4:0 in der Champions League: Bayern mit spätem Kantersieg in Lissabon

Am Mittwochabend stand ein großer Mann mit FC-Bayern-Shirt vor der Fernsehkamera im Estádio da Luz in Lissabon, den man ansonsten so gut wie nie hören und sehen kann. „Natürlich ist man ein bisschen angespannt“, sagte der Trainer Dino Toppmöller, der 1,90 Meter groß ist und seit diesem Sommer in München als Assistent von Julian Nagelsmann arbeitet. Weil sein Chef an diesem Abend aber wegen eines grippalen Infekts im Hotel bleiben musste, konnte man Toppmöller, den ersten Vertreter, im DAZN-Interview vor dem Anpfiff hören und sehen. Er sprach dort über das Spiel gegen Benfica Lissabon – und über Nagelsmann: „Die Jungs sind gut vorbereit, das hat Julian gestern noch selber gemacht. Wir werden in der Halbzeit auch mal kurz Kontakt haben.“

Am dritten Vorrundenspieltag der Champions League hat der FC Bayern auch ohne seinen Anführer an der Außenlinie gewonnen. Der deutsche Meister siegte in Lissabon 4:0 – und führt die Gruppe E nun schon mit fünf Punkten Vorsprung an. In der 70. Minute verwandelte Leroy Sané einen Freistoß mit einem spektakulären Schuss. Es folgten späte Treffer von Everton (Eigentor), Robert Lewandowski und Sané. Das waren dann gemessen an der Leistung auch zu viele. So ist das aber mit den Bayern und dem Estádio da Luz: Es klappt einfach.

Es ist nun 14 Monaten her, seit die Mannschaft aus München dort auch den anspruchsvollsten Fußballwettbewerb in Europa gewonnen. Im August 2020, dem ersten Sommer der Pandemie, spielte sie sich i m Finalturnier der Champions in einen Rausch. Sie schaltete nacheinander den FC Barcelona (8:2), Olympique Lyon (3:0) und im Endspiel Paris Saint-Germain (1:0) aus. Der Trainer: Hansi Flick. Doch auch Julian Nagelsmann machte damals in Lissabon auf sich aufmerksam. Er führte den Außenseiter Leipzig ins Halbfinale, wo er, wie er in dieser Woche sagte, ein „absolutes beschissenes“ Spiel gegen Paris erlebte. Endstand: 0:3. Jetzt will er mit seinem neuen Verein zurück ins Halbfinale, mindestens – auch wenn er sich die Zwischenstation in Lissabon sicher anders vorgestellt hat.

Ungewohntes Bild: Dino Toppmöller war der Verantwortliche an der Seitenlinie.

Ungewohntes Bild: Dino Toppmöller war der Verantwortliche an der Seitenlinie. : Bild: EPA

Aus seinem Hotelzimmer konnte Nagelsmann, der laut Toppmöller vom Anpfiff an mit den Analysten im Trainerteam verbunden war, am Mittwochabend sehen, wie der formstarke Leroy Sané in der fünften Minuten das erste Mal den Verteidigern entwischte. Er sprintete mit dem Ball, den Thomas Müller über die Abwehr gelupft hatte, auf Odysseas Vlachodimos zu, den griechisch-deutschen Torhüter von Benfica. Sané verfehlte das Tor knapp. Und eines kann man schon verraten: Es war nicht das letzte Mal, dass Vlachodimos es mit Sané zu tun hatte.

In den nächsten Minuten deutete sich an, warum das Auswärtsspiel in Lissabon als größte Herausforderung für den FC Bayern in der Gruppenphase eingestuft worden ist. Dort hat neulich der FC Barcelona 0:3 verloren – auch wenn man das im Herbst 2021 nicht überbewerten sollte. An diesem Abend konterten die Lissabonner im eigenen Stadion. Einmal klappte das in der ersten Halbzeit besonders gut. Der Innenverteidiger Dayot Upamecano verlor einen Zweikampf, weshalb Darwin, der Stürmer aus Uruguay, Platz hatte. Er schüttelte dann noch Niklas Süle ab, den zweiten Innenverteidiger der Bayern. Sein Schuss landete nur deswegen nicht im Tor, weil Manuel Neuer spektakulär parierte. Und auch das kann man schon verraten: Es war nicht das letzte Mal, dass Neuer in seinem 100. Champions-League-Spiel für München spektakulär parieren musste.

Das war ein Unterschied zum sogenannten Spitzenspiel in der Bundesliga gegen Leverkusen. Ein anderer war die Aufstellung der Bayern. Diese veränderte Nagelsmann auf drei Positionen. Für Serge Gnabry (Bank), Leon Goretzka (Grippe) und Alphonso Davies (Oberschenkelprobleme) wählte er Kingsley Coman, Marcel Sabitzer und Benjamin Pavard aus. Es war vor allem Coman, der Torschütze des Finals von 2020, der sich in seinem ersten Startelfeinsatz seit seiner Herz-Operation hervortat.

Er flankte einmal auf Lewandowski (9.) und schoss einmal aus spitzen Winkel selbst (39.). Doch zweimal hatte Vlachodimos seine Finger im Spiel. Und als der Ball nach Flanke von Coman und Abnahme von Lewandowski in der 42. Minute doch im Tor war, schaltete sich der Schiedsrichter ein. Zurecht. Denn Lewandowski hatte den Ball mit dem Arm über die Linie gebracht.

In der zweiten Halbzeit folgten noch ein Abseitstor (Thomas Müller, 52.) und noch eine spektakuläre Parade (Manueler Neuer gegen Pedro Goncalves, 55.). Auf einmal waren die Portugiesen nah dran am ersten Tor – und mussten dann doch noch vier einstecken. Es fing mit einem Freistoß von Leroy Sané an, dem Spieler des Spiels. Er legte nämlich noch das 3:0 von Lewandowski (82.) vor und schoss das 4:0 gleich selbst (84.). Nur an einem Treffer war er nicht direkt beteiligt: dem 2:0, einem Eigentor von Everton.

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