Wie Adidas seine Krise überwunden hat

Der Konzern war in den letzten zwei Jahren an der Börse erfolgreicher als alle anderen Dax-Unternehmen. Auch, weil er den Mut zum Experimentieren wiedergefunden hat.

Von Uwe Ritzer

Auf die immer wiederkehrende Frage, ob die guten Zahlen, die ihm sein Vorgänger Herbert Hainer hinterlassen habe, nicht eine Bürde für ihn seien, hat sich Kasper Rorsted eine Standardantwort zurechtgelegt. Wäre er Fußballtrainer, antwortet der neue Adidas-Chef dann, würde er doch auch lieber den FC Bayern München coachen und nicht einen Abstiegskandidaten wie den FC Ingolstadt oder gar einen dahindümpelnden Zweitligisten wie den TSV 1860 München. Sein Job sei es eben, den erfolgreichen Sportartikelherstellers Adidas noch erfolgreicher zu machen.

Das wird schwer. Hinter dem Unternehmen mit Sitz in Herzogenaurach bei Nürnberg liegt das zweite glänzende Jahr in Folge. Das zeigt allein schon der Blick an die Börse: Um 67 Prozent legte der Kurs der Adidas-Aktie 2016 zu, nach 56 Prozent im Jahr davor. Während Nike, der globale Branchenführer aus den USA, im wichtigsten amerikanischen Aktienindex Dow Jones hinterherhechelte, stürmte Adidas im Deutschen Aktienindex (Dax) bereits zum zweiten Mal mit weitem Abstand vorneweg.

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Zur Ursachenforschung empfiehlt sich ein Blick nach London. „Glitch“ heißt ein Projekt, das entgegen der deutschen Übersetzung des Begriffes („Störung“) reibungslos funktionierte. Dahinter verbirgt sich ein Fußballschuh ohne Schnürsenkel, der aus einem inneren und einem äußeren Schuh besteht. Von beiden Teilen gibt es zahlreiche Varianten, die miteinander beliebig kombiniert werden können. So dass jeder Fußballer seinen individuellen Schuh gestalten kann. Einen Glitch konnte man dabei nur über eine App mit einem speziellen Zugangscode kaufen und das bislang auch nur in London.

An dem Beispiel lässt sich erklären, was den Erfolg von Adidas heute ausmacht. Nachdem ausgerechnet das Fußball-WM-Jahr 2014 für die Drei-Streifen-Marke ein Krisenjahr war, in dem die Aktie mit einem Minus von knapp 40 Prozent zum größten Verlierer im DAX wurde, in dem obendrein logistische Probleme und mehrere Gewinnwarnungen das Bild trübten, verpasste sich der Konzern im März 2015 eine neue Strategie. „Creating the New“ heißt vollmundig der Fünfjahresplan, der sich nun auszuzahlen scheint.

Junge Kundschaft ist wieder im Visier von Adidas

Er sieht unter anderem vor, neue Produkte und Ideen dort zu testen und auf den Markt zu bringen, wo die globalen Trends ihre Ursprünge nehmen: in Megacities, zu denen Adidas neben London auch Paris, New York, Los Angeles, Tokio und Shanghai zählt. „Wenn sich dort bei den Trendsettern etwas durchsetzt, weckt es auch im Rest der Welt Begehrlichkeiten und strahlt entsprechend ab“, sagt eine Firmensprecherin. Entsprechend soll auch das erfolgreiche Glitch-Projekt nach und nach auf den Rest der Welt ausgedehnt werden.

Zur Strategie vom März 2015 gehört auch, vor allem die junge Kundschaft in den Blick zu nehmen, die sportliche mit der digitalen Welt zu vernetzen und insgesamt experimentierfreudiger zu werden. Lange haftete Adidas, vor allem in den Vereinigten Staaten, der Ruf an, zu deutsch und zu risikoscheu zu sein. „Glitch ist auch ein Beispiel dafür, dass wir uns trauen, Dinge einfach mal auszuprobieren“, sagt die Sprecherin.

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