Parteitag vor Bundestagswahl: Die SPD hofft auf den Schlussspurt

Wir sind die Partei der Stunde“, findet Olaf Scholz. Zudem vertritt der Bundesfinanzminister und frühere Erste Bürgermeister von Hamburg die Auffassung, er sei der geeignete politische Anführer für die Zukunft des Landes. Wesentliche Teile seiner Partei sind inzwischen derselben Auffassung.

Wie groß die Zustimmung zu Scholz’ Kanzlerkandidatur in der SPD tatsächlich ist, dafür wird der Parteitag am Sonntag in Berlin zumindest Indizien liefern. Die rund 600 Delegierten, die digital zu der Veranstaltung im City Cube geladen sind, können bestätigen oder ablehnen, was ihr Parteivorstand bereits vor Monaten, im Sommer vorigen Jahres, beschlossen hat.

Zudem will der Parteitag etwa zweieinhalb Stunden lang das sozialdemokratische Wahlprogramm diskutieren. Das Motto des Treffens lautet „Aus Respekt vor Deiner Zukunft“. Früher brauchte das Ringen ums Programm Tage. Dass es diesmal so rasch gehen soll, begründet die Parteiführung der SPD mit der optimalen Vorbereitung und der aktuell großen Geschlossenheit der Partei. Das „Zukunftsprogramm“, rund 50 Seiten, sei von vielen tausend Autoren geschrieben worden, die sich an Workshops und Debattencamps beteiligt hätten. Und weil die Diskussion schon vorab so breit gewesen sei, gebe es nun weniger Gesprächsbedarf.

Zum Abschluss der etwa vier Stunden dauernden Veranstaltung spricht dann Olaf Scholz. Es solle, heißt es, nicht nur eine Rede an die Delegierten werden, sondern eine an Deutschland. Sein Vorgänger Martin Schulz, getragen von anfänglicher Begeisterung, hatte auf dem Wahlparteitag vor vier Jahren seinen wohl größten Augenblick, als er mit glatt 100 Prozent nominiert wurde. Von da an ging es bergab.

Bei Scholz soll es nach dem Wunsch der sozialdemokratischen Organisatoren umgekehrt laufen. Von Sonntag an soll es mit der SPD besser werden, bergauf gehen. Gleich in der nächsten Woche würden die Wahlkreiskandidaten und Wahlhelfer in Stadt und Land ausschwärmen, Programm und die Kanzlerkandidatur verbreiten, nicht bloß digital, sondern auch in die Briefkästen.

Aus ihrer Position der Schwäche heraus – Umfragen sehen sie bei 15 bis 17 Prozent – will die SPD in den Wochen bis zur Wahl immer mehr Aufmerksamkeit, immer mehr Zustimmung für ihr Programm und ihren Kandidaten gewinnen. Und obgleich Scholz schon seit acht Monaten Quasi-Kandidat ist, die Umfrageergebnisse sich aber praktisch keinen Zentimeter vorwärts bewegt haben, soll nun mit dem virtuellen Berliner Treffen eine Aufholjagd beginnen. Am Ende würden die Wählerinnen und Wähler die Partei ins Kanzleramt tragen, die, aus Sicht von Scholz und den Seinen, Deutschland wirtschaftlich, sozial, klimapolitisch und international in der ersten Liga halten kann.

Lars Klingbeil, als Generalsekretär fürs Gröbere zuständig, erläutert, was das heißen soll und warum andere es eben nicht können: „Die Union ist kaputt“, sagt er, Armin Laschet werde sich von den Rückschlägen nicht erholen. Mit der Kandidatur des früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen in Thüringen werde „die Tür nach rechts aufgestoßen“. Maaßen, und damit auch AfD-nahes Denken, werde „in die Mitte der Union geholt“.

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