Finanzskandal – Prozess: Rathgeber bekennt sich schuldig

Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden und Ex-Landesfinanzreferent Othmar Raus (beide SPÖ) müssen sich ebenso wie Spitzenbeamte und (zum dritten Mal) die einstige Referatsleiterin Monika Rathgeber vor einem Schöffengericht verantworten.

Heinz Schaden kam mit dem Fahrrad zum Landesgericht in die Weiserstraße hinter dem Hauptbahnhof. Seinen Radhelm nahm er mit ins Gerichtsgebäude. Äußerlich wirkte Schaden gut gelaunt, obwohl er sagte: „Das ist kein leichter Morgen heut…“ Allen Anwesenden wünsche er trotzdem einen guten Morgen.

Tag eins im Finanzskandal startete mit einem Antrag von gleich drei Anwälten, den Gutachter der Staatsanwaltschaft, Christian Imo, abzulehnen.

Imo hatte die mögliche Schadenssumme der Derivate zum Zeitpunkt der Übertragung an das Land im Herbst 2007 mit minus 4,8 Millionen Euro berechnet.

Die Anwälte argumentierten, Imo sei nicht qualifiziert für dieses Verfahren und nicht kompetent genug.

Zudem sei er ein Zeuge der Anklage. In seinem Beisein könne der Prozess nicht starten. Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic argumentierte, dass es im Verfahren bereits drei Anträge wegen Befangenheit gegen den Gutachter gegeben habe.

Alle drei habe das Oberlandesgericht abgelehnt. „Seit Erstellung des Gutachtens hat sich nichts Neues ergeben, das eine Befangenheit rechtfertigen würde.“

Der Gutachter selbst, Christian Imo, sagte im Prozess: „Ich stehe zu meinen Berechnungen. Ich fühle mich nicht befangen. Ich bin absolut kompetent, diese Berechnungen durchzuführen.“ Das Gutachten soll laut Auskunft eines Verteidigers 190.000 Euro gekostet haben.

Richterin Anna-Sophia Geisselhofer wies die Anträge auf Ablehnung des Gutachters ab. An der Entscheidung des OLG Wien habe sich nichts geändert.

„Verzockt, verschoben, vertuscht“

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic sagte in seinem Eröffnungsplädoyer am Dienstagvormittag, die Geschichte sei nicht kompliziert, sondern eigentlich „banal“. Sie sei in drei Wörtern zusammengefasst: „Verzockt, verschoben, vertuscht“.

Adamovic rollte die Übertragung der Swap-Geschäfte von der Stadt an das Land 2007 chronologisch in seinem Plädoyer auf. „Die Verluste waren vermutlich in der Anfangsphase dem Bürgermeister nicht bewusst.“

Spätestens im Juni 2007, als die Finanzabteilung der Stadt einen Statusbericht über die HÖhe des Minus der Geschäfte vorgelegt habe, sei allen das Ausmaß aber bewusst gewesen, sagt Adamovic. „Und ab da wird’s kriminell“.

Wurde zuerst noch über Umstrukturierungen gesprochen, habe die Stadt im August 2007 den Ausweg aus der unangenehmen Geschichte gefunden – und die Vorbereitung der Übertragung der Derivate an das Land vorbereitet. „Wie mit einem wunderbaren Schmiermittel ist das plötzlich alles geflutscht.“

Das Land habe fünf Millionen Euro an die Stadt verschenkt. „Die Gegenleistung war geradezu ‚part of the game‘ nicht zu bezahlen“, führt Adamovic aus. Die Verluste habe man unauffällig im Portfolio des Landes verstecken können, den Gemeinderat habe man wohl bewusst sehr unzureichend informiert, von einer Übertragung sei nie die Rede gewesen.

„Die eine Million Gewinn haben sie sich natürlich bei der Stadt behalten“, sagt Adamovic. Dass die Stadt die Übertragung der Derivate verschleiern wollte, zeige schon allein die Tatsache, dass es keinen Akt und es gegenüber den Banken eine vereinbarte „Sprachregelung“ gegeben habe.

„Selbst über die Bestellung eines Kugelschreibers gibt es im Amt normalerweise einen Aktenvermerk. Interessanterweise gibt es hier für die Übertragung der Derivate keinen Akt, gar nichts.“ Adamovic bezeichnet Bürgermeister Heinz Schaden als „federführend“ in dieser Sache. Monika Rathgeber sei wohl „mitgehangen, mitgefangen“.

Rathgeber: „Geständig im Sinne der Anklage“

Die Anwälte von Monika Rathgeber – Herbert Hübel und Thomas Payer – ergriffen am Dienstagnachmittag als erste das Wort.

Das Statement dauerte nur zwei Minuten: „Die Mandantin wird ihren Teil an Verantwortung übernehmen und dazu stehen. Wir sind geständig im Sinne der Anklage“, sagt Payer.

Die Unterschrift zur Übernahme der Derivate habe Rathgeber auf ausdrückliche Weisung ihres Dienstvorgesetzten Eduard Paulus geleistet – und das auf politische Weisung auf höherer Ebene erfolgt ist.

Rathgeber habe hier eine untergeordnete Rolle gespielt. Sie sei „das Werkzeug“ einer politischen Vereinbarung gewesen.

Der Finanzskandal ist im Dezember 2012 geplatzt und hat 2013 zu vorgezogenen Landtagswahlen und einem Regierungswechsel in Salzburg geführt. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) trat zurück.

Die ÖVP unter Wilfried Haslauer übernahm das Ruder und bildete eine Koalition mit den Grünen und dem Team Stronach. Das aktuelle Strafverfahren beleuchtet zwar nur einen Nebenaspekt in der Finanzcausa, könnte aber für weitere politische Nachwehen sorgen.

Im Falle einer erstinstanzlichen Verurteilung des Salzburger Stadtchefs Heinz Schaden (63) könnte es zu einer vorgezogenen Bürgermeister-Direktwahl kommen. Schaden beteuerte bisher wie alle anderen Angeklagten seine Unschuld.

In dem bis 28. Juli anberaumten Strafprozess am Landesgericht Salzburg unter der Leitung von Richterin Anna-Sophia Geisselhofer werden sechs negativ bewertete Zinstausch-Geschäfte bei vier Banken beleuchtet, die das Land zum Übertragungszeitpunkt am 11. September 2007 laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ohne entgeltliche Gegenleistung von der Stadt übernommen hat. Dadurch sei dem Land ein Schaden von rund 4,9 Millionen Euro entstanden.

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