Die Europäische Kommission hat die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) aufgerufen, bereits in den kommenden Wochen konkrete Angebote für die Aufnahme von Flüchtlingen für das nächste Jahr zu machen. „Die EU bezahlt den Mitgliedstaaten 10.000 Euro pro Person im Rahmen der Resettlement-Programme“, sagte der zuständige Sprecher der EU-Kommission für Innen- und Migrationspolitik, Christian Wigand, WELT AM SONNTAG wenige Tage vor dem geplanten Sondertreffen der EU-Innenminister in Brüssel am Dienstag.
Das Umsiedlungsprogramm wäre in den letzten Jahren „durchaus erfolgreich“ gewesen, seit 2015 hätten die EU-Staaten auf diesem Weg mehr als 80.000 Menschen aus Krisengebieten aufgenommen. „Bis Mitte September erwarten wir von den Mitgliedstaaten Zusagen für das kommende Jahr. Da geht es um Menschen aus verschiedenen Regionen, aber natürlich wird nun Afghanistan auch besonders im Fokus stehen“, sagte Wigand weiter.
Das Ziel seien, „sichere und legale Wege für besonders gefährdete Menschen, in Europa Schutz zu bekommen, also Resettlement“. Dabei gehe es „um klar definierte Gruppen von Menschen, die besonders in Gefahr sind, wie etwa Journalisten oder Menschenrechtsaktivisten, insbesondere Frauen und Mädchen. Das erfolgt in enger Kooperation mit dem UNHCR“, erklärte Wigand.
Beim sogenannten Resettlement handelt es sich um ein Programm des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). In seinem Rahmen werden besonders gefährdete Flüchtlinge, etwa Kinder und Frauen, die unmittelbar bedroht sind, oder Menschen, die dringend medizinische Hilfe brauchen, vom UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) nach festgelegten Kriterien ausgewählt und auf sicherem und legalem Weg in die Länder gebracht, die zuvor im Rahmen von konkreten Angeboten (sogenannten „pledges“) Aufnahmeplätze zur Verfügung gestellt haben.
Wigand sagte weiter, man arbeite auf europäischer Ebene „auf Hochtouren“ an einem umfassenden Ansatz zur Krise in Afghanistan, wozu neben dem Resettlement auch Unterstützung für die Menschen in der Region vor Ort, der Kampf gegen Schlepper und das Grenzmanagement gehörten. Am kommenden Dienstag beraten die EU-Innenminister im Rahmen eines Sondertreffens über die Lage in Afghanistan und die möglichen Folgen für Europa. Die Stimmung ist aufgeheizt: Mehrere Länder wie Österreich und Griechenland lehnen es grundsätzlich ab, weitere Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen.
Die Strategie der Europäer ist, dass Flüchtlinge aus Afghanistan möglichst in der Region bleiben sollen. Dafür ist die EU bereit, Nachbarländer wie Usbekistan oder Pakistan finanziell zu unterstützen. Dennoch drängt die EU-Kommission darauf, besonders gefährdete Menschen nach Europa umzusiedeln. Dazu ist man möglicherweise auch auf die Zusammenarbeit mit dem neuen Taliban-Regime angewiesen.
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