WM-Qualifikation: Nervenflattern bei Oranje

„Ich bin ich sauer“, schimpfte Virgil van Dijk als Kapitän der niederländischen Nationalmannschaft in einem Moment, in dem er eigentlich die Qualifikation zur Weltmeisterschaft Ende 2022 in Katar hätte bejubeln wollen. „Unverschämt“, nannte er die Präsentation des niederländischen Fußballs beim 2:2 gegen Montenegro in Podgorica. „Kindisch“, motzte sein Mitspieler Frenkie de Jong über die ernüchternden späten Gegentreffer beim Fußballzwerg.

Nur 72 Stunden vor dem Showdown in der WM-Qualifikationsgruppe G lagen die Nerven am Samstag aber nicht nur bei den niederländischen Fußballern blank, sondern auch bei den norwegischen. Während van Dijk die Leistung von Oranje als „skandalös“ beschimpfte, beklagte 2000 Kilometer weiter nördlich in Oslo der Stürmer Mohamed Elyounoussi das 0:0-Unentschieden seiner Norweger gegen Lettland als „frustrierend“.

Am Dienstag treffen die Niederlande im ultimativen finalen Gruppenspiel in Rotterdam auf Norwegen, während die Türkei parallel in Podgorica gegen Montenegro dafür sorgen könnte, dass entweder die Niederländer oder die Norweger am Ende sogar leer ausgehen und die WM 2022 versäumen. Für die Niederlande nun noch schlimmer: Trotz 44 000 verkaufter Karten wird kein einziger Zuschauer im Stadion De Kuip sein.

Der Super-GAU wäre für beide Nationen umso dramatischer, als sie am Samstag bereits die Reiseunterlagen für Katar bereitlegen können hätten. Die Niederländer führten in Montenegro in der 54. Minute nach zwei Treffern von Memphis Depay mit 2:0 und wähnten sich gedanklich schon bei der WM, als sie den fatalen Fehler begingen, die Montenegriner nicht mehr ernst zu nehmen und dadurch in der 82. und 86. Minute zwei Gegentreffer zum 2:2-Endstand zuzulassen. Damit ist ihre Situation für Dienstag zwar immer noch so verheißungsvoll, dass ihnen bereits ein Unentschieden gegen Norwegen für die direkte WM-Qualifikation reichen würde – im Falle einer Niederlage und eines gleichzeitigen türkischen Siegs wären sie aber draußen und würden nach 2018 bereits die zweite WM hintereinander verpassen.

Bondscoach Louis van Gaal erregt sich über die Regierung fast noch mehr als das maue 2:2

Wegen des coronabedingten Teil-Lockdowns in den Niederlanden wurde Publikum für das Spiel am Dienstag kurzerhand komplett verboten. Das brachte Bondscoach Louis van Gaal fast noch mehr auf die Palme als das maue Ergebnis in Montenegro. Er griff den Ministerpräsidenten Mark Rutte persönlich an. „Es geht um Führungsqualitäten, und Herr Rutte ist der Leiter, da darf man doch etwas von ihm erwarten“, schimpfte van Gaal über fehlgeschlagene Maßnahmen zur Eindämmung des Virus. „Wenn wir uns gegen Norwegen für die WM qualifizieren, dann fällt dieser schöne Moment im Stadion weg, auch für die Spieler, und das ist traurig“, sagte van Gaal. Er verstehe zwar, „dass Corona wichtiger ist als Fußball, aber ich verstehe diese Maßnahmen nicht, wenn es wenige Infizierte gibt. Ich wohne in Portugal und dort kontrollieren sie im Gegensatz zu den Niederlanden richtig. Dort sind 98 Prozent geimpft und die Krankenhausbetten nicht voll belegt.“

Nicht gar so ärgerlich war es für die Norweger, trotz bester Chancen gegen Lettland den Heimsieg hergeschenkt zu haben. In der 80. Minute wurde Elyounoussis vermeintlicher Siegtreffer nach Kopfballvorlage des vormaligen Leipzigers Alexander Sörloth wegen einer hauchdünnen Abseitsposition wieder zurückgenommen. Doch selbst ein Sieg hätte nichts daran geändert, dass die Norweger am Dienstag in Rotterdam gewinnen müssen, wenn die Türkei zeitgleich in Montenegro siegt. Entscheidend wäre hier bei Punktgleichheit dreier Nationen das Torverhältnis gewesen.

Spannend wird es aber auch so. Die Türken unter ihrem deutschen Nationaltrainer Stefan Kuntz können sich mit einem Sieg in Podgorica Platz zwei und damit die Playoffs sichern. Dazu genügt sogar ein Unentschieden, so lange die Norweger in Rotterdam nicht gewinnen. Gewinnen die Norweger gegen die Niederlande, kann sich die Türkei mit einem Sieg als Gruppenerster sogar direkt für die WM qualifizieren.

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