NRW will Grundschüler ab 11. Mai tageweise unterrichten – alle Öffnungspläne im Überblick

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder haben mit ihren Beratungen über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie begonnen. Nach einer Beschlussvorlage des Bundes, die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) schon vor der Schaltkonferenz am Donnerstagnachmittag bekannt wurde, ist mit vorsichtigen weiteren Öffnungen zu rechnen. Allerdings müssen die Länderregierungschefs den Überlegungen noch zustimmen. 

Aus Teilnehmerkreisen erfuhr die dpa bereits, dass sich Bund und Länder einigten, unter bestimmten Abstands- und Hygieneregeln wieder Gottesdienstbesuche zu erlauben. Zudem verständigten sich Bund und Länder nach Angaben aus Teilnehmerkreisen darauf, nicht mehr so viele Intensivbetten und Kapazitäten für Corona-Patienten freizuhalten. Die Infektionsentwicklung und eine präzise Übersicht per Register ließen es zu, einen „etwas größeren Teil“ der Kapazitäten wieder für planbare Operationen zu nutzen.

Während die Beratungen noch andauern, wurde zudem bekannt, dass Nordrhein-Westfalen bei der Öffnung der Schulen einen weitgehenden Schritt macht: Alle Grundschüler in dem Bundesland sollen ab dem 11. Mai wieder tageweise in die Schule gehen. Das kündigte das Landesschulministerium am Donnerstag in einer Mail an die Schulen an. Zuvor hatten mehrere Medien berichtet.

Kanzleramtschef Helge Braun bestätigte vor den Beratungen den Sendern RTL und ntv, dass die Menschen Deutschland wohl noch länger auf die nächsten größeren Öffnungsschritte in der Corona-Krise warten müssen. Bei den Beratungen sollten nach Informationen aus Koalitionskreisen keine weitreichenden neuen Entscheidungen fallen. Die größere Diskussion über weitere Öffnungsschritte werde bei der nächsten Beratung am 6. Mai erfolgen. Bis zum 10. Mai solle das „wesentliche Paket“ erst einmal verlängert werden, sagte Braun.

Auch die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet, der Bund wolle erst am 6. Mai bei der nächsten Schaltkonferenz mit den Ministerpräsidenten entscheiden, ob ein weiterer größerer Öffnungsschritt möglich sei. Dabei beruft sich die dpa auf eine ihr vorliegende Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen am Nachmittag. Darin heißt es, es sei noch zu früh zu beurteilen, ob sich die seit dem 20. April umgesetzten Öffnungsmaßnahmen verstärkend auf das Infektionsgeschehen ausgewirkt hätten.

Lesen Sie auch
Bayerns Ministerpräsident Söder und Hamburgs Oberbürgermeister Tschentscher nach dem vergangenen Treffen mit Merkel – einheitlicher wird es diesmal wohl nicht werden

Corona-Krisenmanagement

In der Beschlussvorlage, die der dpa vorliegt, heißt es ebenfalls, der Bund wolle die wegen der Corona-Pandemie seit Wochen geschlossenen Spielplätze wieder öffnen lassen. Dabei sollten Eltern darauf achten, dass überfüllte Anlagen gemieden und grundlegende Hygieneregeln eingehalten werden.

Auch Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Zoos und botanische Gärten können nach Ansicht des Bundes unter Auflagen wieder öffnen. Ein Datum dafür ist jedoch noch nicht bekannt. Voraussetzung sei besonders bei kleinen und historischen Gebäuden, dass die Auflagen zur Hygiene sowie die Einhaltung des nötigen Abstands räumlich und personell umgesetzt werden könnten, heißt es in der Beschlussvorlage. Dazu soll kurzfristig ein Förderprogramm in Höhe von zunächst 10 Millionen Euro für coronabedingte Umbaumaßnahmen aufgelegt werden.

Zudem will der Bund bis zum 6. Mai ein Konzept zur weiteren schrittweisen Öffnung von Schulen, Kindertagesstätten und zur Wiederaufnahme des Sportbetriebs erarbeiten lassen. Kanzleramtschef Braun soll mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder auf der Grundlage der Empfehlungen der jeweiligen Ministerkonferenzen Vorschläge machen.

Der deutsche Profifußball muss weiter auf ein klares Signal für die Fortsetzung der aktuellen Spielzeit warten. Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten haben nach Informationen aus Teilnehmerkreisen eine Entscheidung über eine Wiederaufnahme der ausgesetzten Bundesliga und des Vereinssports am Donnerstag vertagt. Bis zu den nächsten Beratungen am 6. Mai soll es dazu eine Beschlussvorlage von Kanzleramtschef Braun und den Staatskanzleichefs der Länder geben.

An dem bereits beschlossenen Verbot von Großveranstaltungen wie Volksfeste, größeren Sportveranstaltungen mit Zuschauern, Konzerte sowie Straßen-, Wein- und Schützenfeste will der Bund grundsätzlich festhalten. Wegen der Unsicherheiten beim Infektionsgeschehen sei davon auszugehen, dass dies auch mindestens bis zum 31. August so bleiben werde, heißt es in Beschlussvorlage.

Lesen Sie auch
Wolfgang Kubicki - Vizepräsident des Deutschen Bundestages - hier aufgenommen in seinem Büro im Jakob-Kaiser-Haus

Wolfgang Kubicki

Das Kanzleramt und mehrere Ministerpräsidenten hatten deutlich gemacht, dass es auch regional unterschiedlich schnelle weitere Öffnungsschritte geben könnte, da sich die Pandemie in einzelnen Bundesländern und Regionen unterschiedlich entwickelt. Unterdessen hat das Robert-Koch-Institut die Ermittlung der Ansteckungsrate leicht geändert und sie am Mittwochabend mit 0,75 angegeben. Das bedeutet, 10 Infizierte stecken im Schnitt 7,5 Menschen an. Das RKI hat immer wieder betont, um die Epidemie abflauen zu lassen, müsse diese Reproduktionszahl unter 1 liegen.

Die wichtigsten Themen der Beratungen im Überblick

Schulen: Alle Schüler sollen nach dem Willen der Kultusminister vor den Sommerferien zurück in die Schulen – zumindest „tage- oder wochenweise“. Einen regulären Schulbetrieb soll es für die rund elf Millionen Schülerinnen und Schüler vor den Sommerferien aber nicht mehr geben. Wer zurückkehrt, soll Abstand halten, sich häufig die Hände waschen und in kleinen Gruppen lernen, möglichst mit zeitversetztem Start. Das Lernen daheim soll sich abwechseln mit Präsenzunterricht. Die Entscheidungen, wann genau welche Jahrgänge zurückkehren, liegen bei den Ländern. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek rechnet für den Schulbetrieb mit Beschränkungen bis in das nächste Schuljahr hinein. „Die Ausnahmesituation wird bis weit in das nächste Schuljahr andauern“, sagte die CDU-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag). Der Bund will laut einer Beschlussvorlage für die Beratungen zwischen Merkel und den Ministerpräsidenten bis zum 6. Mai ein Konzept zur weiteren schrittweisen Öffnung von Schulen erarbeiten lassen.

Kitas: Viele Eltern müssen seit Wochen mit Arbeit und Kinderbetreuung parallel jonglieren – viele fühlen sich von der Politik allein gelassen. Die Familienminister der Länder schlagen vor, dass die Kitas vorsichtig und schrittweise wieder aufmachen sollen. Bis zum 6. Mai will der Bund ein Konzept zur weiteren schrittweisen Öffnung von Kindertagesstätten erarbeiten lassen. Eins haben die Minister schon klargemacht: Die vorgegebenen 1,5 Meter Abstand werden Erzieherinnen und Erzieher bei der Arbeit mit Kindern unter sechs Jahren nicht einhalten können. Auch hier wird nicht erwartet, dass die Runde am Donnerstag eine konkrete Entscheidung trifft.

Lesen Sie auch
14.04.2020, Nordrhein-Westfalen, Köln: Auf einem Plakat vor einer Kindertagestätte in Köln-Bickendorf steht "Wir denken an euch! Euer Kita Team. Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Einigung mit Familienministerium

Bundesliga: Mit dem Beginn von flächendeckenden Corona-Tests bei allen Erst- und Zweitligavereinen hat der deutsche Profifußball am Donnerstag die nächste Vorbereitungsstufe für eine Fortsetzung der Bundesliga-Saison gezündet. Auf das Signal von der Politik für eine Wiederaufnahme des seit Mitte März ausgesetzten Spielbetriebes wird die Milliarden-Branche aber wohl noch einige Tage länger warten müssen als von den 36 Clubs erhofft. „Das ist ein sensibles Thema, über das sicher diskutiert wird“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) am Donnerstag dem TV-Sender n-tv. „Entscheidungen erwarte ich in der nächsten Woche.“ Dabei müsse der Profifußball ein wenig anders bewertet werden als der Breitensport, da es für die Spieler auch um ihren Arbeitsplatz ginge, betonte Braun. „Da müssen wir eine kluge Entscheidung treffen“, sagte er. Die Innen- und Sportminister der Länder hatten zuvor erklärt, ein Neustart mit Geisterspielen sei Mitte oder Ende Mai denkbar.

Breitensport: Die Sportminister halten eine Wiederaufnahme des Sportbetriebs insbesondere in Vereinen für „dringend erforderlich“. Demnach könne der Sport- und Trainingsbetrieb im Breiten- und Freizeitsport in einem ersten Schritt wieder erlaubt werden, wenn die Angebote an der „frischen Luft“ im öffentlichen Raum oder auf öffentlichen oder privaten Freiluftsportanlagen stattfinden. Dazu gehörten die Einhaltung unter anderen der Distanz- und Kontaktregeln sowie Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen, vor allem bei der gemeinsamen Nutzung von Sportgeräten, hieß es.

Religionsstätten: Seit Mitte März gilt ein Versammlungsverbot für Gotteshäuser – im Prinzip jedenfalls. In Sachsen etwa gibt es seit vergangener Woche bereits wieder öffentliche Gottesdienste. Weitere Länder haben angekündigt, Anfang Mai nachziehen zu wollen. Wie das gehen könnte, haben die Religionsgemeinschaften in Hygienekonzepten dargelegt. Das Corona-Kabinett hat eine mit dem vom Robert Koch-Institut abgestimmte Übersicht bereits angenommen. Nun dürften sich Bund und Länder gemeinsam hinter das Konzept stellen. Es sieht zum Beispiel einen Sicherheitsabstand von 1,5 bis 2 Metern für Gläubige bei religiösen Feiern vor.

Öffnung weiterer Geschäfte: Kleinere und mittlere Geschäfte bis zu 800 Quadratmetern durften vor zehn Tagen unter Auflagen wieder öffnen, für Buchhandlungen, Auto- und Fahrradhändler gilt dies generell unter Auflagen. An der 800-Quadratmeter-Regel gibt es massive Kritik vom Einzelhandel, der vor Wettbewerbsverzerrungen warnt. Außerdem gibt es unterschiedliche Regelungen in den Ländern. Zudem hatten Gerichte das Verkaufsverbot für große Geschäfte für verfassungswidrig erklärt. Das Thema wird am Donnerstag angesprochen, aber auch hier könnte es eine Einigung auf eine Neuregelung erst am 6. Mai geben.

Restaurants, Museen und andere Einrichtungen: Bis zum 3. Mai sind Gastronomiebetriebe und viele andere Einrichtungen geschlossen, dies belastet die Branche massiv. Bei der Gastronomie ausgenommen ist nur die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause. Für Restaurants und Gaststätten könnte es weitere Hilfen geben – Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte dies am Mittwoch in Aussicht gestellt.

Dicht haben mindestens bis Anfang Mai auch Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen sowie Freizeitparks, Kinos, Schwimmbäder, Theater, Opern und Konzerthäuser. Museen, Ausstellungen, Gedenkstätten, Zoos und botanische Gärten können nach Ansicht des Bundes unter Auflagen wieder öffnen, wie aus einer Beschlussvorlage für die Beratungen am Donnerstagnachmittag hervorgeht. Ein Datum dafür ist jedoch noch nicht bekannt. Einzelne Bundesländer hatten die behutsame Öffnung von Kultureinrichtungen bereits beschlossen. So sind Zoos und Tierparks in Berlin, Schleswig-Holstein, Thüringen und Sachsen-Anhalt bereits wieder für Besucher zugänglich. Die Besucherzahlen werden allerdings begrenzt, außerdem können Tickets häufig nur für bestimmte Zeitfenster gekauft werden. In Sachsen dürfen Zoos und botanische Gärten am Montag wieder starten.

Großveranstaltungen: An dem bereits beschlossenen Verbot von Großveranstaltungen wie Volksfeste, größeren Sportveranstaltungen mit Zuschauern, Konzerte sowie Straßen-, Wein- und Schützenfeste will der Bund grundsätzlich festhalten. Wegen der Unsicherheiten beim Infektionsgeschehen sei davon auszugehen, dass dies auch mindestens bis zum 31. August so bleiben werde, heißt es in der Beschlussvorlage, die der dpa vorliegt. Wann und unter welchen Bedingungen kleinere öffentliche und private Feiern oder Veranstaltungen wieder stattfinden könnten, sie wegen der besonders hohen Infektionsgefahr noch nicht abzusehen.Längst haben aber verschiedene Länder große Veranstaltungen auch ab September abgesagt, wie das Oktoberfest in München oder den Marathon in Berlin. Für möglich wurde gehalten, dass es konkretere Eingrenzungen des Begriffs Großveranstaltung geben könnte – so stellt sich etwa die Frage, ob private Hochzeitsfeiern darunter fallen.

Lesen Sie auch
23.04.2020, Nordrhein-Westfalen, Köln: Zahlreiche Besucher gehen über einen Markt am Wiener Platz. Das öffentliche Leben ist durch die Coronavirus-Krise weiter eingeschränkt. Foto: Federico Gambarini/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Corona-Pandemie

Corona-Suprensuche: Wichtige Lockerungsvoraussetzung ist, möglichst alle Infektionsketten ausfindig zu machen – und Betroffene zu testen und in Quarantäne nach Hause zu schicken. Ob die 375 Gesundheitsämter das schaffen können, hängt stark von den Zahlen vor Ort ab. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat angeregt, größeres Augenmerk auf ein regional differenziertes Vorgehen zu legen. Mehr Klarheit über die Entwicklung der Epidemie sollen außerdem mehr Tests bringen – auch bei Menschen ohne Symptome und speziell in besonders gefährdeten Bereichen wie Pflegeheimen.

Intensivbetten: Laut der Beschlussvorlage soll ein etwas größerer Teil der Krankenhauskapazitäten wieder für planbare Operationen freigegeben werden. Zuletzt hatten die Kliniken sehr viele Betten für mögliche Corona-Patienten freigehalten und weniger dringende Operationen verschoben. Die aktuelle Entwicklung der Infektionszahlen lasse hier eine leichte Lockerung zu, hieß es nun.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*