Nahost-Liveblog: ++ Hamas: „Krise“ in Verhandlungen über Waffenruhe ++

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Stand: 17.04.2024 12:34 Uhr

Die Verhandlungen über eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln stecken laut Hamas in einer „Krise“. Am Samstag wurden dem israelischen Verteidigungsminister zufolge 500 Geschosse auf Israel gefeuert. Alle Entwicklungen im Liveblog.

Die Verhandlungen über eine neue Waffenruhe in Gaza und die Freilassung weiterer Geiseln stecken nach Darstellung der islamistischen Hamas in einer „Krise“. Das sagte ein ranghohes Hamas-Mitglied dem Nachrichtensender Al-Dschasira. Die USA, die zusammen mit Katar und Ägypten zwischen Israel und der Hamas vermitteln, würden „Partei für Israel ergreifen“ und zuvor gemachte Angebote zurückziehen, hieß es.

Die USA hätten einen Vorschlag gemacht, der die israelische Position komplett übernehme. Israel habe zuvor einen Vorschlag der Hamas abgelehnt. Die israelische Zeitung „Haaretz“ hatte zuletzt berichtet, dass die Hamas eine Freilassung von Geiseln aus Gaza im Gegenzug für palästinensische Häftlinge erst nach Ablauf einer 42-tägigen Feuerpause vorgeschlagen habe. Die Hamas hatte zuvor einen Vorschlag der USA abgelehnt, der die Freilassung von 40 Geiseln gegen 900 palästinensische Häftlinge während einer sechswöchigen Waffenruhe vorsah.

Auch der katarische Premier- und Außenminister Scheich Mohammed bin Abdulrahman Al Thani sagte, die Gespräche über einen Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln befänden sich in einer „heiklen Phase“. „Wir versuchen so weit wie möglich, dieses Hindernis zu überwinden“, fügte er hinzu, ohne weitere Einzelheiten zu nennen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier glaubt an eine zurückhaltende Reaktion Israels auf den Angriff des Iran am vergangenen Samstag. Er habe am Sonntagmorgen mit Israels Staatspräsident Isaac Herzog telefoniert und „nicht den Eindruck, dass die politische Führung des Landes entschlossen wäre, dieses Land in einen Abgrund zu führen“, sagte Steinmeier bei einer Veranstaltung im Schloss Bellevue. Er glaube dass es in Israel „viele Leute“ gebe, die die Lage „sehr verantwortlich und nachdenklich“ beurteilten.

Steinmeier geht davon aus, dass Israel „nach wie vor die Priorität“ habe, die sunnitischen Partner in der Region an sich zu binden und „Amerika nicht zu verlieren“. Er glaube daher, dass die Reaktion Israels „eine andere sein wird als die, die medial erwartet wird“, fuhr Steinmeier fort. Er glaube nicht, „dass dieses Land auf dem Weg zu einem endlosen Krieg ist“.

Durch die israelische Militäroffensive im Gazastreifen sind nach Angaben des Hamas-geführten Gesundheitsministeriums im Gazastreifen seit dem 7. Oktober mindestens 33.899 Palästinenser getötet und 76.664 verwundet worden. 56 Palästinenser wurden demnach in den vergangenen 24 Stunden getötet und 89 verletzt. Die Vereinten Nationen halten die Angaben der Behörde für realistisch. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte noch höher sein, da viele Menschen vermisst werden und noch immer Tote unter den Trümmern zerstörter Gebäude liegen.

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee

Israels Präsident Izchak Herzog hat sich beim Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihrem britischen Amtskollegen David Cameron für die Unterstützung bedankt. Herzog sprach nach Angaben seines Büros von einer „warmen Diskussion“ mit Baerbock und Cameron. „Wir danken Großbritannien und Deutschland dafür, dass sie stark an der Seite Israels stehen angesichts des verwerflichen Angriffs des Irans“, sagte Herzog. Israel sei eindeutig verpflichtet, sein Volk zu verteidigen.

Baerbock traf auch ihren israelischen Kollegen Israel Katz. Neben dem Angriff des Irans stehen auch die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln aus den Händen der Hamas und die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen auf dem Programm. „Die sofortige Rückkehr aller Geiseln, die von der Hamas in Gaza festgehalten werden, hat für uns – und die internationale Gemeinschaft – weiter höchste Priorität“, sagte Herzog nach Angaben seines Büros weiter. Gleichzeitig erhöhe man „dramatisch“ die humanitären Hilfsleistungen für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.

Der iranische Präsident Ebrahim Raisi hat Israel vor weiteren Aktionen gegen sein Land gewarnt. Selbst die „kleinste Invasion“ Israels werde zu einer „massiven und harten“ Reaktion des Iran führen, sagte Raisi laut einer Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Irna während der jährlichen Armeeparade.

Der iranische Angriff vom Wochenende habe nur begrenzte Ziele gehabt. Wenn der Iran einen härteren Schlag hätte führen wollen, „wäre vom zionistischen Regime nichts mehr übrig“, sagte Raisi.

Der Befehlshaber der iranischen Luftwaffe erklärte, die Kampfflugzeuge seien in Bereitschaft. Zudem werden nach Angaben der Seestreitkräfte iranische Handelsschiffe bis zum Roten Meer von Marineschiffen eskortiert.

Bei dem Großangriff auf Israel am Wochenende haben der Iran und seine Verbündeten nach Angaben des israelischen Verteidigungsministers Joav Galant mehr als 500 Geschosse abgefeuert. Diese Zahl bestätigte eine Sprecherin Galants.

Die Armee hatte zuvor von mehr als 300 Geschossen allein aus dem Iran gesprochen. An der Attacke waren jedoch nach Medienberichten auch mit Teheran verbündete Milizen im Libanon, in Syrien, im Jemen und im Irak beteiligt.

Israels Präsident Isaac Herzog hat bei seinem Treffen mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und dem britischen Chefdiplomaten David Cameron die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sich dem Iran gemeinsam und entschieden entgegenzustellen. Die Führung in Teheran gefährde mit ihrem Handeln „die Stabilität in der gesamten Region“, sagte er in Jerusalem. „Die ganze Welt muss entschlossen und entschieden gegen die Bedrohung des iranischen Regimes handeln“, hieß es.

Nach dem Angriff des Iran auf Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen hat der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, gefordert, die iranische Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste zu setzen. „Der Hintergrund dieser Organisation ist eindeutig klar“, sagte Weber im ZDF-„Morgenmagazin“. Sie bringe Terror in die Region.

„Auch im mittleren Osten ist die wahre Natur Irans jedem bewusst“, fügte er hinzu. Das zeige die Tatsache, dass neben den westlichen Staaten auch beispielsweise Jordanien bei der Abwehr der Raketen geholfen habe. Bei dem Regime im Iran handele es sich um einen „Terrorstaat“, betonte der CSU-Politiker.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani hat Israel zum Stopp des Militäreinsatzes im Gazastreifen und zu einer Waffenruhe aufgefordert. Der Gaza-Krieg sei zwar durch den „barbarischen“ Angriff der radikal-islamischen Palästinenser-Organisation Hamas ausgelöst worden, sagte Tajani der Tageszeitung „La Stampa“. „Aber jetzt ist eine Waffenruhe notwendig“, fügt er hinzu.

Israel müsse seine Militäreinsätze einstellen, die massiv zulasten der palästinensischen Bevölkerung gingen. Italien hat das Vorgehen Israels nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober zunächst unterstützt, dies aber angesichts von Tausenden Toten unter der Zivilbevölkerung zuletzt abgeschwächt.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist bei ihrem siebten Israel-Besuch seit dem Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober mit dem Staatspräsidenten Izchak Herzog zusammengetroffen. Bei der Unterredung am Morgen in Jerusalem war nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch der britische Außenminister David Cameron dabei.

Im Anschluss wollte Baerbock auch ihren israelischen Amtskollegen Israel Katz sowie Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und Benny Gantz treffen, der Mitglied des israelischen Kriegskabinetts ist. Bei ihren Gesprächen dürften die wachsenden Sorgen vor einem drohenden Flächenbrand im Nahen Osten bei einem harten israelischen Gegenschlag nach dem iranischen Großangriff vom Wochenende eine zentrale Rolle spielen. Die Grünen-Politikerin dürfte auch die humanitäre Lage der notleidenden Zivilbevölkerung im Gazastreifen zur Sprache bringen.

Der UN-Sicherheitsrat stimmt am Donnerstag über den Antrag der Palästinenser auf Vollmitgliedschaft in den Vereinten Nationen ab. Das berichtet die Nachrichtenagentur AFP und beruft sich auf Diplomatenkreise. Der palästinensische UN-Gesandte Rijad Mansur hatte Anfang des Monats in einem Schreiben an UN-Generalsekretär António Guterres darum gebeten, das Verfahren zur Vollmitgliedschaft der Palästinenser wiederaufzunehmen.

Das Vorhaben gilt jedoch als wenig aussichtsreich, da sich die USA dagegen ausgesprochen haben – der Israel-Verbündete kann ein Veto einlegen. „Wir sehen nicht, dass uns die Verabschiedung einer Resolution im Sicherheitsrat zwangsläufig zu einem Punkt führen wird, an dem wir eine Zwei-Staaten-Lösung finden können“, sagte die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Linda Thomas-Greenfield, vor der Presse in Seoul. Die Palästinenser haben seit 2012 einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen. Sie fordern seit Jahren eine Vollmitgliedschaft.

Die Vereinten Nationen (UN) ringen weiterhin darum, eine Hungersnot im Gazastreifen zu verhindern. Obwohl es bei der Koordination mit Israel gewisse Verbesserungen gegeben habe, seien Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet noch immer mit Schwierigkeiten verbunden, sagte Andrea De Domenico, der Leiter des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA).

So komme es an den Kontrollpunkten zu erheblichen Verzögerungen. In der vergangenen Woche seien 41 Prozent der UN-Anfragen zur Lieferung von Hilfsgütern in den Norden des Gazastreifens abgelehnt worden. „Wir beschäftigen uns mit diesem Tanz, bei dem wir einen Schritt vor, zwei Schritte zurück oder zwei Schritte vor und einen Schritt zurück machen, wodurch wir im Grunde immer am selben Punkt bleiben“, sagte De Domenico vor der Presse. „Für jede neue Chance, die wir bekommen, gibt es eine neue Herausforderung, die wir bewältigen müssen.“

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben erfolgreich zwei Drohnen in den von den Huthi-Rebellen kontrollierten Gebieten im Jemen bekämpft. Von Schiffen der US-Marine, der Koalition oder Handelsschiffen seien keine Schäden oder Verletzten gemeldet worden, erklärte das US Central Command (Centcom), das für den Nahen Osten zuständige Regionalkommando des US-Militärs.

Der britische Premier Sunak empfiehlt Israel, besonnen auf die Angriffe des Iran zu reagieren. Der türkische Präsident Erdogan erhebt schwere Vorwürfe gegen Israels Premier Netanyahu. Der Liveblog zum Nachlesen.

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