Ukraine-Krieg – Stimmen und Entwicklungen – Über 1300 Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten in Russland

London: Russland hat Probleme bei Umsetzung von Teilmobilisierung

09.19 Uhr: Großbritannien zweifelt an Russlands Fähigkeiten zur angeordneten Teilmobilisierung von 300.000 Reservisten für den Krieg gegen die Ukraine. „Russland wird wahrscheinlich mit logistischen und administrativen Herausforderungen zu kämpfen haben, die 300.000 Soldaten auch nur zu mustern“, teilte das Verteidigungsministerium in London am Donnerstag unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse mit. Die russische Militärführung werde vermutlich versuchen, mit den ausgehobenen Truppen neue Einheiten aufzustellen. Diese seien aber „wahrscheinlich monatelang nicht kampffähig“, hieß es weiter.

Das Ministerium wertete die Teilmobilisierung als Zeichen russischer Schwäche. „Der Schritt ist praktisch ein Eingeständnis, dass Russland seinen Vorrat an willigen Freiwilligen für den Kampf in der Ukraine erschöpft hat“, betonte die Behörde. Die Einberufungen dürften zudem sehr unbeliebt in der Bevölkerung sein, hieß es weiter. In der Hoffnung, dringend benötigte Kampfkraft zu generieren, gehe Präsident Wladimir Putin „ein beträchtliches politisches Risiko“ ein.

Finnland: Grenzverkehr aus Russland hat sich in der Nacht „verstärkt“

08.55 Uhr: Der Grenzverkehr von Russland nach Finnland hat seit der Nacht zugenommen, wie der finnische Grenzschutz der Nachrichtenagentur Reuters bestätigte. Es kämen „verstärkt“ Fahrzeuge an der finnisch-russischen Grenze an. Die Situation sei aber unter Kontrolle, heißt es.

Erst am Mittwochabend dementierte Finnland Meldungen, wonach sich bereits seit einigen Tagen ein 35 Kilometer langer Stau am Grenzübergang gebildet haben soll. Auch nach Ausrufung der Teilmobilisierung durch Präsident Putin sei der Grenzverkehr bis Mittwochabend noch geringer gewesen als in der Vorwoche.

Laut dem Leiter für internationale Angelegenheiten es finnischen Grenzschutzes seien am Mittwoch 4.824 Russen über die östliche Grenze eingereist – in der Vorwoche zählte Finnland 3.133 Einreisen.

Über 1300 Festnahmen bei Anti-Mobilisierungs-Protesten in Russland

06.00 Uhr: Bei Protesten in Russland gegen die von Kremlchef Wladimir Putin angeordnete Teilmobilmachung des Militärs sind mehr als 1300 Menschen festgenommen worden. Das Bürgerrechtsportal OVD-Info zählte am Mittwochabend über 1350 Festnahmen in 38 Städten des Landes. Allein in St. Petersburg wurden diesen Angaben zufolge 556 Demonstranten in Gewahrsam genommen, in der Hauptstadt Moskau waren es ebenfalls mehr als 500. Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu den Festnahmen.

In Moskau riefen die Menschen „Nein zum Krieg!“ oder forderten ein „Russland ohne Putin“. Fotos und Videos zeigten, wie Polizisten die meist jungen Demonstranten grob ergriffen und in Busse schleppten. Von dort wurden die Festgenommenen in Polizeistationen gebracht. Ähnlich große Proteste hatte es zuletzt in den Tagen direkt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar gegeben.

In Tomsk und Irkutsk in Sibirien, in Jekaterinburg am Ural und an anderen Orten gingen demnach vereinzelt Menschen auf die Straße. Sie hielten Plakate mit den Farben der ukrainischen Flagge und Sprüchen wie „Nein zur Mobilisierung!“ in die Höhe.

In Moskau hatten die Behörden vor der Demonstration nachdrücklich vor einer Teilnahme gewarnt: Die Staatsanwaltschaft drohte den Menschen mit bis zu 15 Jahren Haft. Seit Beginn des Kriegs gegen die Ukraine vor knapp sieben Monaten geht die russische Staatsmacht unter anderem mit verschärften Gesetzen hart gegen Oppositionelle und Kriegsgegner vor. In den Polizeirevieren wurden den Festgenommenen verschiedene Delikte zur Last gelegt, unter anderem Widerstand gegen die Polizei und Diskreditierung der Armee.

Am Mittwochmorgen hatte Präsident Putin bei einer Ansprache im Fernsehen die Teilmobilisierung von Russlands Streitkräften befohlen. Insgesamt 300 000 Reservisten sollen zum Kampf gegen die Ukraine eingezogen werden. Hintergrund dürften personelle Schwierigkeiten Russlands bei dem am 24. Februar begonnenen Angriffskrieg sein.

Nordkorea dementiert Waffenverkäufe an Russland

05.25 Uhr: Nordkorea plant nach eigenen Angaben keine Waffen- und Munitionsverkäufe an Russland. Das Verteidigungsministerium in Pjöngjang warf den USA und anderen „feindseligen Kräften„ in einer Erklärung am Donnerstag vor, Gerüchte über einen Waffenhandel mit Russland zu streuen, um Nordkoreas Image zu schaden. “Wir haben niemals Waffen oder Munition an Russland exportiert und wir planen auch nicht, diese zu exportieren“, wurde ein hochrangiger Beamter des Ausrüstungsbüros im Ministerium von den staatlich kontrollierten Medien zitiert.

Das Ministerium reagierte auf Angaben der US-Regierung von diesem Monat, wonach Russland im großen Stil Munition von Nordkorea kaufen wolle. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, sprach dabei von Millionen von Artilleriegeschossen und Raketen, die Moskau möglicherweise aus Nordkorea importieren könne. Er betonte, die USA hätten noch keine Hinweise darauf, dass entsprechende Käufe tatsächlich erfolgt seien.

EU prüft neue Sanktionen gegen Russland

Donnerstag, 22. September, 04:51 Uhr: Die Außenminister der Europäischen Union haben bei einem Sondertreffen am Mittwoch die Verhängung neuer Sanktionen gegen Russland nach dessen Teilmobilisierung für den Krieg in der Ukraine erörtert. „Wir werden neue restriktive Maßnahmen prüfen, wir werden sie verabschieden“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Journalisten nach dem Treffen. Eine endgültige Entscheidung müsse jedoch bei einer formellen Sitzung getroffen werden, fügte er hinzu.

Selenskyj verlangt vor Vereinten Nationen Bestrafung Russlands und mehr Militärunterstützung

23:53 Uhr: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Russlands für den Angriffskrieg gegen sein Land verlangt. „Es wurde ein Verbrechen gegen die Ukraine begangen, und wir fordern ein Bestrafung“, sagte Selenskyj am Mittwoch (Ortszeit) in einer Videobotschaft vor der UN-Vollversammlung in New York. Russland müsse bestraft werden für das Morden, die Folter, die Erniedrigungen und die desaströsen Turbulenzen, in die es die Ukraine gestürzt habe.

Selenskyj forderte unter anderem weitere Visarestriktionen für russische Bürger. Sie sollten nicht die Möglichkeit haben, zum Einkaufen und Urlaub machen in andere Länder zu reisen. Die Ukraine wolle auch einen internationalen Entschädigungsmechanismus durchsetzen und hoffe hier auf die Unterstützung der Vereinten Nationen. „Russland sollte für diesen Krieg mit seinem Vermögen bezahlen“, sagte er.

Er forderte zudem vor den Vereinten Nationen mehr militärische Unterstützung für sein Land gefordert. Die Ukraine brauche im Krieg gegen Russland mehr Unterstützung sowohl in der Verteidigung als auch im Angriff, sagte Selenskyj am Mittwoch per Videobotschaft bei der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Auch zusätzliche finanzielle Unterstützung sei nötig. „Wir können die ukrainische Flagge auf unser gesamtes Territorium zurückbringen, wir können das mit Waffen schaffen, aber wir brauchen Zeit.“ Wegen des russischen Angriffskrieges hatte das Gremium Selenskyj zuvor per Ausnahmegenehmigung erlaubt, sich per Videobotschaft zu äußern.

Gressel zum Putin-Plan: „Das wäre die Hardcore-Variante einer Rotation“

18.52 Uhr: Der Militärexperte Gustav Gressel hat in einem Interview mit „Ntv“ die Effizienz der von Putin verkündeten Teilmobilmachung angezweifelt. Laut Gressel fehlt es unter anderem an material. „Es gibt noch Gerät in Russland, aber mit dem bildet die Armee ständig aus. Geht das Material auch in die Ukraine, gefährdet das künftige Mobilisierungen. Vom Reservegerät wurde schon sehr viel zur Ergänzung der Front in die Ukraine geschickt. Da ist nicht mehr enorm viel Luft drin“, so Gressel.

Der Militärexperte weiter: „Etwas anderes wäre es, wenn die Soldaten in die Ukraine geschickt werden und dort mit dem Material ihrer Vorgänger kämpfen müssen. Dort steht ja relativ viel militärische Hardware herum. Neues Personal, altes Material: Das wäre die Hardcore-Variante einer Rotation.“

Eine Frage sei zudem entscheidend für den Nutzen neuer Rekruten: „Wer führt diese neu ausgebildeten Leute? Sind da noch genügend Offiziere, die auch die nötige Professionalität zur Umsetzung ihrer Aufträge mitbringen? Daran habe ich noch größere Zweifel als an der Moral der Reservisten.“

Aktivisten: Mehr als 200 Festnahmen bei Protesten gegen Teilmobilmachung in Russland

18.45 Uhr: Bei Protesten gegen die Teilmobilmachung in Russland sind nach Angaben von Aktivisten landesweit mehr als 200 Menschen festgenommen worden. Die Nichtregierungsorganisation OVD-Info erklärte, es habe am Mittwoch mindestens 268 Festnahmen in mindestens 22 russischen Städten gegeben. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte zuvor eine Teilmobilmachung der Russen im wehrfähigen Alter angekündigt.

Finnischer Grenzschutz dementiert 35-Kilometer-Stau an russischer Grenze

18.12 Uhr: Der finnische Grenzschutz hat einen Stau an der Grenze zu Russland dementiert und entsprechende Aufnahme in den sozialen Medien als veraltet bezeichnet. „Die Situation an der finnisch-russischen Grenze ist normal“, schreibt Matti Pitkäniitty vom finnischen Grenzschutz auf Twitter. „Es gibt die normalen Schlangen an der Grenze, momentan ist nichts ungewöhnliches zu berichten.“

Zuvor kursierten Videos in den sozialen Medien, die von bis zu 35 Kilometer Stau an der Grenze berichten, mutmaßlich als Folge der angekündigten Teilmobilisierung in Russland. Auch FOCUS online hatte darüber berichtet, einen entsprechenden Eintrag haben wir nun gelöscht.

Kremltreuer Russenpolitiker: „Werden kein nukleares Massaker veranstalten“

16.12 Uhr: Der kremltreue russische Parlamentsabgeordnete Jewgeni Popow hat im Krieg gegen die Ukraine einen atomaren Erstschlag ausgeschlossen. „Wir werden die westlichen Staaten nicht als Erster angreifen, wir werden kein nukleares Massaker in der Welt veranstalten“, sagte Popow von der Kremlpartei Geeintes Russland am Mittwoch dem britischen Sender BBC Radio 4. Im Einklang mit der offiziellen Linie des Kremls sagte er, Nuklearwaffen würden „nur als Antwort“ auf einen atomaren Angriff gegen Russland eingesetzt.

Auf die Frage, ob Russland nach einer Annexion ukrainischer Gebiete diese mit Atomwaffen verteidigen werde, sagte Popow: „Ich weiß wirklich nicht, was ich darauf antworten soll. Aber Sie müssen wissen, dass wir unser Vaterland verteidigen werden.“ Atomwaffen seien dabei „natürlich“ eine Sicherheitsgarantie.

Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin wegen personeller Schwierigkeiten beim Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Teilmobilmachung angeordnet. Zudem sollen die international nicht anerkannten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine sowie die teilweise von Russland besetzten Gebiete Cherson und Saporischschja im Süden noch in dieser Woche einen Beitritt zur Russischen Föderation beschließen.

Russland: Bis zu zehn Jahre Haft für Kampfverweigerer

15.44 Uhr: Nach dem Befehl zur Teilmobilisierung müssen Russen im wehrpflichtigen Alter künftig mit bis zu zehn Jahren Haft rechnen, wenn sie die Teilnahme an Kampfhandlungen verweigern. Eine entsprechende Gesetzesänderung verabschiedete am Mittwoch der Föderationsrat in Moskau, wie Staatsagenturen meldeten. Am Vortag hatte bereits die erste Kammer des Parlaments, die Duma, im Eilverfahren der Novelle zugestimmt. Nun muss sie noch von Präsident Wladimir Putin unterschrieben werden.

Die Änderungen des Strafrechts sehen vor, dass Befehlsverweigerung künftig ebenfalls mit bis zu zehn Jahren Haft geahndet werden kann. Zudem wurden die Haftstrafen für das freiwillige Eintreten in Kriegsgefangenschaft und für Plünderungen erhöht.

Weitere News lesen Sie auf den nächsten Seiten.

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*