Von der „Abteilung Attacke“ ist bei Hoeneß‘ Abschied nichts zu spüren

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Hoeneß und Beckenbauer

Es war die größte Inszenierung, seit der FC Bayern seine Jahreshauptversammlungen abhält. Zum Vereinslied „Stern des Südens“ liefen Uli Hoeneß und seine Kollegen aus der Führung des Vereins Freitagabend in der Münchner Olympiahalle ein – wie sonst die Spieler des deutschen Fußball-Rekordmeisters im Stadion.

Tausende Mitglieder hielten ihre Smartphones in die Höhe und filmten, andere applaudierten. Viele standen auf und riefen: „Uliiiiiiii.“ Die Standing Ovations gingen über Minuten. „Vielen, vielen Dank. Aber irgendwann müssen wir anfangen“, sagte Hoeneß lächelnd. Doch die Mitglieder machten erstmal weiter, sangen „Uli Hoeneß, du bist der beste Mann.“

Hoeneß sagt Servus: „Ich habe fertig, danke“

Uli Hoeneß hat sich auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern München vom gesamten Verein verabschiedet. Nach seiner Rede bekommt er ein Geschenk von Franck Ribery überreicht.

Quelle: Omnisport

Der Klub hatte die Veranstaltung wegen des großen Interesses der Mitglieder am Abschied von Hoeneß als Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzender eigens vom kleineren Audi-Dome in die gemietete Halle verlegt, in der sonst Popstars Konzerte geben. Bereits am Nachmittag kamen viele, um gute Plätze zu ergattern, die Parkplätze waren voll. 6091 Menschen kamen.

Der Auftritt von Franck Ribéry rührte Hoeneß sichtlich

Der Auftritt von Franck Ribéry rührte Hoeneß sichtlich
Quelle: REUTERS

Als Überraschungsgäste erschienen die Klublegenden Franck Ribéry, zu dem Hoeneß ein beinahe väterliches Verhältnis hat, sowie Arjen Robben. Sie brachten zu pathetischer Musik die Meisterschale und den DFB-Pokal nach vorn, Basketball-Manager Marko Pesic eine weitere Trophäe auf die Bühne.

Hoeneß war gerührt, umarmte das Trio mit feuchten Augen. Auch Oliver Kahn, der künftige Vorstand, und der Interimstrainer Hansi Flick waren in der Halle. Die Fans feierten Kahn mit Applaus. „Da hast du viel Arbeit, diese Vorschusslorbeeren zu rechtfertigen“, sagte Hoeneß augenzwinkernd und blickte zu Kahn, der neben Sportdirektor Hasan Salihamidzic saß.

Medienschelten & Co.: Uli Hoeneß‘ beste Sprüche

Uli Hoeneß räumt nach 40 Jahren seinen Stuhl als Funktionär des FC Bayern. Wir zeigen euch noch einmal die besten Sprüche der „Abteilung Attacke“ in den vergangenen Jahren.

Quelle: Omnisport

„Top 1: Bericht des Präsidenten“ hieß es in der Tagesordnung. „Sie haben mir seit meiner Wiederwahl wunderbare Jahre geschaffen“, rief Hoeneß den Mitgliedern zu. Tagsüber hatte der 67-Jährige „Bayern3“ ein Telefoninterview gegeben. Darin sagte Hoeneß, er habe die Rede seit vier Uhr morgens vorbereitet.

Uli Hoeneß hält bemerkenswert reflektierte Rede

18 Minuten dauerte sie dann schließlich. „Unsere Mannschaft hat Borussia Dortmund am vergangenen Wochenende deklassiert. Das hat mir gefallen“, sagte Hoeneß zu Beginn. „Wenn wir immer so spielen gibt es wenige Mannschaften auf der Welt, die uns schlagen können.“

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Und ließ dann die Jahrzehnte beim FC Bayern Revue passieren. Seine Zeit als Spieler beim 1. FC Nürnberg sei „ein kleiner schwarzer Fleck“ gewesen, scherzte Hoeneß und sorgte für Gelächter. Er erzählte, wie er Karl-Heinz Rummenigge für elf Millionen Mark an Inter Mailand verkaufte und den Verein schuldenfrei machte. Wie er sich einst in den USA bei Football-Klubs über Merchandising und Marketing informierte und inspirieren ließ. Er bezeichnete das Münchner Stadion als schönstes der Welt und lobte Salihamidzic.

„Ich bin ein Mensch, der auch in die Zukunft denkt“, sagte Hoeneß über die Gründe für seinen Rückzug als Vereinschef. Er habe Unternehmer-Freunde, bei denen die Nachfolge nicht geglückt sei. Sein Nachfolger als Präsident, der ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer, sei eine wunderbare Sache für den Verein. Man müsse jetzt Geduld haben. „Die Gegner sitzen draußen. Die dürfen nicht zuhause sein. Ihr müsst ein starkes Team sein!“, sagte Hoeneß zur künftigen Klubführung. Der FC Bayern sei für ihn ein Tanker. „Und der darf nicht nach links schauen. Und schon gar nicht nach rechts!“, so Hoeneß. Der Verein müsse sozial und selbstlos sein, „nicht arrogant.“

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FC Bayern München

Auch gesellschaftliche Themen griff Hoeneß in seiner Rede auf. In München gebe es viele ältere Menschen, die von ihrer Rente nicht leben können. „Das ist wichtig!“ Er werde sich künftig noch mehr im sozialen Bereich engagieren. Und dann schloss Hoeneß: „Das war‘s! Ich habe fertig! Danke!“ Wieder Standing Ovations. Seine Frau Susi kam kurz auf die Bühne, bekam von ihrem Mann einen Kuss und von Ribéry einen Blumenstrauß. Es war eine reflektierte Abschiedsrede von Hoeneß mit recht wenig von der berühmten „Abteilung Attacke“. Er bleibt Mitglied im Aufsichtsrats des Klubs.

Viel Lob für Salihamidzic

Nach Hoeneß sprach Vorstandschef Rummenigge. Er bedankte sich bei Hoeneß („Mia san Uli!“) und schenkte ihm ein Buch. Rummenigge warb für Salihamidzic, der bald zum Vorstand aufsteigen soll: „Hasan ist ein Mensch mit Visionen für den Kader. Er gibt jeden Tag hundert Prozent. Ich darf Sie bitten, Hasan zu vertrauen. Er ist ein junger Mensch und guter Mitarbeiter. Er verdient unser Vertrauen. Und ich bin überzeugt, er wird in Zukunft noch große Erfolge mit dem FC Bayern feiern.“

Rummenigge lobte Kahn als top vernetzten Geschäftsmann, der den Klub bereichern werde. Zu der Trennung von Trainer Niko Kovac sagte er: „So eine Entscheidung fällt uns nie leicht. Wir haben uns offen ausgetauscht. Und hatten am Ende den Eindruck, dass Niko erleichtert war, als der Schritt vollzogen war.“

Mit Interimslösung Hansi Flick habe es zuletzt mehrere Gespräche gegeben. Bislang hieß es, Flick bleibe „bis auf Weiteres“ Trainer. Freitagabend betonte Rummenigge: „Mindestens bis Weihnachten und möglicherweise darüber hinaus.“ Man vertraue Flick.

Der Klubboss richtete zudem eine klare Forderung an die Mannschaft für die kommenden Aufgaben in der Champions League. „In dieser Saison wollen wir es besser machen. Das muss der Anspruch des FC Bayern sein“, sagte Rummenigge hinsichtlich des Ausscheidens im Achtelfinale im vergangenen Jahr gegen den FC Liverpool.

Außerdem verkündete der Klub an diesem Abend mal wieder Rekordzahlen. Der FC Bayern steigerte seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2018/2019 um 78 Prozent auf 750,4 Millionen Euro. Gewinn nach Steuern: 52,5 Millionen Euro. An Angestellte und Mitarbeiter zahlte der Meister 336,2 Millionen Euro, unter den Kosten ist dies der höchste Wert. Das Eigenkapital des Klubs beträgt 481,9 Millionen Euro.

Um 22.42 Uhr wählten die Mitglieder wie erwartet Herbert Hainer mit überwältigender Mehrheit zum neuen Präsidenten des FC Bayern. Bis 2022 übernimmt Hainer zudem das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden.

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