament dem Ratifizierungsgesetz für den Brexit-Deal zustimmen. Zwei Tage später, am 31. Januar um 24 Uhr (MEZ), will Großbritannien die Europäische Union verlassen.

Die Ratifizierung des Austrittsabkommens per Gesetz ist die Voraussetzung für einen geordneten Austritt aus der Europäischen Union. Bis Ende 2020 bleibt Großbritannien noch in einer Übergangsphase, während der sich so gut wie nichts ändert.

Britisches Unterhaus stimmt abschließend für Brexit-Gesetz

18.36 Uhr: Nach jahrelangem erbittertem Streit und drei Wochen vor dem geplanten EU-Austritt stimmte das britische Unterhaus am Donnerstag abschließend über das Brexit-Gesetz von Premierminister Boris Johnson ab.

Der Gesetzestext muss nun bis zum geplanten Austritt am 31. Januar noch vom britischen Oberhaus abgesegnet werden. Auch das Europaparlament muss das Abkommen noch ratifizieren.

Das Unterhaus in London hatte bereits am 20. Dezember mit 358 gegen 234 Stimmen in einem ersten Beschluss für das Abkommen gestimmt. In dieser Woche wurden die abschließenden Beratungen über den Gesetzestext fortgesetzt.

Dafür setzte die Regierung lediglich drei Tage an. Viele Abgeordnete machten sich am Dienstag und Mittwoch nicht einmal die Mühe, zu den Parlamentssitzungen zu erscheinen. Änderungsanträge der oppositionellen Labour-Partei wurden abgewiesen.

Britisches Unterhaus soll Gesetz für Brexit-Deal verabschieden

Donnerstag, 9. Januar, 12.46 Uhr: Das britische Unterhaus soll am Donnerstag das Gesetz zur Ratifizierung des Brexit-Abkommens verabschieden. Die Abgeordneten hatten bereits am 20. Dezember in zweiter Lesung mit großer Mehrheit für den Gesetzentwurf gestimmt. Die Zustimmung, mit der am späten Nachmittag gerechnet wird, gilt daher als sicher.

Britische Regierung sucht „Spinner und Außenseiter“ für den Staatsdienst

Freitag, 3. Januar 2020, 17.49 Uhr: Die britische Regierung sucht im Jahr des Brexit neues Personal für die anstehenden Herausforderungen – und nimmt dafür auch „Spinner und Außenseiter“. Der Chefberater von Premier Boris Johnson, Dominic Cummings, schrieb in seinem Blog, die Regierung suche „ungewöhnliche Menschen mit unterschiedlichen Begabungen und Lebensläufen“. Gesucht würden Datenforscher, Softwareentwickler, Wirtschafts- und Politikwissenschaftler, Projektmanager, Kommunikationsexperten und eben auch Spinner und Außenseiter mit „seltsamen“ Fähigkeiten.

Cummings begründete seine ungewöhnliche Stellenausschreibung mit den „ernsten Problemen“ die der britische Staat damit habe, wie Entscheidungen getroffen würden. „Im Moment haben wir nicht die nötige Expertise, um den Premierminister und die Minister zu unterstützen.“ Wegen des bevorstehenden Brexits seien rasch strukturelle Änderungen nötig. 

Statt Absolventen von Elitehochschulen sucht Cummings „echte Joker, Künstler, Leute, die nie an der Uni waren und ihren Weg aus einem miesen Höllenloch herausgekämpft haben“. Denn wenn es darum gehe, die Leute rund um den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu verstehen oder die Frage zu klären, wie internationale kriminelle Banden Löcher in der britischen Grenzsicherheit ausnutzen könnten, dann könne man keine Oxford- oder Cambridge-Absolventen, die auf Partys mit Fernsehproduzenten plauderten und falsche Nachrichten über falsche Nachrichten verbreiteten.

Einer der Bewerber werde sein persönlicher Assistent, versprach Cummings in dem Blog. Allen potenziellen Kandidaten gab er zu bedenken: „Wer nicht passt, wird binnen weniger Wochen wieder rausgeworfen.“

Mit deutlicher Mehrheit: Britisches Parlament segnet Johnsons Brexit-Plan ab

Freitag, 20. Dezember, 15.38 Uhr: Das britische Parlament in London hat am Freitag für das Brexit-Abkommen von Premierminister Boris Johnson gestimmt. Der Entwurf für das entsprechende Ratifizierungsgesetz wurde mit großer Mehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Nach der haushoch gewonnenen Wahl dürfte Boris Johnsons Versprechen, den Brexit bis zum 31. Januar umzusetzen, nichts mehr im Weg stehen. Der britische Premierminister hat den Gesetzestext zu dem mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag zuletzt in einigen wichtigen Punkten geändert. Was in dem über 500 Seiten langen Scheidungsvertrag und dem Gesetz steht:

Übergangsphase

In einer Übergangsphase nach dem Brexit bleibt Großbritannien im EU-Binnenmarkt und der Zollunion, um einen harten Schnitt für die Wirtschaft zu vermeiden. Dieser Zeitraum dauert bis zum 31. Dezember 2020 – kann aber einmal um bis zu zwei Jahre bis Ende 2022 verlängert werden. Eine solche Verlängerung will Johnson ausschließen und hat im Gesetzestext zum Brexit-Abkommen verankert, dass London keine weitere Frist bei der EU beantragen kann.

Weitere kurzfristige Änderungen am Gesetzestext durch Johnson heben auch die parlamentarische Kontrolle über den Verhandlungsprozess auf. Die Minister sind demnach nicht mehr verpflichtet, das Parlament über den Fortschritt der Gespräche zu informieren.

Handelsabkommen

Beide Seiten wollen in der Übergangsphase ein großes Freihandelsabkommen aushandeln. Die EU stellt in einer neben dem Austrittsvertrag verabschiedeten „politischen Erklärung“ zu den künftigen Beziehungen eine Vereinbarung „ohne Zölle und Quoten“ in Aussicht. Sie fordert von London im Gegenzug „Garantien“ für faire Wettbewerbsbedingungen. Die britische Regierung darf ihrerseits bereits „internationale Abkommen“ mit Drittstaaten im Handelsbereich schließen, sofern diese erst nach der Übergangsphase in Kraft treten.

Nordirland

Dieser Komplex gehörte zu den größten Streitpunkten zwischen den Briten und der EU und wurde unter Johnson im Oktober neu ausverhandelt. Die britische Provinz kommt in eine Zollunion mit Großbritannien. Bei Gütern von außerhalb Europas, die auch in die EU gelangen könnten, müssen die britischen Behörden EU-Zölle erheben. Nordirland wendet zudem weiter Regeln des EU-Binnenmarktes an, um Grenzkontrollen zum EU-Mitglied Irland zu vermeiden. Dazu gehören Produkt- und Hygienestandards oder Vorgaben für Tier- und Lebensmittelkontrollen. Nordirlands Parlament darf alle vier Jahre entscheiden, ob es die Vereinbarung fortführt.

Rechte der Bürger

In Großbritannien leben gut drei Millionen Menschen aus anderen EU-Staaten, in der EU mehr als eine Million Briten. Sie haben das Recht zu bleiben, zu arbeiten oder zu studieren. Auch Ansprüche bei Krankenversicherung, Renten und sonstigen Sozialleistungen werden garantiert – selbst wenn die Bürger in ein anderes Land umziehen. Dasselbe gilt für Bürger, die während der Übergangsphase ankommen. 

Finanzverpflichtungen

Großbritannien muss alle Finanzverpflichtungen erfüllen, die es während seiner Mitgliedschaft eingegangen ist – auch wenn diese über das Austrittsdatum und die Übergangsphase hinausreichen. Eine genaue Summe ist noch nicht festgelegt, sondern nur eine Berechnungsmethode. Die britische Regierung schätzte die daraus resultierenden Verpflichtungen im vergangenen Jahr auf 35 bis 39 Milliarden Pfund (40,3 bis 44,9 Milliarden Euro).

Gibraltar

Auf das britische Gebiet im Süden der iberischen Halbinsel erhebt auch Spanien Anspruch. In einem Protokoll des Austrittsvertrags wird geregelt, dass tausende Pendler aus Spanien weiter problemlos in Gibraltar arbeiten können – und wie mit Steuerfragen oder Fischereirechten umgegangen wird. London und Brüssel sichern zu, vor Vereinbarungen zu den künftigen Beziehungen, die das Gebiet betreffen, die Zustimmung Spaniens einzuholen.

Atommüll

Mit dem Brexit tritt Großbritannien auch aus der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom) aus. Dabei geht es neben der Versorgung von Kraftwerken und medizinischen Einrichtungen mit spaltbarem Material auch um die Zuständigkeit für Atommüll. Für ihn ist laut Vertrag das Land zuständig, in dem das Material erzeugt wurde.

Geschützte Herkunftsbezeichnungen

Die mehr als 3000 geografischen Herkunftsbezeichnungen der EU wie Parma-Schinken, Feta-Käse oder bayerisches Bier bleiben in Großbritannien weiter geschützt. Zur Anerkennung neu hinzukommender Bezeichnungen ist London aber nicht verpflichtet.

Streitschlichtung

Kommt es zu Streitfällen über die Austrittsvereinbarung, entscheidet ein Schiedsgremium, dessen Beschlüsse bindend sind. Es kann dabei den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen und bei Verstößen Geldbußen verhängen. Hält sich eine Seite nicht an den Schiedsspruch, kann die andere je nach Verstoß Teile des Austrittsabkommens aussetzen.

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