Kaleen schafft den Finaleinzug

Kaleens in kühlem Blau und Silber gehaltene Bühnenperformance sorgte durchaus für Jubel in der Halle. Dass Österreich heuer auf einen Eurodance im Stil der 90er und körperbetonte Tanzeinlagen setzt, überraschte viel, der erste Schritt ist aber getan. Gesanglich gab es wenig auszusetzen, die Höhepunkte der Tanzperformance hätte man freilich ein bisschen besser mit der Kameraführung koordinieren können.

Kaleen zeigt sich extrem glücklich nach ihrem Finaleinzug – sie freue sich auf die kommenden Tage, so die Sängerin gegenüber der ZIB3: „Ich kanns nicht erwarten.“

Österreich: Kaleen – „We Will Rave“

Nemo aus der Schweiz beeindruckt

Vor allem stimmlich eine überragende Darbietung zeigte Nemo aus der Schweiz: Auf einer Drehscheibe balancierend saß jeder Ton von „The Code“ – von den Arienanleihen bis hin zum Rap. Bei den Buchmachern ist Nemo derzeit auf Platz zwei hinter Kroatiens Baby Lasagna, nach der Darbietung könnten aber die Karten ganz neu gemischt werden. Am Samstag dürfen ja die Jurys zum ersten Mal mitstimmen – und die dürften Nemo ganz oben auf der Liste haben.

Schweiz: Nemo – „The Code“

Spaß geht immer

Ebenfalls im weiteren Favoritenkreis ist Joost aus den Niederlanden, der eher beim Publikum als bei den ernsten Jurys punkten können wird. „Europapa“ ist eine Ode an Europa – und an seinen verstorbenen Vater. Diese „Ode“ ist allerdings ein kinderliedartiges Trash-Gesamtkunstwerk mit Extremschulterpolstern als Markenzeichen.

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Ebenfalls im Finale vertreten sind die sechs Herren von 5Miinust & Puuluup, einer Kombination aus zwei estnischen Musikgruppen, die auf der Bühne durchaus unterhaltsam eine Art Rap-Battle um eine alte Leier austragen und dabei sinnieren, welche Drogen sie nie nehmen würden. Angesichts des Songtitels „(Nendest) narkootikumidest ei tea me (küll) midagi“ ist das vielleicht nicht ganz glaubwürdig.

Ethno und Rock bleiben erhalten

Die Fahne für Ethnopop wird im Finale von Armenien hochgehalten. Sängerin Jaklin Baghdasaryan lebt eigentlich in Frankreich und hat dort mit Louis Thomas das Projekt Ladaniva gegründet. „Jako“ ist ein freundlicher Song und punktet eher mit Charme und Flirt mit der Kamera als mit einem durchgängig wiedererkennbaren Refrain. An Refrainschwäche leidet zwar auch „Ulveham“, mit viel Power und Atmosphäre schaffte es die lang dienende norwegische Folkrockband Gate dennoch ins Finale.

Eher überraschend im Finale steht Dons aus Lettland, aber von Männern gesungene Balladen waren heuer rar gesäht – und „Hollow“ konnte mit einem starken Refrain punkten.

Spezialfall Israel

Ein Wiedersehen gibt es am Samstag auch mit der israelischen Sängerin Eden Golan. An der Ballade „Hurricane“ ist handwerklich wenig auszusetzen, die Debatte über den heurigen Israel-Beitrag läuft auch auf einer ganz anderen Ebene. Am Donnerstag gab es in Malmö eine große, wenn auch überschaubare und friedliche Pro-Palästina-Demo. In den sozialen Netzwerken wird unter den Song-Contest-Hashtags das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen angeprangert, und auch in der Halle gab es laute Buhrufe nach dem Auftritt der israelischen Sängerin, der mit aufgezeichnetem Applaus überspielt wurde.

Israel: Eden Golan – „Hurricane“

Aus der großen Schar der allein singenden Frauen schafften es noch Griechenland und Georgien. Die Griechin Marina Satti bringt mit „Zari“ eine Mischung aus Kopfstimme, brüchigen Elektronikbeats und Sirtaki auf die Bühne – inszeniert mit Selfiekamera. Nutsa Buzaladze aus Georgien liefert zu Dancestampfer „Firefighter“ eine akrobatische Tanzshow mit Bodengymnastik.

Griechenland: Marina Satti – „Zari“

Für sechs reichte es nicht

Ganz ähnlich hatte zuvor Maltas Sarah Bonnici mit „Loop“ den Abend eröffnet, ihre Performance überzeugte aber ebenso wenig wie die Startnummer zwei, Besa aus Albanien – für beide ist das Semifinale die Endstation. Auch Sängerin Saba konnte mit ihrer statischen Performance zu „Sand“ nicht genügend Publikumsstimmen einfahren, vor einigen Jahren und wohl auch im ersten Semifinale hätte sie größere Chancen aufs Finale gehabt.

Auch eine optisch recht ansprechende Performance mit tanzenden Plüschhasen, Skeletten in Moonboots und Comicfiguren auf den LED-Wänden bot die Rockband Megara für San Marino. Auch für sie sollte das nicht reichen.

Vielleicht unter Wert geschlagen muss auch Aiko aus Tschechien am Samstag zusehen. Ihr Pop-Punk-Song „Pedestal“ fiele selbst im Formatradio nicht unangenehm auf. Und eher überraschend war auch für Mustii aus Belgien im Semifinale Schluss: Sein Refrain in „Before the Party’s Over“ kam nach zwei faden Minuten einfach zu spät.

Tschechien: Aiko – „Pedestal“

Frankreich und Italien mit gegensätzlichen Ansätzen

Wie am Dienstag durften sich auch am Donnerstag drei der fix qualifizierten Länder präsentieren. Slimane aus Frankreich setzte dabei voll auf seine Stimme und verzichtete auf jeden Firlefanz. Die längste Zeit seines Song „Mon Amour“ singt er in dieselbe Kamera und zeigt seine stimmliche Stärke auch ohne Mikro. Dem Song fehlt vielleicht ein wenig der Pep, um ganz oben zu landen, ein Spitzenplatz ist ihm aber wohl sicher.

Italien geht mit Angelina Mango einen ganz anderen Weg, sie präsentiert ihren recht raffinierten Song „La Noia“ in einem floralen Dschungel, in dem Kostüme und Hintergrundvisuals kaum zu trennen sind. Möglicherweise nimmt sie sich damit am Samstag einige Chancen.

Spaniens Nebulossa bei ihrer Performance im zweiten Halbfinale des Song Contest

EBU/Sarah Louise Bennett
Sängerin Maria Bas als Teil des Duos Nebulossa für Spanien

Und dann war da noch Spanien. Das Duo Nebulossa lässt – wohl als ironische Antwort auf sehr viel nackte Frauenhaut – zwei Männer sehr textilfrei auf der Bühne tanzen, während Sängerin Maria Bas als Dolly-Parton-Lookalike ihren feministischen Slogan „Zorra“ singt.

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