Habeck lehnt staatliche Deckelung der Gaspreise ab

Die russischen Gasflüsse sind gedeckelt – soll deswegen auch der Gaspreis einen Deckel bekommen? Dagegen sperrt sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der wie viele auch noch höhere Energiepreise erwartet. Die Preissteigerungen seien ein „externer Schock“ und könnten vom Staat nicht vollständig aufgefangen werden, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch: „Das wird das Land in der einen oder anderen Form tragen müssen.“ Auch ökonomisch wäre ein Preisdeckel seiner Ansicht nach das falsche Signal. „Eine Deckelung der Preise wäre bei einem knappen Gut ein Signal: Energie ist nicht wertvoll, haut raus, was ihr wollt“, sagte Habeck am Rande der Münchner Handwerksmesse laut der Nachrichtenagentur dpa.

Jan Hauser

Redakteur in der Wirtschaft.

In dieser Woche ist der Großhandelspreis für Erdgas deutlich angestiegen und kommt auf mehr als 160 Euro je Megawattstunde. Damit haben sich die Kosten für die Käufer innerhalb eines Monats verdoppelt. Wenn Energieversorger nun Erdgas hinzukaufen müssen, weil etwa zu wenig russisches Gas kommt, entstehen für die Unternehmen höhere Ausgaben. Die Weitergabe der Preise muss nicht sofort geschehen, wird jedoch früher oder später die Endkunden erreichen.

Habeck warnt schon vor den Belastungen mit Blick auf den kommenden Winter. „Es kommen noch enorme Preiserhöhungen auf uns zu“, sagte der Minister. Die Bundesregierung will nach Habecks Worten jedoch Sorge tragen, dass die Belastung durch die hohen Gaspreise „gerecht“ verteilt wird. Die Bundesregierung plant unter anderem eine Umlage für alle Gaskunden, die alle Verbraucher gleichmäßig zahlen sollen: Dies soll die Kosten verteilen, die durch die geringeren Gaslieferungen aus Russland entstehen, weil manche Unternehmen nun stärker Erdgas neu beschaffen müssen und ohne einen Teil der günstigen Lieferungen aus Russland auskommen.

Stadtwerke in Not

Nordrhein-Westfalen plant aufgrund der gestiegenen Beschaffungspreise nun einen Rettungsschirm für Stadtwerke des Bundeslandes vor und soll auch schon ein kommunales Unternehmen direkt gestützt haben. Der Rettungsschirm solle sich eng anlehnen an das Prinzip des milliardenhohen Corona-Schutzschirms des Landes für die öffentliche Infrastruktur, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch vor Journalisten. Zur Höhe und zur Frage, welches Stadtwerk betroffen ist, sagte sie nichts.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), in dem sich Stadtwerke zusammengeschlossen haben, forderte zuvor in der F.A.Z. auch Hilfe für Stadtwerke. „Es geschieht viel, aber noch nicht genug“, sagt Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing, und er ergänzt: „Neben dem Insolvenzmoratorium brauchen wir einen Schutzschirm für Stadtwerke!“

Trotz der Drosselung entlang der Erdgas-Pipeline Nord Stream 1 werden die Gasspeicher weiter gefüllt. Der Füllstand kommt auf fast 63 Prozent. Der große Speicher in Rehden hängt in dem Prozess hinterher, erreicht nun aber auch 23 Prozent. Gerade für die Versorgung im Winter wird viel davon abhängen, wie die Speicher gefüllt sind. Die Bundesnetzagentur beschreibt die Lage als angespannt: Eine Verschlechterung der Situation kann nicht ausgeschlossen werden.

Aufruf zum Energiesparen

Netzagentur-Präsident Klaus Müller rief Haushalte und Industrie zum sparsamen Umgang mit Gas aus. Laut dem Gasspeichergesetz sollen die Speicher bis am 1. Oktober zu 80 Prozent und am 1. November zu 90 Prozent gefüllt sein. Viel hängt dafür davon ab,  wie die Temperaturen sind und wie viel Gas aus Russland und anderen Ländern kommt. Am 11. Juli wird der Gasfluss von Nord Stream 1 für ungefähr zwei Wochen pausieren, weil die Gasleitung gewartet wird.

Ob das Speicherziel im Winter erreicht werde, hält auch Müller für nicht sicher. „Genauso gut könnten Sie mich nach der Wetterprognose für den Herbst fragen“, sagte er am Mittwoch während eines Besuchs auf dem Gelände des größten Erdgasspeichers in Deutschland im niedersächsischen Rehden bei Diepholz. Es gebe noch viele Unwägbarkeiten.

Die Auffüllung der Speicher gelingt auch dadurch, dass der Gasverbrauch im Sommer geringer ist und auch in diesem Jahr bisher niedriger ausfällt als im Vorjahr. Im ersten Halbjahr sei der Gasverbrauch in Deutschland um 14 Prozent gesunken, sagte Habeck. Auch wenn man wegen des warmen Winters ein wenig von dieser Zahl abziehe, sei der Verbrauch um knapp zehn Prozent niedriger gewesen. Bei der Gasversorgung gebe es kein Marktproblem, da die hohen Preise viel Gas nach Europa „ansaugten“, sagte Habeck. „Es ist ein physikalisches Problem, das Gas muss halt ankommen. (…) Anders als Italien haben wir kein LNG-Terminal.“

Das Bundeswirtschaftsministerium trat auch Sorgen entgegen, dass die Schiffskapazitäten für den Import verflüssigten Erdgases (LNG) womöglich nicht reichen. Informationen aus dem Austausch mit internationalen Gashändlern legten nahe, dass „die LNG-Lieferungen einschließlich der notwendigen Transporte nach Deutschland und zu LNG-Anlandungsterminals in angrenzende EU-Länder gesichert“ seien. Es komme nicht darauf an, dass es sich um deutsche Tanker handelt, denn es sei ein internationaler Markt. Auch treffe derzeit vertraglich ungebundenes LNG ein. Dies stamme aus Kurzfrist-Einkäufen. Der Start deutscher Terminals ist in Wilhelmshaven für Ende des Jahres geplant und in Brunsbüttel zu Anfang des kommenden Jahres.

Für eine Deckelung der Gaspreise hatte sich unter anderem die DGB-Bundesvorsitzende Yasmin Fahimi ausgesprochen. Auch der CSU-Politiker Alexander Dobrindt warb mit einem Bürgerbasispreis für einen Deckel auf den Grundbedarf je Person.

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