Greuther Fürth: So a weng abgestiegen

Die Bundesliga ist mittlerweile so alt, dass es eigentlich nichts gibt, was es noch nicht gegeben hat. In Person von Stefan Kießling hat sie mal ein Tor in die Welt gesetzt, das überhaupt kein Tor war. Die Bundesliga hat sogar, was noch unglaublicher klingt, mal einen deutschen Meister hervorgebracht, der Hamburger SV heißt. Was es in mittlerweile fast sechzig Jahren aber noch nicht gegeben hat: eine Mannschaft, die nach nur acht Spielen nicht mehr Teil der Bundesliga ist.

Nein, die SpVgg Greuther Fürth wird den Spielbetrieb auch nach dem 0:1 gegen den VfL Bochum nicht einstellen. Nach allem, was zu hören ist, wird der Aufsteiger nächste Woche bei RB Leipzig antreten – es ist sogar davon auszugehen, dass die Fürther die restlichen 25 Spiele auch noch bestreiten. Wer am Samstagnachmittag aber auf der Tribüne des Fürther Stadions saß, der bekam nach dem Schlusspfiff schon den Eindruck: So a weng abgestiegen, das ist die Spielvereinigung schon jetzt.

Mit nur einem Punkt hatten die Fürther dann doch nicht gerechnet

Als es vorbei war, als die Fürther in dieser noch jungen Saison bereits zum siebten Mal verloren hatten, da liefen die Spieler zu ihren Fans, machten aber kurz vor dem Sechzehner Halt, beinahe so, als dürften sie die Strafraumlinie nicht überschreiten. Dort standen sie dann und schauten in die Kurve, der Beifall der Fans hatte etwas Mitleidiges.

Gut eine halbe Stunde später saß Branimir Hrgota im Medienraum des Fürther Stadions und musste schwer zu beantwortende Fragen beantworten: Gegen wen will die Mannschaft denn gewinnen, wenn sie nicht einmal zu Hause gegen Bochum gewinnt? Jetzt, da auch das achte Bundesligaspiel nicht den ersten Sieg gebracht hat, macht sich da eine gewisse Ratlosigkeit breit? Und, auch die Frage stelle sich ja: Kann man sich überhaupt noch freuen, wenn am Wochenende wieder ein Spiel ansteht? Hrgota, 28, ließ die Fragen über sich ergehen, eine nach der anderen, und als Fürths Kapitän aufstand, da wirkte er irgendwie erlöst.

„Wir müssen positiv denken“, hatte Hrgota angeordnet, ohne Positivität auszustrahlen. „Fußball ist ein sehr, sehr schöner Sport“, hatte Hrgota gesagt, ohne dass die Mannschaft den Zuschauern sehr, sehr schönen Fußball geboten hatte.

Schon vor dem ersten Spiel war den Fürthern klar gewesen, dass sie in diesem Jahr häufiger verlieren als gewinnen würden – dass sie jetzt aber nach dem ersten Saisonviertel mit nur einem einzigen Punkt am Tabellenende stehen, damit hatten sie dann doch nicht gerechnet. Stefan Leitl sagte zwar: „Es ist eine Situation, auf die wir uns vorbereitet haben. Deshalb werde ich nicht unruhig.“ Fürths Trainer verriet aber auch: „Natürlich hinterfrage ich mich. Ich mache es mir nicht einfach und deute auf andere.“

Mitte Oktober ist in Fürth schon ein Hauch Endzeitstimmung auszumachen

Seine Elf war die 90 Minuten gegen Bochum mit großen Hoffnungen angegangen. Zu Hause gegen eine Mannschaft, die mit ebenso bescheidenden Mitteln zurechtkommen muss und vier der vergangenen fünf Spiele verloren hat – da sollte es was werden mit dem ersten Saisonsieg. Am Ende war es dann eine Standardsituation, die in einem fußballerisch zähen Duell den Ausschlag zugunsten Bochums gab: Zehn Minuten vor Schluss traf Anthony Losilla nach einem Freistoß des früheren Nürnbergers Eduard Löwen mit dem Kopf. Es war das einzige Tor des Nachmittags, jenes Tor, das die Spieler später an der Strafraumlinie Halt machen und die Zuschauer mitleidig klatschen ließ.

Wer die Szenen nach dem Schlusspfiff genau beobachtete, kam kaum umhin, schon Mitte Oktober einen Hauch Endzeitstimmung auszumachen. Nach einem berauschenden Jahr in der zweiten Liga hat es nur drei Monate gedauert, bis sich alles gedreht hat. Eine Vorbereitung ohne Sieg, das Aus im DFB-Pokal bei Regionalligist Babelsberg – und nun acht Bundesligaspiele mit nur einem Punkt: Fürth ist schon jetzt schwer angeschlagen.

Als Hrgota den Medienraum am frühen Samstagabend verlassen und seinen Platz für Leitl geräumt hatte, da musste auch Fürths Trainer unangenehme Fragen beantworten. Die Probleme bei Standardsituationen, das stotternde Offensivspiel, es waren mehrere Themen, über die Leitl sprach. Am Ende wurde es dann philosophisch. Wie man sich denn Glück verdiene, wurde Leitl gefragt. Fürths Trainer überlegte einen Moment, dann sagte er: „Durch Engagement, das ist definitiv da.“ Kurze Pause. „Und durch Disziplin und einen unbeugsamen Willen. Wenn wir das auf den Platz bekommen, wird das Glück auch wieder auf unsere Seite springen.“

Das 0:1 gegen Bochum aber, und auch das sagte Leitl, war keine Frage von Glück und Pech.

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