Das sind unsere Lieblingswetten von „Wetten, dass..?“

Die achtziger Jahre waren: Richard von Weizsäcker als Bundespräsident, Steffi Graf und Boris Becker als Wimbledon-Sieger, der „Kaiser“ als Bundestrainer. Und samstagabends stellten in Stadthallen vergessener Orte wie Offenburg oder Böblingen Status Quo ihre neue Hitsingle bei „Wetten, dass..?“ vor. Dort wurde auch alles andere von Mainstream-Relevanz verhandelt: der Humor von Otto (häufig) und Loriot (selten und mit Sahnehaube drauf), der Mittelschicht-Rock von Klaus Lage, der Torinstinkt von Rudi Völler.

Aber die von Frank Elstner erfundene und von Thomas Gottschalk perfektionierte Samstagabend-Show war mehr: der einzige Ort im Fernsehen, wenn nicht der gesamten Gesellschaft, an dem sich die heute aus den Augen verlorenen „kleinen Leute“ vom Glanz der großen Stars bestrahlen lassen konnten. Wenn sie ihre Inselbegabungen vorführen durften und dafür von Iris Berben oder Karl Lagerfeld bewundert wurden, war der Abstand zwischen Reich und Arm für einen Abend vergessen.

Zu Stars wurden der Bauer, der seine mehr als 80 Kühe an ihrem Schmatzen erkannte; die Umzugshelfer, die 55 Waschmaschinen zur Pyramide stapelten; oder die Baggerfahrer, die einen Schallplattenarm genau zwischen zwei Songs auf einer Schallplattenrille plazieren konnten. Am Samstag lebt das für einen Abend wieder auf. Und es ist klar: Es gibt keinen Ersatz. Niemand hebt heute noch einen Fitnesstrainer auf den Schild, der mit seinem Auftritt zum Rechengenie avanciert. Zumindest nicht auf diese menschenfreundliche Weise. (Philipp Krohn)

Deswegen wollen wir hier noch einmal an die kleinen Leute erinnern, die vor Jahren – oder Jahrzehnten – für einen Abend zu großen Stars wurden:

Die Lindenstraßen-Wette

1991 hat meine damals 18 Jahre alte Schwester Johanna bei „Wetten, dass..?“ mitgemacht. Sie, Lindenstraßen-Ultra, konnte anhand der letzten drei Sekunden einer Folge den Titel, die Episodennummer und das Ausstrahlungsdatum nennen. Wochenlang bereitete sie sich auf die Wette vor. Unser Wohnzimmer war mit Videokassetten gepflastert und Johanna saß in Trance vor dem Fernseher und murmelte Dinge wie „56, Fest der Liebe, 28.12.1986“. Selbst in der Dusche hingen Notizen in Klarsichtfolie: „Vera, 133, Explosion, 19.6.1988“.

An die Aufzeichnung selbst kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Wir waren zwar als Familie mit nach Kiel gefahren, allerdings hatte ich – damals elf – zur Feier des Tages beim Friseur einen Bauernzopf bekommen, der so stramm war, dass ich mich nicht konzentrieren konnte. Ich weiß nur noch, wie Mutter Beimer irgendwann jubelte, meine Schwester Wettkönigin wurde und noch Wochen danach mit hochrotem Kopf kichernd von der After-Show-Party berichtete. (Anne Hansen)

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