Erstes Methanolschiff der Welt legt in Hamburg an

Frühmorgens an diesem Gründonnerstag wurde es „grün“ im Hamburger Hafen: erstmals legte ein Containerschiff mit einem klimafreundlichen Methanol-Antrieb in Deutschland an. Dass die „Ane Maersk“ etwas Besonderes ist, erkennt man sofort, denn die Bauweise des Schiffs unterscheidet sich deutlich von anderen. Da Methanol nur die halbe Energiedichte eines gängigen fossilen Treibstoffs hat, ist die doppelte Tankgröße nötig: zweimal 16.000 Kubikmeter.

Susanne Preuß

Wirtschaftskorrespondentin in Hamburg.

Aktuell hat das 350 Meter lange und 54 Meter breite Schiff nach Angaben von Maersk Bio-Methanol gebunkert, also einen aus Biomasse hergestellten Alkohol. Dabei fallen verglichen mit fossilem Treibstoff zwei Drittel weniger Treibhausgase an. Noch deutlich geringer sind die Emissionen, wenn eines Tages sogenanntes e-Methanol verwendet wird, das mit Hilfe von Sonne- oder Windstrom aus Wasserstoff und CO2 aus der Atmosphäre hergestellt wird. Dann würde die Ane Maersk, die 16.600 Standardcontainer transportieren kann, pro Tag 280 Tonnen CO2 einsparen, kalkuliert man bei der dänischen Reederei. Rechnete man die CO2-Einsparungen aller acht Methanol-Schiffe zusammen, die Maersk dieses Jahr noch in Betrieb nehmen will, wäre sogar mehr Treibhausgas eingespart als die Stadt Kopenhagen emittiert.

Bis 2050 sollen Schiffe klimaneutral sein

Solche Vergleiche schätzt man bei Maersk. Die Eigentümerfamilie der zweitgrößten Reederei der Welt gehörte vor vier Jahren zu den Gründungsmitgliedern des „Mærsk Mc-Kinney Møller Zero Carbon Shipping Center“, das sich zum Ziel gesetzt hat, klimaneutrale Schiffsantriebe und die passenden Treibstoffe zu entwickeln, und das in Form einer offenen Plattform, nutzbar für alle. Die Logik dahinter: Wenn die Schifffahrt klimaneutral wäre, käme das einer Einsparung von 2,5 bis 3 Prozent der globalen CO2-Emissionen gleich. Sofern das Ziel bis um die Mitte des Jahrhunderts herum erreicht sein soll (was Beschlusslage der Weltschifffahrtsorganisation IMO ist), dann muss schnell gehandelt werden – schon weil die Lebensdauer von Schiffen sehr hoch ist.

Ob Methanol die beste Lösung ist, weiß man noch gar nicht. Geforscht wird vor allem auch am Einsatz von Ammoniak – einem Stoff, der aber im Gegensatz zu Methanol extrem giftig (und damit potentiell auch für die Umwelt gefährlich) ist. Maersk hat sich jedenfalls schon vor drei Jahren auf Methanol festgelegt, und zwar im vollen Bewusstsein, dass unklar ist, wann grünes Methanol wirklich zur Verfügung steht. Vorsichtshalber sind die Methanol-Schiffe mit Dual-Fuel-Antrieben ausgestattet, notfalls könnte auch Diesel gebunkert werden.

Henne-Ei-Problem auch in der Schifffahrt

Es gelte das Henne-Ei-Problem zu lösen, war aber die Überzeugung des damaligen Maersk-Chefs Søren Skou – und tatsächlich beginnt der Markt sich zu entwickeln. Wurden im Jahr 2021 erst 30.000 Tonnen grünes Methanol hergestellt, verdreifachte sich die globale Produktion bis 2023, und in diesem Jahr sollen es schon 800.00 Tonnen sein.

Was sich nach einem imposanten Hochlauf anhört, kann allerdings nur der Anfang sein. Allein Maersk rechnet damit, schon im Jahr 2030 ein Viertel des Seefrachtvolumens mit Methanol-Schiffen zu transportieren, wofür rund 5 Millionen Tonnen grünes Methanol nötig wären. Andere Reedereien dürften bis dahin nachziehen, denn auch die Kunden melden zunehmend Interesse an klimafreundlichen Transporten an. Vor allem aus der Autoindustrie, aber auch aus der Modebranche und dem Einzelhandel kommen entsprechende Forderungen – obwohl das zusätzliche Kosten von mehreren hundert Dollar pro Container zwischen Asien und Europa bedeutet. Der Bedarf an synthetischem Methanol wächst zudem, weil es nicht nur in der Schifffahrt, sondern auch für viele industrielle Anwendungen eingesetzt werden kann.

Maersk baut Kompetenz auf

Mit entsprechenden Abnahmeverträgen hat Maersk einen Teil des Bedarfs immerhin gesichert. Eine erste kleine Menge, 16.000 Tonne pro Jahr, kommt voraussichtlich ab diesem Sommer (verzögert wegen Genehmigungsproblemen) aus einer Anlage von European Energy im dänischen Apenrade. Einen Vertrag über jährlich eine halbe Million Tonnen hat Maersk mit Goldwind geschlossen, einem chinesischen Hersteller und Betreiber von Windkraftanlagen.

Gleichzeitig wird eigene Kompetenz aufgebaut. Das dem Moeller-Maersk-Imperium zuzurechnende Unternehmen C2X hat sich im spanischen Hafen Huelva ein Grundstück für die Errichtung einer Methanol-Produktion gesichert, für ein zweites Projekt gibt es mit der ägyptischen Regierung schon einen Rahmenvertrag. Die nächsten Jahre wird die Beschaffung aber herausfordernd sein, erwartet man bei Maersk. Die Schiffe sind entsprechend gebaut. Voll gebunkert können sie 23.000 Schiffsmeilen fahren, was in etwa einer Erdumrundung entspricht.

Subventionen erhält Maersk nicht für die Pionierrolle im grünen Schiffsantrieb. Auch an indirekter Unterstützung fehlt es. Für eine echte Verkehrswende in der Schifffahrt müssen aber auch die Häfen investieren, mahnt aber Angela Titzrath, Präsidentin des Zentralverbands der deutschen Seehafen-Betriebe, anlässlich des Erstanlaufs eines Methanol-Schiffs in Hamburg. „Die Nationale Hafenstrategie sieht eine Marktführerschaft der deutschen Häfen bei Technologien für Transport, Umschlag, Speicherung und Bunkerung von nachhaltigen Energieträgern und erneuerbaren Kraftstoffen vor“, erinnert Titzrath die Berliner Politiker an die Verabschiedung ihrer Hafenstrategie vor wenigen Tagen. Die gemeinsame Kraftanstrengung erfordere mehr Unterstützung des Bundes, mahnt die Hafen-Präsidentin, die auch Vorstandschefin des Hamburger Hafen- und Logistik-Unternehmens HHLA AG ist: „Durch die fehlenden Finanzmittel baut sich ein Investitionsstau auf, der neben der Transformation der Schifffahrt auch die Energiewende in Deutschland gefährdet.“

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